Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
er um einen Kaffee bat. Das Dossier nahm er nur kurz in die Hand, wedelte damit durch die Luft und legte es auf den Gartentisch zurück.
»Das werde ich heute Abend bei einem Glas Wein lesen«, lächelte er, »ich bin sehr gespannt darauf. Aber sagen Sie, hat sich Ihre Meinung inzwischen geändert?«
Walcher wusste, worauf Auenheim anspielte, und schüttelte nur den Kopf.
»Nichts anderes habe ich erwartet«, nickte Auenheim, »aber Sie werden mich doch durch Namen unterstützen?«
»Ich habe keine Namenslisten«, stellte Walcher fest. »Die Handvoll Namen, die ich kenne, sind unvollständig, ohne Adresse, manchmal habe ich nur den Vornamen, damit werden Sie wenig anfangen können.«
»Burgund, Berlin, Großrazzia in beinahe sämtlichen größeren Städten Deutschlands, kommen Sie, Herr Walcher! Sie werden mir doch nicht erzählen, dass Sie mit der Polizei zusammenarbeiten, ohne dass Sie im Gegenzug Namenslisten, vermutlich sogar Verhörprotokolle bekommen haben. Dafür halte ich Sie für viel zu clever.« Auenheim war aufgestanden und ging auf der Terrasse hin und her.
»Verstehen Sie mich«, Walcher war bemüht, Auenheim nicht allzu hart vor den Kopf zu stoßen, immerhin hatte er ihn in dieser Sache als Auftraggeber akzeptiert, »ich will mich nicht an einer Form der Verbrecherjagd beteiligen, die zur Selbstjustiz geradezu auffordert und die ich nicht nur deshalb für einen gefährlichen Rückschritt halte. Aber da ich davon ausgehe, dass Sie, ebenso wie ich, dazu eine feste Meinung haben, bringt uns eine Diskussion wohl nicht weiter. Ich kann Ihnen allerdings Kontakte schaffen, zum Beispiel zu Kommissar Neumann im Burgund, oder zu Kommissar Brunner in Lindau. Oder zu Kommissar …«
»Wollen Sie über Ihr Honorar sprechen?«, unterbrach ihn Auenheim.
»Warum sprechen Sie darüber nicht mit den Kommissaren?« Walcher gab Auenheim zu verstehen, dass er über seine Frage sauer war.
»Ich habe das doch nicht so gemeint«, versuchte Auenheim zurückzurudern, »sondern Ihren Aufwand, der doch weit größer geworden ist, als wir uns das vorgestellt haben, ganz zu schweigen von Ihren Verletzungen. Ich … ich brauche Namen und Fakten, verstehen Sie, ich will diese Prangerseite und habe schon alles in die Wege geleitet, um damit in Frankreich anzufangen. Machen Sie es mir doch nicht so schwer. Warum geben Sie mir nicht das Material aus Burgund? Da gab es doch ein paar Männer, die Kinder gekauft haben, also wenn das nicht eindeutig eine Straftat sein soll, dann weiß ich auch nicht mehr«, Auenheim war nun richtig aufgebracht. »Ich kann Sie einfach nicht verstehen, Sie müssen doch erkannt haben, was das für Menschen sind, skrupellose Verbrecher, die auf keinerlei Schutz der Gesellschaft oder auf Gnade hoffen dürfen.« Auenheim hatte seine Wanderung abgebrochen und war plötzlich kraftlos in seinen Stuhl gesunken. Wie er da saß und wie ein geprügelter Hund vor sich auf den Tisch starrte, tat er Walcher leid.
»Ich werde mit dem französischen Kommissar sprechen und ihn bitten, Ihnen die Namen und Adressen auszuhändigen, aber ich mache Ihnen keine großen Hoffnungen.«
Auenheim schien sich wieder etwas erholt zu haben: »Wissen Sie, ich brauche Erfolge, unserem Verlag … also wir hätten nichts gegen höhere Auflagen und parallel dazu eine aktuelle Themenseite im Internet. Vielleicht könnten Sie auch diesen Monsieur Aberde befragen, der wird Ihnen … gegen ein gutes Honorar, doch sicher einige seiner Kunden herausrücken, was meinen Sie?«
In diesem Moment ertönte in Walchers Kopf ein Warnsignal. Woher kannte Auenheim den Namen Aberde? Kein einziges Mal hatte er ihm persönlich oder Inning gegenüber einen der Namen der beiden Herrenrunden im Burgunder Chateau erwähnt, da war er sich absolut sicher. Wie im Zeitraffer ging er die Telefonate und Mails durch, die sie ausgetauscht hatten. Nein! Walcher blieb dabei, weder diesen noch einen der anderen Namen hatte er jemals erwähnt. Woher also kannte Günther Auenheim den Namen?
»Sie kennen Monsieur Aberde?«, fragte Walcher harmlos, als ob es ihn nur beiläufig interessieren würde. Auenheim stutzte nur kurz.
»Sie erwähnten ihn einmal … Nein, ich kenne Monsieur Aberde nicht.« Mit einem Blick auf die Armbanduhr stand Auenheim auf. »Höchste Zeit aufzubrechen, wir haben uns verplaudert.« Lächelnd winkte er Walcher zu, der sich mit Hilfe seiner Krücken aus dem Rollstuhl stemmte, machte ein paar Schritte, erinnerte sich, ging an den Tisch zurück
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