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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma O'Connor
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Englisch trunk heißt, was nicht nur Kofferraum, sondern auch Rüssel bedeutet. Daraufhin hatten wir Louis Malle nur noch Babar genannt. Und waren uns ungeheuer witzig vorgekommen. Milos Botschaft bedeutete, in Lilys Wagen war eine Schachtel oder Kiste versteckt – im Kofferraum.
    Ich sandte ein Stoßgebet gen Himmel, als ich die Nummer der Werkstatt in Dublin wählte, in der ich Lilys Wagen abgestellt hatte.
    »Michael? Nell Gilmore hier.«
    »Aha, Sie haben also meine Nachricht erhalten«, erwiderte er, und ich verlor schon allen Mut.
    »Neiiin«, sagte ich gedehnt. »Was für eine Nachricht?«
    »Man hat mir ein Angebot für den Wagen gemacht, ein recht gutes sogar. Nell?«
    Ich schluckte krampfhaft. »Haben Sie ihn verkauft, Michael?«
    »Natürlich nicht. Nicht, ohne Ihnen vorher Bescheid zu sagen. Sie haben gesagt, Sie würden ihn vielleicht verkaufen, stimmt’s?«
    »Schon«, meinte ich zögernd.
    »Sie haben doch nicht etwa Ihre Meinung geändert, oder?«
    »Eigentlich nicht. Michael?«
    »Schon in Ordnung. Nur keine Aufregung. Der Kerl möchte ihn auf der Stelle. Deshalb habe ich angerufen. War schon drei- oder viermal da. Aber ich wollte den Handel nicht abschließen, ohne Ihnen das vorher zu sagen. Das Auto ist noch da.«
    »Gott sei Dank«, stieß ich erleichtert hervor. »Michael? Würden Sie mir bitte einen Riesengefallen tun und nach etwas suchen, das meine Mutter im Auto gelassen hat? Im Kofferraum.« Ich drückte die Daumen.
    »Wo? Und nach was soll ich suchen?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher. Eine Schachtel? Irgendeine Art Päckchen. Schauen Sie einfach mal nach, ja? Bitte.«
    »Hätte das nicht bis nachmittags Zeit? Ich stecke bis über beide Ohren in Arbeit.«
    »Michael!« kreischte ich. »Schauen Sie nach, bitte! Es ist wichtig.«
    Vier quälende Minuten mußte ich warten, ehe der Telefonhörer wieder aufgenommen wurde.
    »Es ist ein Päckchen, Nell. Ein kleines Päckchen.« Er lachte. »Ist wohl einiges wert. War unter dem Reservereifen versteckt. Hat sie im Lotto gewonnen oder was?« Es dauerte ungefähr zwei Sekunden, bis er sich erinnerte, Lily war tot.
    Er hüstelte. »Tut mir leid, Nell. Das ist mir so rausgerutscht. Was soll ich damit machen? Es ist an Sie adressiert. In Richmond.«
    Schnell überlegte ich. Wäre es in Richmond sicher? In der Post? So sicher wie irgendwo sonst.
    »Michael, sind Sie noch dran?« Ich bat ihn, das Päckchen in einen wattierten Umschlag zu stecken und es als eingeschriebenen Eilbrief an Maria am Flughafen zu schicken. »Es geht noch mit der Zwölf-Uhr-Post weg, Nell. Versprochen. Das Postamt ist gleich auf der anderen Straßenseite. Ich erledige das sofort. Und was ist jetzt mit dem Wagen?«
    »Michael, tut mir leid, aber ich habe meine Meinung geändert. Ich verkaufe ihn nicht. Bringen Sie alles in Ordnung, was gemacht werden muß. Ich melde mich in ein paar Tagen.«
    »Ist gut.«
    »Es macht Ihnen nichts aus?«
    »Überhaupt nicht, Nell. Das ist einzig und allein Ihre Sache.«
    »Michael? Der Typ, der den Wagen kaufen wollte. Wie sah der aus?«
    »Großer Kerl, ziemlich betucht. Gebrochene Nase. Hat mich, ehrlich gesagt, gewundert, daß er nicht was Größeres wollte.«
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Wie hatte ich nur so dumm sein können? »Sie haben ihn doch nicht etwa eine Probefahrt machen lassen, oder doch?« fragte ich so beiläufig wie möglich.
    »Allein? O nein. Ich bin einmal auf so was reingefallen, das hat mir gereicht. Ich hätt ja selber eine Spritztour mit ihm gemacht, hab aber zu viel am Hals gehabt. Ich hab ihm gesagt, wir könnten das heut Abend nachholen. Werd statt dessen mit meiner Frau ins Kino gehen.«
    »Führen Sie sie zum Essen aus. Das geht auf mich. Lassen Sie niemand an den Wagen, bis ich komme, bitte, Michael. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie wichtig es ist.«
    Ich legte auf und betete, daß ich das Richtige getan hatte. Ich versuchte, mich zu konzentrieren, mich daran zu erinnern, ob ich in das Handschuhfach geschaut hatte, ehe ich den Wagen in der Werkstatt abgestellt hatte. Dann erinnerte ich mich, wir hatten den Kraftfahrzeugbrief überprüft. Mindestens fünf oder sechs Kassetten hatte ich herausgezogen, ehe ich ihn aufgestöbert hatte. Ansonsten war nichts im Handschuhfach gewesen, außer den Bändern, wie gesagt. Hatte sie etwas aufgenommen? Eine Nachricht? Der Gedanke scheuchte mich erneut auf, hätte mich beinahe verrückt gemacht. Es gab so viele Möglichkeiten.
    Dinge, die ich möglicherweise

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