Falaysia Bd 2 - Trachonien
Gesichtsausdruck. Zur Bestärkung seiner Worte fuchtelte er jetzt auch noch mit dem Speer vor Mareks Gesicht herum. Marek trat einen Schritt zurück und Jenna tat es ihm sofort nach. Je weiter sie von diesen Kriegern entfernt waren, desto besser. Dennoch war Mareks Tonfall alles andere als freundlich, als er dem Mann antwortete und eindeutig den Namen Nadir aussprach.
Der wilde Krieger presste die Lippen zusammen und Jenna meinte sogar zu sehen, wie ein paar der anderen Männer sich ein wenig duckten. Selbst in diesem abgelegenen Winkel der Welt besaß dieser Name eine Bedeutung – vermutlich keine positive. Der Anführer des Trosses zeigte sich allerdings nicht lange beeindruckt. Er reckte das Kinn in die Höhe und trat noch einen Schritt näher, funkelte Marek bedrohlich an. Seine nächsten Worte waren zwar leiser gesprochen, jedoch frei von jeglicher Angst und wurden von einer arroganten, wegwerfenden Geste begleitet. Jenna spürte, wie sich Mareks ganzer Leib anspannte, fühlte seinen herausbrodelnden Zorn beinahe körperlich und wunderte sich nicht, als auch seine Wangenmuskeln zu zucken begannen. Das Gespräch der beiden Männer war unmissverständlich auf eine persönliche Ebene gerutscht und das musste bedeuten, dass sie sich von irgendwoher kannten.
Trotz seiner kochenden Wut machte Marek einen weiteren Schritt zurück, gab den Umstehenden die Möglichkeit, dies als Angst vor dem sofort nachrückenden ‚Häuptling‘ zu interpretieren. Nun konnte Jenna schon das Tosen des Flusses unter ihnen vernehmen und das gefiel ihr gar nicht. Viel Raum zum Ausweichen hatten sie nicht mehr. Wenn Marek so weiter machte, würden sie noch abstürzen. Sie sah ängstlich zu ihm hinauf und fand zu ihrem Erstaunen ein abfälliges Lächeln auf seinen Lippen vor, das eindeutig seinem Gegner gewidmet war. Für seine nächsten Worte brauchte sie keine Übersetzung. Sie wusste auch so, dass es sich um eine derbe Beleidigung handeln musste, denn die Augen des anderen Kriegers weiteten sich und er schnappte hörbar nach Luft.
Viel mehr konnte Jenna jedoch nicht beobachten, denn Marek riss sie auf einmal mit sich herum und sprang. Jenna wusste nicht wieso, aber sie ließ sich widerstandslos mitreißen, ohne überhaupt darüber nachzudenken, was sie beide taten. Erst in der nächsten Sekunde wurde ihr bewusst, dass sie gerade den Freitod gewählt hatte, denn da war nichts mehr unter ihr außer gähnender Leere. Ihr Herzschlag setzte aus und sie hörte auf zu atmen, als die Schwerkraft sie erbarmungslos nach unten riss und sie mit rasender Geschwindigkeit hinabstürzte. Und dann begann sie zu schreien, ruderte verzweifelt und sinnlos mit Armen und Beinen in der Luft herum, während der schneidend kalte Gegenwind ihre Kleider aufblähte und ihr Tränen in die weit aufgerissenen Augen trieb und ihr Magen längst in ihren Hals gehopst war, dort die unangenehmsten Umdrehungen vollführend.
‚Du stirbst! Du stirbst!‘ hämmerte es in ihrem Kopf, in demselben irrsinnigen Rhythmus, den ihr Herz aufgenommen hatte, während das tosende Wasser des Flusses unaufhaltsam näher kam. Und doch hatte sie ganz unvermittelt das Gefühl, als würde ihre Geschwindigkeit nachlassen, als würde auf einmal von unten ein Gegendruck entstehen, der ihren Fall etwas abbremste. Völlig gestoppt wurde sie allerdings nicht. Ihre Stimmbänder versagten und sie holte nur noch tief Luft.
Der Aufprall war hart. Es fühlte sich an, als würde ihr Körper in tausend Stücke gerissen werden. Tief tauchte sie in das eiskalte Wasser ein, tiefer, als ihr lieb war, und sogleich wurde sie von der starken Strömung mitgerissen. In heller Panik versuchte sie sich an die Oberfläche zu kämpfen, denn die Kälte des Wassers raubte ihr den Atem, alles, was ihre Lunge noch an Luft besaß. Schließlich tauchte sie keuchend auf und ruderte verzweifelt in der Strömung herum, nicht fähig, auch nur einen ordentlichen Schwimmstoß auszuführen. Ihre Kleider hatten sich voll Wasser gesogen und sie verwickelte sich nicht nur immer wieder in diesen, sondern sie zogen auch noch wie Tonnengewichte an ihrem Körper.
Sie musste ans Ufer gelangen oder wenigstens an etwas, an dem sie sich festhalten konnte, einen großen Stein oder Baumstamm… irgend etwas… denn die Kälte begann schon jetzt ihre Muskeln zu lähmen, machte es so schwer, zu atmen… Doch solange sie ihren Körper noch fühlte, solange ihr noch alles wehtat, war sie noch nicht verloren. Sie war immer eine gute
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