Fallen Angel 07 Tanz der Rose
im Grunde eine ziemlich einfache Angelegenheit - leben ist wesentlich komplizierter. «
Ihre Tränen begannen wieder zu fließen. »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dich zu verlieren«, flüsterte sie. »Du bist jünger als ich, und es ist so ungerecht, daß ich übellaunige Person gesund bin, während du als viel wertvollerer Mensch sterben mußt. «
Er grinste. »Vielleicht stimmt es ja, daß nur die guten Menschen früh sterben. «
Sie preßte eine Hand auf den Mund. »Das hat Rosalind auch gesagt, als sie bei mir war. O Stephen, ich habe mein Leben lang alles falsch gemacht. «
Stephen griff nach ihrer Hand und zog sie zu sich herunter, um einen Arm um ihre Schultern legen zu können. Weinend vergrub sie ihr Gesicht in der Decke, und ihm war klar, daß ihre Tränen nicht nur seinem baldigen Tod galten, sondern auch aus Trauer vergossen wurden, weil es ihr nie gelungen war, ihren vergötterten Vater auf sich aufmerksam zu machen, obwohl sie alles tat, um seinen unmöglich hohen Anforderungen gerecht zu werden.
»Geh nicht zu hart mit dir selbst ins Gericht, Claudie. Während meiner Kindheit warst du mir der liebste Mensch, weißt du das? Du hast mir immer zugehört und mich ernstgenommen, und du konntest auch mit anderen kleinen Kindern wunderbar umgehen. « Stephen lächelte. »Wenn du keine Gräfin wärst, hättest du bestimmt eine großartige Amme abgegeben. « Sie wäre wie Mrs. Standish gewesen, bereit, ihr eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, um einen ihr anvertrauten Schützling zu retten.
Claudia kicherte. »Wahrscheinlich wäre ich dann viel nützlicher gewesen. «
Wenn er jetzt das Richtige sagte, könnte er ihr vielleicht helfen, aber er wußte nicht genau, was das Richtige war, bis ihm plötzlich eine Idee kam. »Warum hast du Andrew geheiratet? Du hattest bessere Anträge und hättest sogar Marquise werden können. «
»Weil er mir am sympathischsten war. Wenn ich mit ihm zusammen war, kam ich mir immer hübsch und klug vor - und begehrenswert. « Sie seufzte. »Es war herrlich, sich begehrenswert zu fühlen! «
»Hast du jemals bereut, ihn geheiratet zu haben? «
»Nie. «
»Mit anderen Worten - du liebst ihn und hast ihn immer geliebt. Sagst du ihm das manchmal? «
Sie stand auf und glättete die Knitterfalten an ihrem Kleid. »Er weiß, daß ich... daß ich ihn gern habe. «
Stephen wunderte sich nicht, daß sie das Wort Liebe nicht über die Lippen brachte. Er selbst hatte das ja auch nie gekonnt - bis er gestern einen Blick in den Garten des Lichts geworfen hatte.
Jetzt wußte er, auf welche Weise er seiner Schwester helfen konnte. »Vater hat uns seine persönliche Version der Kardinaltugenden beigebracht, Claudie, und zuoberst auf dieser Liste standen Stolz und Anstandsformen. Liebe kam darauf überhaupt nicht vor. Im Gegenteil - wir lernten, es sei ein Zeichen von Schwäche, zu lieben und den Wunsch nach Liebe zu verspüren. « Stephen mußte sich ein wenig erholen, bevor er Kraft zum Weitersprechen fand. »Vater hat sozusagen das Pferd von hinten aufgezäumt. Liebe ist die höchste Tugend, die einzige, die das Leben lebenswert macht, während Stolz und Anstandsformen nur Asche sind. Sag Andrew, daß du ihn liebst, Claudie, und sag es auch deinen Kindern - es wird euer aller Leben verändern. « Er lächelte schwach. »Sprich es aus, auch wenn du das Gefühl hast, deine Zunge könnte herausfallen, wenn du es versuchst. «
Claudia schaute ihn verunsichert an. »Glaubst du denn, daß sie es gern hören würden? «
»Ich bin mir ganz sicher. Und du darfst auch dich selbst nicht in Grund und Boden verdammen, denn vieles an deinem Charakter ist durchaus bewundernswert. Du besitzt Mut und Redlichkeit, und du bist liebevoll -zwar nicht unbedingt in Worten, aber in Taten. «
»Liebevoll? Ich? «
Sie war genauso überrascht, wie er es am Vortag gewesen war, als Louisa ihn als liebevollen Mann bezeichnet hatte. »Ja - du! Hinter deiner scharfen Zunge verbirgt sich ein gutes Herz. « Er sank tiefer in die Kissen, viel zu erschöpft, um noch sitzen zu können. »Denk einfach rechtzeitig daran, dir auf die Zunge zu beißen, wenn du wieder einmal versucht bist, vom hohen Roß der Kenyons aus unerbittlich zuzuschlagen. «
»Ich werd's versuchen. « Sie schaute ihn traurig an. »Leb wohl, Stephen. Erst jetzt, da es zu spät ist, habe ich begriffen, wie sehr ich dich vermissen werde. «
Stephen lächelte müde. »Wir werden uns Wiedersehen. «
Claudia zog die Brauen zusammen. »Glaubst
Weitere Kostenlose Bücher