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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma O'Connor
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gestrichenen Fahrrad meilenweit geradelt war, den vor Vergnügen zitternden Spud im vorderen Gepäckkorb. Die jeden überholenden Autofahrer in Angst und Schrecken versetzt hatte, wenn sie sich in ihr geliebtes kleines rotes Auto gesetzt hatte. Ein Leben, das anscheinend nicht viel bedeutet hatte, von dem Lily jedoch jeden einzelnen Augenblick mit einer Freude und Begeisterung ausgekostet hatte, die mit jedem Jahr zugenommen hatten. Sie hatten kein Recht gehabt, es ihr wegzunehmen.
    Ehe sie gestorben war, hatte ich mir eingebildet, ihr Lächeln habe etwas Geheimnistuerisches an sich, als hänge sie irgendwelchen köstlichen, ganz persönlichen Gedanken nach. In Wirklichkeit war das jedoch einfach ihre Art gewesen. Älter zu werden bereitete ihr keinerlei Schwierigkeiten, entmutigte sie auch nicht, vielmehr schien jedes einzelne Jahr ihre Lebensfreude zu steigern. Die Unabhängigkeit der Witwenschaft behagte ihr. Und dann war es in einem einzigen, brutalen Augenblick vorbei gewesen. Zerstört. Ausgelöscht. Irgend so ein gedankenloser Rüpel hatte sie überfahren und dann das Weite gesucht, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, was wir verloren hatten: Lily, ich und der arme alte Spud. Wenn ich darüber nachdachte, und das tat ich immer häufiger, explodierte ich schier vor Wut und Frustration. Meine Unsicherheit, was Davis betraf, ließ mir den Verlust nur noch deutlicher zu Bewußtsein kommen.
    Was auch immer das seltsame Duo Reynolds und Hanion im Sinn hatte, auf das Haus schienen sie es nicht abgesehen zu haben, denn es kam nicht zu Einbrüchen, nicht einmal zu versuchten. Merkwürdigerweise vermittelte mir das keineswegs ein Gefühl von Sicherheit. Oder davon, irgendwohin zu gehören. Gelegentlich spürte ich, wie auch Dublin allmählich an Bedeutung verlor. Wenn ich einigermaßen die Verbindung mit meiner Heimatstadt aufrechterhalten wollte, müßte ich andere, persönlichere und handfeste Dinge hier finden. Ich wußte, wenn ich das Haus verkaufte, würde es lange dauern, bis ich wieder hierher zurückkommen könnte, ohne mich unbehaglich zu fühlen.

14
    Spud weigerte sich, von Mrs. Dwyer wegzugehen. Jedes Mal wenn ich vorbeikam, beäugten wir einander argwöhnisch. Er hatte mich stets als Rivalin um die Gunst seiner Herrin betrachtet; ihr Verlust hatte sich keineswegs mildernd auf seinen miserablen Charakter ausgewirkt. Vor ihrem Tod hatte es tagelangen Schmeichelns bedurft, ehe er geruht hatte, in meine Nähe zu kommen. Jetzt konnte keine noch so große Anstrengung, nicht einmal offenkundige Bestechung ihn dazu bewegen, sich von Mrs. Dwyers bestem Sofa herunterzubequemen.
    Sie beklagte sich zwar lange und lautstark, aber ich merkte, sie freute sich, daß er ihr unmißverständlich den Vorzug gab. Als ich mich ihr auf Gnade oder Ungnade auslieferte und sie fragte, was wir mit ihm machen sollten, erklärte sie, als käme etwas anderes gar nicht in Frage, sie würde ihn ganz gerne für immer behalten.
    »Er ist ein großartiger kleiner Wachhund und ein guter Freund, wenn man ihn richtig behandelt«, meinte sie. »Bestimmt grämt er sich nur.« Nell, was bist du doch für ein Ausbund an Dummheit.
    »Die Art, wie er mich manchmal ansieht, Sie dürfen jetzt nicht traurig sein, die Art, wie er mir sein Gesichtchen entgegenstreckt, schief auf die Seite gelegt, wissen Sie, Hand aufs Herz, das erinnert mich an Ihre Mutter.« Fromm bekreuzigte sie sich.
    Gewitzt wie er war, wußte Spud sehr wohl, wo sein Vorteil lag. Ich konnte seinen Anblick nicht länger ertragen und ließ ihn mit ungeheurer Erleichterung zurück. Zum Abschied schenkte ich ihm sogar ein neues rotes Halsband. Mrs. Dwyer bevorzugte bei ihren Kleidern wie auch Möbeln braun, und ich wollte nicht, daß er seinen Sinn für Farben ganz einbüßte.
    Jetzt, da der Hund gut aufgehoben war, konzentrierte ich mich auf die dringlichste Aufgabe: den Verkauf des Hauses. Es lag ein wenig abseits der Patrick Street, deren langer, steiler Hang sich vom Zentrum Dun Laoghaires nach Sallynoggin hinauf erstreckt. Mit dem Auto sind es von Dublin aus etwa sechs Meilen oder aber eine Viertelstunde mit dem DART-Zug. Obgleich Dun Laoghaire eine Stadt mit Hafen für sich ist, hat Dublin es sich mehr oder weniger einverleibt. Vom Fenster meines Schlafzimmers aus hatte ich, wenn ich mich auf die Zehenspitzen stellte und den Hals reckte, einen wundervollen Blick auf Howth Head jenseits der Bucht. Wenn an Sommertagen der Himmel blau ist und auf dem Wasser kleine weiße

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