Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
mögen heißt noch nicht, dass ich ihre Sklavin sein will.«
Warlock nickte und konnte ihre Einstellung nachvollziehen, auch wenn er nicht mit ihr einer Meinung war. Er hatte den Haushalt von Baron Ordry nicht aus freien Stücken verlassen. Wenn sich die Dinge anders entwickelt hätten, wäre er immer noch dort; mittlerweile wahrscheinlich sogar als Kämmerer.
Die Vorstellung, dass Boots ein erstklassiges Leben auf den Gütern des Palasts von Lebec weggeworfen hatte … das ergab irgendwie keinen Sinn.
»Also, was hast du getan, um dir eine Begnadigung des Fürsten von Lebec zu verdienen?«, fragte Rex.
»Im Kerker von Lebec war ein Suzerain. Lady Desean hat ihn verhört. Sie wollte wissen, ob der Suzerain die Wahrheit sagte.«
Überall ringsum wurde es plötzlich still. Die Augen von Rex verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Ein Unsterblicher im Kerker von Lebec? Welcher?«
»Cayal.«
»Der unsterbliche Prinz«, murmelte Rex und fluchte leise. »Bei den Gezeiten! Wie lange ist er hier gewesen?«
»In Glaeba? Ein paar Jahre, schätze ich. Ich glaube, er hat versucht, sich hinrichten zu lassen.«
Boots lachte säuerlich. »Was würde ihm das nützen? Er ist unsterblich.«
»Und darüber gar nicht glücklich«, fügte Warlock hinzu und erinnerte sich an die Depressionen des Suzerain. »Ich weiß nicht genau, was mit ihm los ist. Noch ist Ebbe, glaube ich. Vielleicht war er gelangweilt und hat vorher noch nie in einem Gefängnis gesessen.«
»Das macht insgesamt sieben, von denen wir wissen«, stellte Rex fest.
»Sieben was?«
»Sieben Suzerain«, erklärte Boots. »Wir haben es geschafft, sieben von ihnen zu orten. Leider wissen wir nicht, wo der Rest von ihnen steckt.«
Warlock sah seine neuen Freunde verwirrt an. »Ihr behaltet die Gezeitenfürsten im Auge?«
Rex nickte. »Selbstverständlich tun wir das. Wenn die Gezeiten wechseln, wird ein Großteil von uns wieder unter ihrem Einfluss stehen, mein großer und unwissender Freund. Wenn wir wissen, wo sie sind, können wir woanders sein, wenn es so weit ist.«
Plötzlich ergab alles einen Sinn.
»Das Verborgene Tal«, sagte Warlock.
»Wie bitte?«
»Das Verborgene Tal«, wiederholte Warlock. »Genau das ist es. Es ist gar kein Mythos, oder? Es ist der Ort, wo die Crasii Zuflucht finden, wenn der nächste Gezeitenwechsel ansteht und die Unsterblichen sich wieder erheben.«
»Dein Muttertier hat dir zu viele Gute-Nacht-Geschichten erzählt, mein Sohn«, kicherte Rex.
»Möglich«, stimmte er zu. »Kannst du mich dorthin bringen?«
»Ins Verborgene Tal?« Rex wandte sich höchst amüsiert an Boots. »Den solltest du besser an die Leine nehmen, Boots. Er hat eindeutig das Beschälergerät für eine gute Paarung, aber er wird dich in Verlegenheit bringen, wenn du ihm erlaubst, dass er sein großes Mundwerk so weit aufreißt.«
Boots lächelte. »Ich pass schon auf ihn auf.«
Rex richtete sich auf und tätschelte Warlocks Schulter. »Na! Jetzt gehörst du dazu, Bursche. Boots kümmert sich um dich. Und besorg dir was zum Anziehen. Wir wollen die Aufmerksamkeit nicht auf uns ziehen, obwohl … wenn ich so gebaut wäre …« Er ließ den Satz offen und gluckste in sich hinein, als er sich wieder seiner Familie zuwandte. Vorsichtig kletterte er über die Mütter hinweg und nahm seinen Platz wieder ein, um weiter mit seinen Welpen zu spielen.
»Na los. Ich zeige dir, wo du schlafen kannst«, sagte Boots und zerrte an seinem Arm.
Er runzelte die Stirn und sah auf sie herab, nicht im Geringsten an Schlaf interessiert. »Weißt du, wo das Verborgene Tal liegt?«
»Wir besorgen dir auch etwas zu essen«, bot sie an.
»Du weißt es, oder?«
»Isst du alles, oder nur Fleisch?«
»Dann erzähl mir von den Suzerain. Wo halten sie sich auf?«
Boots seufzte. »Lass uns zu meiner Ecke gehen. Da können wir reden.«
Warlock begriff, dass das wahrscheinlich das beste Angebot war, das er kriegen würde. Er nickte und folgte Boots tiefer hinein in das dunkle, stinkende, höhlenartige Lagerhaus, bis zu dem zerlumpten Fellhaufen, den sie ihr Zuhause nannte.
»Wir wissen immer, wo Maralyce sich aufhält«, erklärte Boots, als sie es sich auf ihren Fellen bequem gemacht hatten. Sie hatte etwas Dörrfleisch unter der Diele gebunkert, das sie mit ihm teilte. Er war so hungrig, dass die ledrige Substanz ihm wie ein Filetsteak vorkam. »Sie bleibt immer, wo sie ist, und macht uns nie Schwierigkeiten. Sie steckt irgendwo in den Bergen um das Tal der Gezeiten herum
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