Falaysia Bd 2 - Trachonien
geschah das nicht, also stellte Marek die Männer des Dorfes der Reihe nach auf und…“
Sie sprach nicht weiter, konnte das einfach nicht, weil die Erinnerungen ihr die Luft zum Atmen nahmen.
In Jennas Brust wurde es ganz eng. „… hat sie hingerichtet?“ hauchte sie. Sie wollte sich dieses Szenario erst gar nicht vorstellen, doch die Bilder drängten von ganz allein in ihr hoch, hervorgerufen von den Erinnerungen an den letzten blutigen Kampf mit den Tikos.
Die Wirtin nickte. „Er hielt bei jedem einzelnen Mann inne und wartete, dass der Schuldige sich meldete, was schließlich beim fünften Mann geschah, weil dieser der Bruder des Verräters war. Marek nahm ihn mit. Niemand weiß genau, was er mit ihm machte. Alles, woran ich mich noch erinnern kann, sind seine schrecklichen Schreie… und dass Marek wiederkam, sein Gesicht und seine Brust mit Blut bespritzt und drei weitere Männer mit seinem Schwert niederstreckte. Wir glauben heute, dass sie ebenfalls zu den Verrätern zählten und Marek nicht nur ein Exempel statuieren wollte. Am Ende zerstörten er und seine übriggebliebenen Krieger noch die Getreidesilos und zogen dann ab – wir dachten eigentlich für immer. Bis er heute hier auftauchte.“
Jenna brachte nichts mehr heraus. Sie musste sich erst wieder sammeln, diese schreckliche Geschichte verdauen. Es schien ganz so, als hätte Leon mit seiner Behauptung, dass Marek ein Monster war, nicht so ganz Unrecht gehabt.
Radiana wandte sich wieder an Jenna, wies auf die Ausgangstür und sah sie auffordernd an.
„Sie will, dass Ihr mit ihr kommt und Euch das Kind anseht. Sie meint, man würde an den Augen ganz deutlich erkennen, wer der wirkliche Vater ist.“ Die Wirtin lachte unecht. „Als ob er der einzige Krieger mit blauen Augen ist!“
Das war er bestimmt nicht. Jenna bezweifelt dennoch, dass es in dieser Welt jemanden gab, der Augen wie Marek hatte. Sie sah die Alte um Verzeihung bittend an. „Sagt ihr, dass es mir unendlich leidtut, aber ich kann das nicht tun! Ich habe Angst, dass Marek das mitbekommt und wieder wütend wird.“
Die Wirtin übersetzte und sofort schossen der Alten Tränen in die Augen. Sie zog an ihrer Hand, schluchzte und flehte und Jenna wurde ganz anders zumute. Sie fühlte sich ganz schlecht und so hilflos, weil ihr die Frau so unendlich leidtat. Und wenn sie starb…
„Kann sich nicht jemand aus dem Dorf um das Kind kümmern, wenn sie noch schwächer wird?“ erhob Jenna ihre Stimme über das laute Schluchzen der Alten. Ihr Blick war auf die Wirtin gerichtet, die schüttelte jedoch sofort panisch den Kopf.
„Wenn es wirklich sein Kind ist, will ich damit nichts zu tun haben! Niemand wird es dann wollen. Der Hass auf Marek ist zu groß.“
„Aber es wird allein nicht überleben!“ entfuhr es Jenna aufgebracht. Wie konnte man so herzlos sein? Das Kind konnte doch nichts für seine Abstammung. Die Wirtin hob jedoch nur die Schultern und brachte damit Jennas Blut erst recht in Wallung. Sie sah wieder die Alte an, beugte sich zu ihr hinunter und strich ihr tröstend über die Wange.
„Wir finden eine Lösung“, sagte sie mit fester Stimme. „Dem Kind wird nichts passieren.“
Die Alte schüttelte ihrerseits unter Tränen den Kopf und brachte mit gebrochener Stimme nur ein paar erstickte Worte hervor. Die Wirtin gab sich gar nicht erst die Mühe, sie zu übersetzen.
„Sie hat Recht“, sagte sie nur. „Marek wird das Kind niemals als das seine akzeptieren, selbst wenn es tatsächlich seins seien sollte.“
„Dann werde ich mich um es kümmern“, platzte es aus Jenna heraus, obwohl sie genau wusste, wie hirnrissig dieser Gedanke war. Ganz davon abgesehen, dass sie unbedingt wieder aus dieser Welt verschwinden wollte und wohl kaum das Kind mit zurück nehmen konnte, war sie derzeit ja auch Mareks Gefangene, die er noch heute wieder mitnehmen würde. Natürlich konnte sie sich nicht um das Kind kümmern!
„Ihr vergesst, dass Ihr Mareks Geisel seid“, versuchte auch die Wirtin sie sofort an diesen Fakt zu erinnern.
Jennas Gedanken überschlugen sich, um sich zu einem raschen Plan zusammenzusetzen. „Aber nicht für ewig“, gab sie schnell zurück. „Nicht für ewig.“
Die Wirtin bedachte sie mit einem mehr als zweifelnden Blick.
„Ich werde wiederkommen und dann hole ich das Kind“, brachte sie so überzeugend hervor, dass sie es fast selbst glaubte. Sie wusste, dass dies nicht möglich war, doch sie konnte die Alte und das Kind auch nicht
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