Fallen Angels 01 - Die Ankunft
…«
»Nein.« Jim schob sich höher auf dem Kissen. »Ich mag keine Krankenschwestern.«
Und keine Ärzte. Hunde. Engel … Heilige … was auch immer diese vier Clowns waren.
»Tja, dann«, sagte Vin sanft, »was kann ich für Sie tun?«
»Nichts.« Dank dem Weg, den das Schicksal eingeschlagen und mit dem es Jim überrollt hatte, war die Frage vielmehr, was er für seinen »Boss« tun konnte.
Was wäre erforderlich, um das Leben dieses Typen umzukrempeln? Hielt Jim ihm einfach nur eine Standpauke, damit er eine fette Spende an eine Suppenküche überwies? Würde das ausreichen? Oder musste er diesen Seidenanzüge tragenden, BMW fahrenden, frauenfeindlichen Pisser dazu überreden, allem Materiellen abzuschwören und zum Mönch zu werden?
Moment mal … Scheideweg. Vin stand angeblich an einer Art Weggabelung. Aber wie zum Henker sollte Jim herausfinden, worum es da ging?
Er krümmte sich und massierte sich die Schläfen.
»Sind Sie ganz sicher, dass ich keine Schwester rufen soll?«
Als Jim schon vor lauter Frust kurz vor einem blöden Aneurysma stand, wechselten die Bilder, und zwei Köche erschienen auf dem Bildschirm. Und siehe da. Der mit den dunklen Haaren sah ein bisschen aus wie Colin, und der Blonde stellte dieselbe Rechthabermiene zur Schau, wie Nigel es getan hatte. Beide beugten sich mit einem zugedeckten Silbertablett in die Kamera, und als der Deckel angehoben wurde, sah man einen Teller, auf dem eine Miniportion Haute Cuisine lag.
Gottverdammt , dachte Jim und starrte den Bildschirm an. Das könnt ihr mir nicht antun. Bei allem, was heilig …
DiPietro schob den Kopf in Jims Sichtfeld. »Was kann ich für Sie tun?«
Wie auf Stichwort grinsten die beiden Köche in die Kamera: Ta-da!
»Ich glaube … ich möchte mit Ihnen essen«, murmelte Jim.
»Essen?« DiPietros Augenbrauen schnellten nach oben. »Im Sinne von … essen gehen?«
Mühsam widerstand Jim dem Drang, den Fernsehköchen den Stinkefinger zu zeigen. »Ja … aber nicht wie ein Essen -Essen. Einfach nur Nahrung aufnehmen. Essen.«
»Mehr nicht?«
»So ist es.« Jim schob die Beine zur Seite, bis sie über die Bettkante hingen. »Mehr nicht.«
Er pulte sich das Klebeband des Infusionszugangs vom Arm und zog die Nadel heraus. Während Kochsalzlösung, oder was auch immer sich in dem Beutel neben dem Bett befand, auf den Boden tropfte, suchte er sich einen Weg unter die Decke und grunzte, als er den Katheter aus seinem Schwanz zerrte. Als Nächstes kamen die Sensoren auf seiner Brust an die Reihe, und zuletzt lehnte er sich zur Seite und brachte die Überwachungsapparate zum Schweigen.
»Essen«, sagte er schroff. »Mehr will ich nicht.«
Tja, das und einen Schimmer, was er eigentlich mit dem Kerl anfangen sollte. Aber hoffentlich gäbe es als Beilage zur Mahlzeit noch einen tollen Vorschlag von oben.
Als er aufstand, drehte sich die Welt um ihn, und er musste sich an der Wand abstützen. Nach ein paar tiefen Atemzügen warf er sich Richtung Badezimmer - und wusste sofort, dass das OP-Hemd hinten aufklaffte, weil diPietro »Scheißdreck« raunte.
Ganz eindeutig hatte er einen freien Blick auf das, was sich über Jims gesamten Rücken zog.
Im Türrahmen hielt Jim inne und sah über die Schulter. »Ist Scheißdreck das Wort, das ihr Reichen sagt, wenn ihr ja meint?«
Ihre Blicke trafen sich, und diPietros misstrauischer Gesichtsausdruck vertiefte sich noch. »Warum zum Teufel wollen Sie mit mir essen?«
»Weil wir irgendwo anfangen müssen. Heute Abend passt mir gut. Acht Uhr.«
Als er nur angespanntes Schweigen als Antwort erhielt, lächelte Jim schief. »Nur als kleine Entscheidungshilfe - entweder wir essen zusammen, oder Sie haben eine Berufsunfallklage am Hals, bei der Ihr Scheckbuch blutet. Es liegt ganz bei Ihnen, mir ist beides recht.«
Vin diPietro hatte sich im Leben schon mit vielen Blödmännern herumgeschlagen, aber dieser Jim Heron nahm einen Spitzenplatz ein. Es war nicht unbedingt die unverhohlene Drohung des Kerls. Oder die hundert Kilo auf dessen riesiger Statur. Noch nicht einmal seine Dreistigkeit.
Der wahre Ärger lag in den Augen dieses Burschen: Immer wenn einen ein Wildfremder ansah, als würde er einen besser kennen als die eigenen Eltern, musste man sich fragen, was da los war. Hatte dieser Jemand seine Hausaufgaben gemacht? Wusste er, in welchem Keller man seine Leichen versteckte?
Was für eine Bedrohung stellte er dar?
Und essen? Dieser Trottel hätte bares Geld aus ihm rauspressen
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