Falco Die Biografie
gefiel das gar nicht, und wenn der Junge auch sonst so viel Wert auf Ordnung und Sauberkeit legte, sah er damit in meinen Augen ungepflegt aus. Auch wenn er das Haar jeden Abend wusch. Mit sanfter Gewalt zwang ich ihn eines Tages dazu, mit mir zum Friseur zu gehen. Er wehrte sich zwar ein wenig und sagte, die anderen Jungen trügen auch ihr Haar so lang, aber er war nicht richtig dagegen, es abschneiden zu lassen. Bildete ich mir ein. Als wir dann nach Hause kamen, fing er an zu weinen. Ich begriff ganz allmählich, wie sehr ich ihn getroffen haben musste, als ich verlangte, sich die Haare abschneiden zu lassen. In der Schule machten sich am anderen Tag alle lustig über ihn, sogar sein Lehrer. Er war lange Zeit ziemlich deprimiert deswegen, und einmal redete ich ganz offen mit ihm darüber. ›Wenn dir das Haareschneiden solche Qualen bereitete‹, sagte ich, ›weshalb hast du dich nicht richtig dagegen gewehrt?‹ Und er antwortete: ›Ich hätte auch nichts gesagt, selbst wenn du mir eine Glatze hättest schneiden lassen, Mutti.‹ Ich dachte dann, dass ich so etwas nie mehr tun würde. Und offenbar war es auch den Lehrern einerlei, wenn ein Schüler so lange Haare hatte, sonst hätten sie sich nicht auch noch über seinen geschorenen Kopf lustig gemacht. Er durfte die Haare von nun an so lang tragen, wie er wollte.«
Maria Hölzel weiter: »Hans war ein problemloses Kind. Es hat fast nie Schwierigkeiten mit ihm gegeben. Er war nicht gerade zurückhaltend, aber er hat sich angepasst. Er war ein einfach zu handhabendes, gutmütiges Kind.«
Das Rainer-Gymnasium in der Rainergasse, nur zwei Häuserzeilen von der Wohnung der Hölzels entfernt, war eine angesehene, konservative Schule. »Es war ein sehr spießiges Gymnasium«, stellte Hans Hölzel einmal fest. »Und wenn ich zurückdenke und meine Schulzeit mit dem vergleiche, was sich heute oft an den Schulen abspielt, also, wir waren schon ziemliche Waschlappen.«
Maria Hölzel kann sich nur an eine größere Auseinandersetzung erinnern, in die Hans verwickelt war: »Das muss im Winter 1967 gewesen sein, da machte er bei einer ausgelassenen Schneeballschlacht mit die Schneeballschlacht sollte Folgen haben.«
Zwei Gruppen von Jungen bewarfen sich in der Wiedner Hauptstraße, einer breiten, stark befahrenen Geschäftsstraße, verbissen mit den Schneebällen, bis ein Ball die riesige Schaufensterscheibe eines Modegeschäfts traf, die in tausend Teile zersplitterte. Während die anderen Jungen das Weite suchten und davonrannten, fand Hans es nicht der Mühe wert, Fersengeld zu geben. Er blieb einfach stehen und wartete die weitere Entwicklung ab. »Und natürlich hat der Geschäftsbesitzer den Hans geschnappt und kam mit ihm zu mir«, erzählt Maria Hölzel. Am Ende musste sie dann für die Scheibe rund 7.000 Schilling, heute mehr als 500 Euro, viel Geld zu jener Zeit, bezahlen. »Hans war sehr gelassen und nach dem ersten Schock nahm ich es auch mit Humor. Ich sagte mir, der Junge macht keine halben Sachen, wenn er etwas zusammenschlägt, dann gleich richtig.«
Es machte der Mutter höchstens Sorgen, dass Hans sich für nichts richtig begeistern konnte. »Außer für die Musik waren die Vorlieben immer nur zeitlich begrenzt, einmal gefiel ihm dies, einmal das. Er wollte bloß nichts Beständiges.« Deshalb verabscheute er auch die feste »beständige« Kleidung, die Maria Hölzel im ersten Jahr seines Gymnasium-Besuchs für ihn hatte anfertigen lassen: »Eine Bekannte hat ihre Kinder ähnlich gekleidet, und als ich das gesehen habe, war ich ganz begeistert und beschloss, so etwas für Hans machen zu lassen.« Das waren eine dreiviertellange Hose aus Büffelleder und eine Joppe: »Es sah sehr chic aus. Ich dachte, wenn Hans jeden Morgen ein frisches Hemd dazu anzieht, ist das doch prima. Das Anfertigen und das teure Büffelleder war eine ziemlich kostspielige Angelegenheit, aber Hans fühlte sich in der Kniebundhose und der Joppe nie wohl. Er zog die Sachen nur murrend an, und wenn ich nicht darauf bestanden hätte, hätte er sie wohl nie getragen.«
Die Unbeständigkeit in seinen Lebensformen, die ihm auch »haltbare« Kleidung so verhasst machte, blieb FALCO zeit seines Lebens. »Ich bin immer noch sehr wechselhaft«, charakterisierte er sich einmal selbst, »manchmal bin ich monatelang jeden Tag im Fitness-Center, dann tue ich wieder monatelang überhaupt nichts. Für Freunde und Bekannte gehört schon viel Verständnis dazu, hier mitzuspielen. »Er hatte aber
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