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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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hatte Männer mit herausgerissener Kehle gesehen, die ihre Ungeduld nicht zügeln konnten und versucht hatten, sich mit einem Mädchen zu paaren, das noch nicht so weit war.
    Aber bei den Gezeiten! Dieser Duft …
    »Willst du noch etwas Dörrfleisch?«
    Er zwang sich zur Konzentration. »Ist das dein einziges Essen?«
    »Wir können morgen versuchen, etwas vor den Tavernen in der Stadt zu finden«, versicherte sie ihm. »Jemand von deiner Größe sollte leicht in der Lage sein, die Konkurrenz zu verscheuchen.«
    »Du durchsuchst Müll nach Nahrung?« Selbst im Kerker von Lebec war er nicht so tief gesunken.
    »Wir tun, was wir tun müssen, um zu überleben, Warlock«, sagte Boots hörbar verärgert über seinen selbstgerechten Ton. »Du bist jetzt kein Haushund mehr, aber … also wenn du meinst, dass du es ohne unsere Hilfe besser hinkriegst …«
    »Es tut mir leid«, sagte er hastig und hoffte, sie nicht verprellt zu haben. »Ich wollte dich nicht verurteilen.«
    »Das will ich hoffen.«
    »Sind wir noch Freunde?« Was er wirklich meinte, war: Hab ich noch eine Chance bei dir, wenn du läufig bist? Er war nicht so naiv zu glauben, dass Boots sich mit ihm nur angefreundet hatte, weil sie ein gutes Herz hatte. Da ihre Paarungszeit bevorstand, siegte höchstwahrscheinlich ihr Instinkt über ihr normales Denkvermögen. Sie konnte nicht umhin, sich den besten männlichen Partner auszusuchen – ebenso wenig, wie er ihrem Duft widerstehen konnte.
    Sie sah ihn einen Augenblick lang finster an und nickte dann. »Ich glaube schon.«
    »Du wirst es nicht bereuen«, versprach er.
    Sie lächelte. Sie wussten beide, dass er über viel mehr als nur Freundschaft sprach.
     

47
     
     
    Arkady erwachte steif und durchgefroren nach einer Nacht auf dem kalten Boden. Sie entdeckte Cayal, der am Rand des Felsvorsprungs stand, wo sie übernachtet hatten. Er wandte sein Gesicht der Sonne zu und streckte die Arme aus, als könnte er die langsam vorrückende Morgendämmerung durch bloße Willenskraft herbeiziehen.
    Wer bist du wirklich, Cayal?, rätselte sie und starrte ihn an. Versunken stand er da, ohne sich ihrer Musterung bewusst zu sein. Es war selten, ihn in einem derart unbewachten Moment zu erwischen. In ihrem tiefsten Inneren wusste Arkady, dass sie kurz davor war, die Wahrheit anzuerkennen. Es war bloß so schwer, sich von der eigenen Vorstellung zu trennen. Lügen waren etwas viel Vertrauteres. Man konnte sie steuern, kontrollieren. Das komplizierte Geflecht aus Täuschungen, das Arkady umgab, war ihr so vertraut, dass sie es einfach nicht loslassen wollte. Lügen waren auf eine sonderbare Art tröstlich; eine Welt, die sie sich selbst erschaffen hatte und die leichter zu handhaben war als die reale.
    Wie verdreht ist meine Welt geworden, dachte sie und rieb sich den Schlaf aus den Augen, wenn ich lieber glaube, dass dieser Mann ein Lügner und Mörder ist, als zuzugeben, dass er etwas sein könnte, was ich nicht gelten lassen will.
    »Ihr seid wach.«
    Er nahm seine Arme herunter und wandte sich ihr zu. Seine durchdringenden blauen Augen strahlten, als hätte er tatsächlich die Energie der Sonne aufgesaugt. Arkady schnitt eine Grimasse. Unsterblich oder nicht, niemand hatte das Recht, nach einer Nacht auf einem nassen, steinharten, dem Wind ausgesetzten Felsvorsprung so früh am Morgen derart frisch und gesund auszusehen.
    »Ich bin wach? Ich dachte eigentlich, ich wäre gestorben und hätte herausgefunden, dass es doch eine Hölle gibt.«
    Cayal zuckte die Achseln. »Nicht dass ich wüsste.«
    »Wohin geht es heute?«, fragte sie und setzte sich unter Schmerzen aufrecht hin. Sie hatte auf einem Stein gelegen und einen Bluterguss an der rechten Hüfte. Ihre Blase fühlte sich an, als würde sie gleich platzen, und sie war sich ziemlich sicher, dass ihr für den Rest ihres Lebens nie mehr warm werden würde.
    »Unser Ziel ist immer noch dasselbe«, teilte er ihr mit. »Wir könnten es heute sogar erreichen, falls das Wetter hält.«
    »Könnt Ihr nicht irgendwas mit dem Wetter machen? Ach, richtig …«, verbesserte sie sich und beantwortete sich die Frage selbst. »Die Gezeiten stehen ja niedrig. Die ganze Magie ist weg und Ihr könnt nichts ausrichten.«
    »Streng genommen haben wir Ebbe«, korrigierte er sie. »Niedrigstand nennen wir es, wenn die Flut anfangt, wieder zu steigen.«
    »Und wann wird das voraussichtlich sein?«
    Cayal schaute weg. »Früher als Ihr glaubt.«
    »Aber praktischerweise nicht zu meinen

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