Fallen Angel 07 Tanz der Rose
Jener Tragödie war die Flucht gefolgt, und der Tod ihrer geliebten Amme war ein weiteres Drama gewesen. Danach wochenlanger Kampf ums Überleben auf der Straße, Kälte, Hunger und Schrecken aller Art.
Nein, es war kein Wunder, daß sie sich seitdem nie wieder ganz sicher gefühlt hatte. Sie hatte ihre Ängste tief in sich vergraben und sich bemüht, eine perfekte Tochter zu sein, damit Thomas und Maria sie nicht wegschickten.
Trotzdem war die Furcht ihr ständiger schattenhafter Begleiter geblieben. Sie hatte sich vor allem Unbekannten gefürchtet, sie hatte Angst gehabt, ihre Adoptiveltern zu verlassen, und sie hatte Charles geheiratet, weil er ein Teil ihrer vertrauten Welt war. Und sogar als sie Stephen geheiratet hatte, war sie davon ausgegangen, bald ihr altes Leben wiederaufnehmen zu können.
Liebe war gefährlich, weil sie immer das Risiko eines Verlusts in sich barg - eines schier unerträglichen Verlusts, den sie mit dem Tod ihrer Eltern und ihres Kindermädchens erlitten hatte. Deshalb hatte sie sich selbst nie eingestehen wollen, wie sehr sie Stephen liebte. Aber sie liebte ihn von ganzem Herzen, und sie wußte noch nicht, wie sie den bevorstehenden neuen Verlust überleben sollte.
Doch eines Tages würde sie ihn Wiedersehen, das wußte sie jetzt. Sie klammerte sich an diesen schwachen Trost und schlief endlich erschöpft ein.
34. Kapitel
Tag 24
Am nächsten Morgen fühlte Stephen sich beim Aufwachen erstaunlich frisch, wahrscheinlich weil Rosalind noch immer in seinen Armen schlief. Sogar Portia hatte sich eingeschlichen und auf dem Bett zusammengerollt.
Als Rosalind aufwachte, hatte er freilich schon wieder nagende Schmerzen, die ein wenig nachließen, nachdem er zwei Pillen geschluckt hatte. Sie überredete ihn, einen Eierpunsch zu trinken, den sie aus Milch, einem Ei und einem Löffel Honig zubereitete, und sein Magen rebellierte nicht gegen den stärkenden Trank.
Er zog nicht einmal in Betracht, aufzustehen und bis zum Sessel zu gehen, aber immerhin war er kräftig genug, um sich im Bett aufsetzen zu können. Catherine leistete ihm und Rosalind Gesellschaft, und sie verbrachten zu dritt einen angenehmen Vormittag. Stephen trug zwar nicht viel zur Unterhaltung bei, lehnte aber entspannt in den weichen Kissen hinter seinem Rücken und lauschte zufrieden dem munteren Geplauder der beiden Frauen.
Er glaubte kaum, daß sein Körper länger als ein, zwei Tage durchhalten würde, und sein größter Wunsch war, daß sein Bruder noch rechtzeitig eintreffen würde.
Dann betrat Hubble den Raum und berichtete mit bestürzter Miene: »Euer Gnaden, Lord und Lady Herrington sind hier, und sie besteht darauf, Sie zu sehen. «
Rosalind schnappte nach Luft, und Catherine, die auf der anderen Bettseite saß, hätte fast ihre Teetasse fallen gelassen. Genauso überrascht wie die Frauen, sagte Stephen:
»Führen Sie sie herein. «
Gleich darauf standen die Herringtons im Zimmer. Claudia erstarrte förmlich, als sie ihren Bruder sah. Er vermutete, daß jemand sie über seinen Zustand informiert hatte, ohne sie jedoch darüber aufzuklären, wie schlimm es um ihn stand.
Sobald sie sich vom ersten Schock erholt hatte, trat Claudia an sein Bett. »Ich mußte einfach herkommen, Stephen. «
»Es freut mich, dich zu sehen. Und auch dich, Andrew. « Er hatte seinen ruhigen Schwager immer gern gehabt, und sie tauschten einen warmen Händedruck.
Rosalind betrachtete die Besucher mit der Wachsamkeit einer Löwin, die ihr krankes Junges verteidigen muß, doch Catherine sagte höflich. »Guten Tag, Claudia. Wie geht es deinen Kindern? «
Claudias Miene wurde weicher, wie immer, wenn jemand ihre Kinder erwähnte. »Sehr gut, danke. Und deinem Sohn und deiner Tochter? «
»Ausgezeichnet. «
Die Unterhaltung stockte, bis Stephen sagte: »Du darfst auch Rosalind und mir gratulieren. «
»Wie schön! « Claudia sah aufrichtig erfreut aus. Babys waren das geeignetste Mittel, um ihr Herz zu erweichen. »Sie müssen jetzt sehr gut auf sich aufpassen, Rosalind. «
»Das werde ich tun«, murmelte Rosalind überrascht.
Stephen hatte keine Kraft für müßige Konversation. »Rosalind, wenn du nichts dagegen hast, möchte Claudia vielleicht unter vier Augen mit mir sprechen. «
»So ist es, aber vorher... « Claudia warf ihrem Mann einen gequälten Blick zu, und er berührte sie am Ellbogen, um ihr Mut zu machen. »Rosalind, Catherine, ich... ich möchte mich für mein bisheriges Benehmen euch gegenüber entschuldigen.
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