Fallen Angels 02 - Der Dämon
bevor er starb ... damit seine Frau nicht nur schlecht von ihm dachte.
Viel besser.
Fünfunddreißig
Als die Morgensonne sich aus ihrem wolkigen Schlummer erhob und ein Strahlenkranz sich über Caldwell, New York, ergoss, flitzten zwei Jungen, neun und zwölf Jahre alt, im Eiltempo Richtung Schule.
Und keiner von beiden war sonderlich beeindruckt von der ganzen »Frühlingspracht«.
Was auch immer das sein sollte.
Ihre Mutter laberte ständig von Frühlingspracht, Frühlingspracht ... bla. Was Joey Mason interessierte, war Sport: Montags hatte er normalerweise Sport, aber heute hatten sie eine Schulversammlung. Also egal, wie viel »Frühlingspracht« es da draußen gab, er war trotzdem auf dem Weg zu einem öden Schultag ohne einen einzigen Lichtblick.
Sein kleiner Bruder Tony hingegen mochte Versammlungen lieber als Sportunterricht, weswegen er ziemlich gut gelaunt war. Aber er war ja auch ein Streber, der seine Bücher mit ins Bett nahm, also hatte er sowieso von nichts eine Ahnung.
Der Weg zur Schule zog sich über acht Blocks hin und war nichts Besonderes ... einfach nur die Francis Street entlang, an der Kirche vorbei. Sie sollten immer auf der rechten Straßenseite gehen, weil auf der linken eine Tankstelle war, in deren Ein- und Ausfahrt immer viel los war. Und sie mussten an jeder Ecke anhalten. Was Joey auch tat - meistens, indem er Tony am Kragen festhielt, damit der nicht schnurstracks vor das nächste Auto rannte.
Tony lief immer mit einem aufgeschlagenen Buch durch die Gegend. Er las auch beim Essen und auf dem Klo und beim Anziehen.
Bescheuert. Einfach nur bescheuert, weil man so viel verpasste, wenn man sich nicht umsah.
Wie zum Beispiel der coole Wagen dort vorne. Die Scheiben waren komplett schwarz, auch die Karosse war schwarz und die Ziffern auf dem Nummernschild lauteten oio. Sonst nichts, keine Buchstaben. Joey warf seinem kleinen Bruder einen Seitenblick zu, aber natürlich hatte Tony nichts mitgekriegt.
Selber schuld.
Das Ding sah aus wie eine von diesen undercover Polizeikarren.
Als sie auf gleicher Höhe mit dem Auto waren, packte er seinen Bruder am Kragen und riss ihn zurück. Tony stellte den Stopp nicht weiter in Frage - er blätterte einfach seelenruhig um. Wahrscheinlich dachte er, sie stünden an einer Straßenkreuzung.
Joey beugte sich leicht nach vorn und versuchte, in den Wagen zu sehen, immer darauf gefasst, dass ein Uniformierter herausspringen und sie anbrüllen würde, weil sie so neugierig waren. Da er aber nichts erkennen konnte und auch nichts passierte, krümmte er die Hände und legte sie neben sein Gesicht auf das kalte Glas ...
Er machte einen Satz rückwärts. »Ich glaube, da ist einer drin.«
»Nein«, sagte Tony, ohne den Kopf zu heben.
»Doch.«
»Nein.«
»Doch. Woher willst du das wissen?«
»Nein.«
Alles klar, Tony hatte keinen Schimmer, wovon er sprach, und dieser Streit konnte sich endlos hinziehen. Und dann kämen er und sein kleiner Bruder zu spät in die Schule, und er würde Hausarrest erhalten. Schon wieder.
Aber ...
Wie cooooooooool, wenn sie eine Leiche gefunden hätten - genau hier vor McCreadys Bestattungsinstitut!
Jetzt stellte Joey seine Schultasche ab und entfernte seinen Bruder von dem Wagen, indem er ihn hochhob und an einer anderen Stelle wieder absetzte. »Das hier ist gefährlich. Ich will nicht, dass dir was passiert, klar?«
Das lockte endlich Tonys Nase aus dem Buch. »Ist da wirklich jemand drin?«
»Bleib hinter mir.«
Genau so etwas in der Art hätte sein Vater gesagt, und Joey kam sich sehr erwachsen vor - besonders, weil Tony nickte und sich das Buch vor die Brust hielt. Aber so gehörte sich das. Joey wurde bald dreizehn, und er hatte das Kommando, wenn sonst niemand in der Nähe war. Und manchmal sogar, wenn andere Leute in Sicht waren.
Nun legte er wieder die Hände an das Fenster und versuchte, durch die getönte Scheibe mehr zu erkennen. »Es ist ein Pirat!«
»Du lügst doch.«
»Nein, ich lüge nicht ...«
Ein Auto hielt vor ihnen, und eine Frau kurbelte das Fenster herunter - es war Mrs Alonzo von gegenüber. »Was stellt ihr denn schon wieder an, Jungs?«
Als würden sie ständig etwas anstellen.
Einerseits wollte Joey, dass sie weiterfuhr und ihn die Situation in die Hand nehmen ließ. Andererseits wollte er auch gern angeben. »Da ist ein Toter drin.«
Er fühlte sich sehr bedeutend, als sie ganz blass und nervös wurde. Mann, wenn er gewusst hätte, dass das hier alles passieren würde,
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