Fallen Angel 07 Tanz der Rose
Lachend legte sie seine Hand auf ihren Bauch, der sein Geheimnis noch nicht nach außen hin preisgab. »Es muß gleich beim erstenmal passiert sein, auf dem Heuboden. «
»Das ist ein Wunder, Rosalind. « Stephen ließ seinen Kopf wieder in die Kissen sinken. »Wir hielten uns beide für unfruchtbar, und gemeinsam haben wir ein neues Leben erschaffen! « In sein Glück mischte sich Bitterkeit, weil er die Geburt dieses Kindes nicht mehr erleben würde. Vielleicht würde es ihm vergönnt sein, als Geist wenigstens einen Blick darauf zu werfen, so wie Sophia und Philippe ihre Tochter noch eine Zeitlang begleiten durften. Doch das war nicht dasselbe, wie das Baby wirklich in den Armen zu halten und in dem winzigen Gesicht nach Ähnlichkeiten mit Rosalind zu suchen...
Hastig verdrängte er diese fruchtlosen Gedanken. Noch war er hier, bei Rosalind, und er mußte ihr die Botschaft ihrer Eltern übermitteln. »Heute nachmittag, nach dem Anfall, hatte ich ein seltsames Erlebnis«, begann er zögernd.
Er beschrieb seinen Besuch in der Abtei und seine Begegnung mit Louisa. Es wäre indiskret gewesen, zu wiederholen, was sie über ihre Ehe gesagt hatte, aber er durfte erwähnen, daß sie den Tod als bloßen Übergang bezeichnet hatte. Und dann erzählte er Rosalind von seinem Zusammentreffen mit ihren Eltern, die dafür gesorgt hatten, daß sie in gute Obhut kam. »Ich soll dir von ihnen ausrichten, daß sie dich sehr lieben. «
Während der tiefen Stille, die nach seinem Bericht eintrat, fragte er sich, ob Rosalind jetzt vielleicht über seine Einweisung ins Irrenhaus nachdachte. Dann gab sie einen erstickten Laut von sich, und er bemerkte, daß sie an seiner Schulter weinte. »Rosalind, ich bin nicht verrückt. « Er küßte ihre Schläfe. »Wahrscheinlich war es nur ein sehr realistischer Traum. «
»Es muß an der Schwangerschaft liegen, daß ich neuerdings so dicht am Wasser gebaut bin. « Sie wischte sich mit einem Zipfel des Bettlakens die Augen. »Ob es nun ein Traum war oder nicht, ändert nichts am Wahrheitsgehalt. Als du erzählt hast, daß meine Eltern gemeinsam über mich gewacht haben, sangen diese Worte in meinem Herzen. « Rosalind rieb ihre Wange an der seinen, und er war froh, daß Hubble ihn rasiert hatte. »Ich konnte dir keine Antwort geben, als du mich einmal gefragt hast, warum ich glaube, daß es ein Jenseits gibt. Aber du hast es mir soeben erklärt - ich muß immer geahnt haben, daß meine Eltern mich als Schutzengel begleiteten. «
Und wenn Sophia und Philippe vereint waren, würde er eines Tages wieder mit Rosalind vereint sein, dachte Stephen. Er streichelte ihren Rücken und fühlte sich ihr seelisch genauso nahe wie körperlich. Das Schlimme war nur, daß er ein Verlangen nach völliger Verschmelzung verspürte. Er wollte in ihren Körper eindringen, ihren gebrochenen Schrei hören und überwältigende Lust empfinden...
Am liebsten hätte er geflucht. Statt dessen flüsterte er: »Mir wird erst jetzt klar, in welchem Ausmaß das Begehren vom Geist gelenkt wird. Ich wünsche mir so sehr, mit dir zu schlafen, aber ich kann nicht... mein Körper ist zu schwach dazu. «
»Schon gut, Stephen«, murmelte Rosalind. Ihre warme Hand glitt über seinen Körper und legte sich sanft auf seine Geschlechtsorgane. »Ich weiß nicht, ob ich es ertragen könnte, von dir in Besitz genommen zu werden und zu wissen, daß es vielleicht das letzte Mal ist. «
Stephens Kehle war wie zugeschnürt, der Verlust seiner Manneskraft schmerzte mehr als alles andere. Würde es im Garten des Lichts eine körperliche Vereinigung geben? Irgendwo hatte er gelesen, die spirituelle Vereinigung im Himmel sei tausendmal befriedigender als der Sexualakt, und damals hatte er sich gefragt, woher der Schriftsteller das wissen wollte. Jetzt, da er mit Rosalind grenzenlose Lust erlebt hatte, bezweifelte er, daß irgend etwas noch schöner sein könnte...
Nachdem Stephen eingeschlafen war, lag Rosalind noch lange wach. Sein seltsames Erlebnis stieß bei ihr auf keinerlei Skepsis. Es war völlig einleuchtend: Ihre leiblichen Eltern hatten sie behütet und ihren Adoptiveltern übergeben. Sie war doppelt gesegnet gewesen - und doch hatte sie ihr Leben lang Angst gehabt.
Diese Erkenntnis machte sie wütend auf sich selbst, bis die Bilder des gewaltsamen Todes ihrer Eltern wieder vor ihrem geistigen Auge auftauchten. Gewiß, sie waren schnell gestorben, aber das Grauen jenes Tages hatte sich unauslöschlich in ihre Seele eingebrannt.
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