Falco Die Biografie
Bühne einer die Sau rauslässt, und dazu sind – und das beweist die Geschichte des Showbiz – gewisse Hilfsmittel notwendig, wie sie auch immer heißen mögen, schnelle Autos, Alkohol, Sex, ganz einfach Exzessivität. Und wenn man das ein oder zwei Jahre getan hat, muss man einfach regenerieren. Alles andere wäre Selbstmord.«
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Beinahe zwei Wochen nach der ersten Auskoppelung, genau am 25. Mai 1985, hat FALCO seine erste wirklich große Bewährungsprobe vor Publikum zu bestehen. Er, der im Jahr davor seine Tournee verschoben hat, weil er nicht ohne Hit auf die Bühne gehen wollte, wird eingeladen, unter freiem Himmel vor der gigantischen Kulisse des Wiener Rathauses, direkt gegenüber vom Wiener Burgtheater, einen Liveauftritt zur Eröffnung der Wiener Festwochen zu bestreiten.
Helmut Zilk, der damalige Wiener Bürgermeister, bei dem FALCO auch in der Opernball-Loge eingeladen war, schätzt den Sänger ganz besonders. Zilk damals: »FALCO ist herb, originell und positiv. Er gefällt mir.«
Hans Hölzel hat anfangs mächtige Sorgen. Man hatte für gewöhnlich die fantastischen Festwochen mit Kulturdarbietungen aus dem ernsten Bereich, wie zum Beispiel mit dem Wiener Staatsopernballett, eröffnet, und es war noch nicht ganz klar abzusehen, wie das Publikum es aufnehmen würde, wenn plötzlich ein Popstar auf der Freiluftbühne steht und »Rock Me Amadeus« singt. Aber schon im Laufe des Tages zeigte es sich, dass der Abend wahrscheinlich alle Erwartungen übertreffen würde.
Die Straßen rundum und der große Platz vor dem Rathaus waren für jeden Verkehr gesperrt. Immer mehr Menschen drängten zum Rathaus, bis sich schließlich zu Beginn der Veranstaltung etwa 50.000 eingefunden hatten, um FALCO zu hören.
»Du wirst da urplötzlich mit einer ganz neuen Situation konfrontiert. Du stehst da oben, siehst Menschen, Menschen, Menschen, und plötzlich spürst du deine Macht. Ich finde es gefährlich, von einer Bühne aus Suggestionen auszuüben, und ich habe nie für mich das Recht beansprucht, irgendwelche erzieherischen Maßnahmen zu verlangen, weder im Text noch in der Performance. Ich sage mir, wenn ich nicht selbst Persönlichkeit genug bin, dass ich – auch ohne Suggestion auszuüben – auf der Bühne wirke, bin ich ohnedies fehl dort. In der Moral eines Unterhaltungskünstlers muss nur eines Priorität haben, das Wissen nämlich, dass die Leute, die gekommen sind, ernsthaft bedient werden wollen. Man muss sie ernst nehmen.«
Aber er weiß allmählich, dass ihm Macht auch Spaß bereiten kann. »Mit zunehmendem Alter wird das immer stärker. Ab einem bestimmten Zeitpunkt interessiert man sich wahrscheinlich nicht mehr fürs Geld. Worum es dann geht, das ist das Hantieren mit den Mechanismen der Macht. Es ist fantastisch, und es funktioniert wie bei Dominosteinen – du stößt den ersten an und nach einem physikalischen System wird einer nach dem anderen umfallen.«
Der Abend wird zu einem Triumph für FALCO. Er, der bisher eher in kleinen Sälen aufgetreten ist, kommt mit den 50.000 Menschen hervorragend zurecht. »Es war eine Bombenstimmung«, schwärmte er später noch, »es gab keine Schlägereien, keine Auseinandersetzungen, nichts.«
Als im Morgengrauen der Rathausplatz endlich leer ist, findet man nur zwei zerbrochene Bierflaschen.
»Man ist größtenteils selbst an dem, was unten passiert, schuld«, sagte FALCO zu einem späteren Zeitpunkt. »Man kann – wie zum Beispiel manche Heavy-Metal-Gruppen – Gewalttätigkeiten im Publikum regelrecht provozieren. Natürlich gibt es, wenn man ein Star ist, immer wieder Drohungen, und vor jedem Konzert gibt es Drohungen, und ich weiß, dass es eine Menge Wahnsinniger gibt. Aber ich habe aufgehört, mir darüber Gedanken zu machen, was alles passieren könnte. Sonst könnte ich wirklich nur unter einer Käseglocke leben.«
Obwohl er 1987 für einige Monate nach Los Angeles gehen will, ist es auch die Unsicherheit in Amerika, die ihn bisher davon abgehalten hat, es zu tun. »Ich unterhielt mich lange darüber mit dem Producer Georgio Moroder, einem gebürtigen Südtiroler, der unter anderem für seine Musik zum Film ›American Gigolo‹ den Oscar bekam. Er erzählte mir, dass die Leute in Beverly Hills zwar alle ihre privaten Security-Sheriffs und tausend Sicherheitsvorkehrungen hätten, dass aber dennoch schrecklich viel passiert. Trotz Hundestaffeln und bis an die Zähne bewaffneten Wächtern wird alle vier, fünf Wochen ein Haus ausgeraubt und der
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