Fallen Angels 02 - Der Dämon
hätte er sich vorhin zu Hause mehr beeilt. Das war ja viel besser als Sport.
Leider musste sich Tony in dem Moment einschalten. »Es ist ein Pirat!«
Plötzlich wirkte Mrs Alonzo nicht mehr so wahnsinnig ängstlich. »Ein Pirat.«
Sein Bruder war eine solche Nervensäge - aber Joey würde sich nicht seinen Auftritt vermasseln lassen. Piraten waren etwas für Kinder. Aber eine Leiche in einem Auto: Das war total erwachsen, und genau das wollte er sein.
»Sehen Sie es sich doch selbst an«, sagte er.
Mrs Alonzo parkte ihren Lexus vor dem schwarzen Wagen und stieg aus, ihre hohen Absätze klangen wie Ponygetrappel auf dem Asphalt. »So, das reicht jetzt, Jungs. Steigt ein, ich fahre euch zur Schule. Sonst kommt ihr zu spät.« Sie hielt Joey ihr Handy hin. »Ruf deine Mutter an und sag ihr, dass ich euch bringe. Schon wieder.«
Das passierte oft. Mrs Alonzo war eine Geschäftsfrau, deren Büro unweit der Schule lag, und die beiden Jungs waren regelmäßig zu spät dran, und sie fuhr sie wirklich oft zum Unterricht. Aber dieser Morgen war etwas anderes.
Joey verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie müssen durchs Fenster schauen.«
»Joey ...«
»Bitte.« Noch etwas Erwachsenes: der Bitte-Danke-Quatsch.
»Also gut. Aber ihr steigt in mein Auto.«
Während Mrs Alonzo zu dem verdächtigen Wagen stapfte, maulte sie etwas von: »Keine Lust, ewig das Taxi zu spielen.« Und Tony, der sich immer an die Regeln hielt, setzte sich mit seinem Buch auf den Beifahrersitz ihres SUV - allerdings war er immer noch interessiert an den weiteren Geschehnissen, denn er machte die Tür nicht zu und hielt Gregs Tagebuch: Ich war's nicht weiter an die Brust gedrückt.
Joey blieb, wo er war.
Normalerweise wäre er sauer gewesen, dass Tony den besseren Sitz für sich beanspruchte: Ältere Brüder saßen vorne, Kleinkinder mussten nach hinten. Aber im Augenblick gab es Wichtigeres, also blieb Joey einfach auf dem Bürgersteig stehen, das Telefon unbenutzt in der Hand.
Er fragte sich, was er wohl gesehen ...
Mrs Alonzo machte einen so großen Satz rückwärts, sodass sie beinahe auf der Straße gelandet wäre. Ein Minivan hupte laut, weil er ihr nur mit Mühe ausweichen konnte.
Jetzt kam sie zu Joey gerannt und schnappte sich das Handy und seinen Arm. »Steig sofort ein, Joey ...«
»Was ist denn los? Ist es eine Leiche?« Wahnsinn, was wenn es ein Pirat war - heilige Scheiße!
Während sie den Jungen zu ihrem Auto schleifte, hielt sich Mrs Alonzo schon das Telefon ans Ohr. »Ja, das ist ein Notfall. In einem Auto vor dem Bestattungsinstitut McCready auf der St. Francis ist ein Mann. Ich weiß nicht, ob etwas mit ihm nicht in Ordnung ist, aber er sitzt am Steuer und bewegt sich überhaupt nicht ... Ich habe kleine Kinder bei mir und möchte die Tür nicht aufmachen - gut ...«
Kleine Kinder. Gott, wie Joey diesen Kleine-Kinder- Kram hasste. Er war es doch gewesen, der den Mann gefunden hatte. Wie viele Erwachsene waren auf dem Weg zur Arbeit einfach vorbeigeschlappt und hatten gar nichts bemerkt? Waren einfach vorbeigefahren, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto?
Es war seine Leiche.
»Mein Name ist Margarita Alonzo. Ja, ich warte, bis Krankenwagen und Polizei hier sind.«
Alles klar. Das hier war offiziell der beste Morgen seines ganzen Lebens, dachte Joey, als er auf den Rücksitz sprang - von wo aus er den besten Blick hatte, wie sich zeigte.
Als Mrs Alonzo einstieg und alle Türen verriegelte, malte er sich aus, dass sie drei bis ein Uhr mittags hierbleiben würden. Vielleicht bekäme er ein Happy Meal zu Mittag. Er hoffte wirklich, die Polizei würde sich nicht so beeilen ...
Dann aber hörte er Mrs Alonzo zu seinem Entsetzen sagen: »Sarah? Ich hab deine Jungs hier, und es geht ihnen gut. Aber es gibt ein kleines Problem, und du musst sie bitte abholen.«
Joey legte den Kopf auf den Arm.
Bei seinem Glück würde seine Mutter sofort losrasen und hier anschwirren, ehe er erfahren hatte, was mit dem toten Piraten in dem Auto los war.
Alles im Arsch. Total im Arsch.
Und wahrscheinlich kämen sie sogar noch rechtzeitig zur Versammlung in die Schule.
Während Matthias am Steuer seines Wagens schlief, träumte er immer und immer wieder von der Nacht, in der Jim Heron sein Leben gerettet hatte. Die Ereignisse vor der Explosion der Bombe und der lange, schmerzhafte Weg zurück in die relative Gesundheit spulten sich in einer Endlosschleife in seinem Kopf ab, als würde die Nadel seines altmodischen geistigen
Weitere Kostenlose Bücher