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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
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denn damals, um die vorletzte Jahrhundertwende, führten nur beschwerliche Karrenwege nach Rohrmoos oder zur Kindsbangetalpe, und von dort aus war es dann noch einmal eine halbe Stunde zügiger Fußmarsch bis zur Hütte am Piesenkopf.
    Die heutigen komfortablen Teerstraßen durch das Rohrmoostal oder durch das Lochbachtal, wie damals das Gutswiesertal noch hieß, waren erst in den siebziger Jahren ausgebaut worden. Von Rohrmoos aus oder von der Kindsbangetalpe schleppte der Großvater mit den einheimischen Handwerkern jeden Nagel, jeden Balken, jeden Sack Zement mit Pferden oder auf dem Buckel hinauf, nur Steine gab es dort oben genügend.
    Großvaters Urlaube wurden dann, als die Hütte halbwegs bewohnbar war, zum Horror für seine Frau und die Kinder, ging doch allein schon die Anfahrt über die schlechten Straßen ab der Bahnstation an die Grenze heutiger Vorstellungen einer befahrbaren Straße. Von Hamburg mit der Eisenbahn nach Oberstdorf, dann mit der Kraftpost nach Tiefenbach und von dort mit einem Fuhrwerk hinauf nach Rohrmoos oder durch das Lochbachtal zur Kindsbangetalpe. Eine gute Stunde marschierte man dann hinauf zur Jagdhütte. Schwer beladen, weil man alles mitschleppen musste, was man zum Leben brauchte, und auch noch das eine oder andere Bauteil für die Hütte. Für untrainierte Städter musste eine solche Anreise einer Strafexpedition gleichkommen. Deshalb wurde es nach dem Tod des Großvaters erst einmal ruhig um die Hütte. Die Familie, beziehungsweise der Weltchrist-Verlag, zahlte zwar regelmäßig die Pacht und den vereinbarten Betrag für kleinere Erhaltungsarbeiten an der Hütte und dafür, dass hie und da jemand von den Besitzern nach dem Rechten sah, aber genutzt wurde sie höchst selten. Das änderte sich, als Claudius Auenheim, der Onkel von Günther Auenheim, nach einem Herzinfarkt das gesunde Leben in den Bergen wiederentdeckte und die Verlagsführung schrittweise seinem Neffen übertrug. So kam es, dass Günther Auenheim die Jagdhütte seines Großvaters zu lieben begann, da er seinen Onkel häufig besuchen musste, denn der war damals noch offiziell der Verlagsleiter.
    Günther Auenheim kannte die Hütte noch aus seiner Kindheit her, als ihn sein Vater mitgenommen hatte, wenn er den Großvater besuchte, was allerdings höchst selten der Fall gewesen war. Sein Vater war nämlich in Ungnade gefallen, denn er hatte nicht Verlagswesen studiert, sondern Chemie, und war mit seiner Frau nach Südamerika ausgewandert, als Günther gerade sein Volontariat begonnen hatte.
    Vielleicht stellte es ja so etwas wie einen familieninternen Ausgleich dar, dass Günther Auenheim in die Fußstapfen seines Großvaters trat, denn auch für ihn waren bald die Ruhe und das Gefühl von Freiheit, das er in den Bergen empfand, ein unverzichtbarer Ausgleich zu seiner Arbeit. Seitdem der Onkel gestorben war und er den Verlag alleine lenkte, zog sich Günther Auenheim bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit auf die entlegene Hütte zurück. Inzwischen war auch die Anfahrt nicht mehr ganz so beschwerlich wie seinerzeit beim Großvater. Mit seinem Geländewagen konnte er bequem durch das Gutswiesertal bis hinter die Kindsbangetalpe fahren und von dort die letzten zehn Minuten zu Fuß bis zur Hütte wandern.
    Nur wenig Menschen verirrten sich in die Nähe der Hütte, die markierten Wanderwege führten weit entfernt vorbei, und außerdem konnte das Gebiet nicht unbedingt als überlaufen bezeichnet werden. Zwar galt das Ziebelmoos als eines der größten Hochmoore der Allgäuer Alpen, der Piesenkopf oder die Scheuenfälle als Geheimtipp, aber es lockte kein Sessellift die Massen.
    Günther Auenheim hatte an diesen Tagen keinen Blick für die Harmonie von Moor, Wald, Wiesen und schroffen Bergspitzen mit Weiß und Blau darüber. Jene Harmonie, die er sonst so liebte und die es seiner Meinung nach in dieser Ausgewogenheit nur in diesem Teil des Allgäus gab. Nach dem Besuch bei diesem verfluchten Journalisten war er direkt zu seinem »Rifugio« gefahren, wie er des Großvaters Rustico inzwischen umbenannt hatte. Seiner Frau brauchte Auenheim keinen Grund für seine Abwesenheit zu nennen, wie auch nicht für die unzähligen Wochenenden, die er schon seit Jahren nicht mehr zu Hause verbrachte. Seit die Kinder studierten und nur noch an den großen Feiertagen nach Hause kamen, lebten die beiden in parallelen Welten, zusammengehalten durch einen unverzichtbar hohen Lebensstandard und den Glauben, vor den Kindern und nach

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