Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 15 Der Zauberer und das Mädchen
kann ich Ihnen versichern, dass von jetzt an keine Enttäuschungen mehr auf uns warten. Falkengrund hat Reize, die – wie so oft im Leben – im Inneren liegen, nicht im Äußeren. Sollten Sie sich im Anschluss an eine Besichtigung gegen den Kauf entschließen, wird Ihnen meine Agentur die Kosten für die Her- und Rückreise in vollem Umfang erstatten. Schließlich sind Sie auf der Grundlage einer Fehlinformation hier. Ich kann Ihnen die Erstattung allerdings nicht gewähren, wenn Sie das Objekt nicht wenigstens besichtigt haben. Eine Klausel, Sie verstehen …“
Ferdinand Frödd nahm dem unschlüssigen Konrad den Schlüssel wieder aus der Hand und öffnete die Tür. Ohne ein Quietschen schwang sie auf.
Der Zwerg spazierte als erster hinein, drehte sich in der Eingangshalle einmal um sich selbst und lächelte den anderen mit ausgebreiteten Armen zu.
„Kommen Sie! Sehen Sie, was Sie in unseren teuren Zeiten für dreitausend Goldmark noch erwerben können!“
6
Im Schloss herrschte eine merkwürdige Atmosphäre.
Die helle, geräumige Diele wirkte in keinster Weise unheimlich, und doch …
Konrad versuchte sich auf die Einrichtung und die Gemälde an der Wand zu konzentrieren. Etwas schien ihn dazu zu zwingen, ständig den Kopf zu heben und nach oben zu blicken. Dort jedoch gab es nichts zu sehen. Der Kronleuchter, der in vier Meter Höhe unter der Decke hing, war schwer und verhältnismäßig schlicht.
In dem großen Raum zwischen den beiden Treppen gab es einen offenen Kamin, vier Sofas, zwei niedrige Tische. Der Zauberer ging hinüber, und es war ein erhebendes Gefühl, die Halle zu durchqueren. Der Gedanke, dass ihm dies bald gehören konnte, brachte sein Blut in Wallung. Er malte ein paar Striche in den Staub auf den Tischen, klopfte am Kamin herum und versuchte sich vorzustellen, welchen Spaß es machen würde, an dieser Stelle bei flackerndem, knisterndem Feuer ein gutes Buch zu lesen.
Oder mit seiner Verlobten zu kuscheln.
Charmaine und Samuel duckten sich, als sie das Haus betraten.
Er sah es genau, und er fragte sich, warum sie das taten.
Die Tür war hoch genug, selbst für ihn, Konrad, der die beiden weit überragte.
Auch während sie sich zögernd umsahen, hielten sie die Köpfe gesenkt. Rechts neben der Tür gab es einen Spiegel, und als der Magier einen Blick hinein warf, stellte er erschrocken fest, dass er selbst die gleiche Haltung eingenommen hatte, die ihn bei den beiden so störte! Auch er hatte das Genick eingezogen, ohne es zu bemerken.
Immer wieder schielte er nach oben, und die anderen taten es ihm gleich. Nur der kurze Frödd ging aufrecht und begutachtete die Möbelstücke, die Bilder, die Teppiche. Er sah nicht ein einziges Mal nach oben.
„Es ist … beklemmend“, sagte Samuel mit belegter Stimme.
„ Oui, c’est vrai “, erwiderte Charmaine und merkte offenbar nicht, dass sie Französisch sprach.
Irgendetwas stimmte mit diesem Raum nicht, das stand fest. Er strahlte Unruhe aus. Ständig schien sich etwas zu regen, obwohl nichts zu erkennen war. Schwankende Bewegungen waren in den Augenwinkeln sichtbar, doch wenn man hinsah, konnte man nichts wahrnehmen. Waren es womöglich die vereinzelten Spinnweben, die dick und grau von der Decke hingen und im Luftzug hin und her pendelten?
„Da ruft jemand“, wisperte Samuel. „Es kommt … von oben.“
„Aus dem oberen Stock?“, fragte Konrad nach. „Ich höre nichts.“
Charmaine ging auf den Zauberer zu und legte ihre Hand auf seinen Arm. „ Es ist wie ein … Weinön. “
„Und es kommt nicht aus dem ersten Stock“, stellte Samuel fest. „Sondern von hier. Aus der Luft direkt über uns.“
Konrad zog die Augenbrauen hoch. Er bildete sich ein, es jetzt auch zu hören. Alle drei lauschten.
„Die Einrichtung ist komplett in Ordnung“, redete Frödd unsensibel in die Stille hinein. „Der Läufer auf der linken Treppe ist etwas ausgetreten, und der Teppich hier hat ein paar Flecken. Das kann man …“
„Hören Sie nichts?“, unterbrach ihn Konrad.
„Hören? Was soll ich hören?“
„Rufe, Weinen …“ Er suchte nach Worten, die das Phänomen beschrieben. Jetzt war es weg, und er ließ die Schultern sinken. „Wahrscheinlich werden Sie wieder sagen, es war der Wind.“
Frödd schürzte die Lippen. „Vielleicht haben sich Katzen eingenistet. Oder Mäuse. Falls ja, machen Sie sich keine Sorgen. Wir beseitigen Sie, ehe Sie einziehen.“
„ Chérie “, meldete sich Charmaine. „ Es ist keine gute Idee,
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