Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
womöglich schon auf dem Weg nach Herino und hatte im Sinn, die Rechnung zu begleichen? Oder würde er den Kampf aufgeben und sich anderswo nach grüneren Weiden umsehen, jetzt, wo die Flut stieg und er sich überzeugen konnte, dass Jaxyn in Glaeba schon sein Revier abgesteckt hatte?
Und die Flut stieg wirklich. Und zwar schnell.
Jaxyn konnte sie jeden Tag ein wenig mehr anschwellen fühlen. Er hatte jetzt schon die Fähigkeit, die Elemente um sich herum zu beeinflussen, war allerdings noch weit davon entfernt, sie zu beherrschen. Diese Art der Macht entstand nur auf dem Höhepunkt der kosmischen Flut. Aber sie stieg und stieg. Es würde nicht mehr lange dauern … ein paar Monate, bis sie es riskieren konnten, sich zu offenbaren. Und vielleicht ein Jahr oder zwei, bis ihre Macht das Ausmaß erreichte, das wirklich Ehrfurcht einflößte.
Das Dumme war, dass das allen Gezeitenfürsten in gleicher Weise widerfuhr. Irgendwo da draußen waren sicher schon Syrolee und Engarhod – und ihre fürchterlichen Sprösslinge – auf dem Vormarsch. Brynden würde sich allmählich aus seiner Erstarrung wühlen.
Und Lukys … auch er könnte wieder auftauchen, und sogar Jaxyn hatte allen Grund, das wachsam im Auge zu behalten …
Aber das war noch Zukunftsmusik. Im Augenblick war Jaxyn mehr an Lady Descan interessiert und daran, was zwischen ihr und dem unsterblichen Prinzen gewesen sein mochte.
Zu seiner gelinden Überraschung hatte sie ihren Teil des Vertrages erfüllt und Stellan nichts gesagt. Oder wenn sie sein Geheimnis verraten hatte, war sie bei Stellan auf Unglauben gestoßen. Seine Versetzung nach Herino hatte Jaxyn zunächst ein wenig beunruhigt. Doch dann hatte er darüber nachgedacht und entschieden, dass sie ihn nur von den Crasii Lebecs fernhalten wollte und wohl annahm, ihn nach Herino zu schicken sei der sicherste Weg.
Dumme Frau. Sie hatte unwissentlich in seine Hände gearbeitet. Wenn Stellan in Torlenien weilte, war Lebec – und sein Fürst – für Jaxyn nicht mehr von Interesse. Jaxyn musste jetzt hier sein. Musste in der Nähe von Kylia sein.
Sie mochten Verbündete sein, aber er traute Diala nur so weit, wie er sie werfen konnte. Jaxyn war noch nicht über den Schrecken hinweg, den ihm vor ein paar Monaten Dialas unangekündigte Ankunft in Lebec beschert hatte, wo sie sich dreist als Stellans Nichte ausgab. Die echte Kylia war tot. Mit der gleichen Sicherheit, mit der der echte Jaxyn Aranville im Graben eines Jägerpfades irgendwo bei Darra verrottete. Weder Jaxyn noch Diala konnten es riskieren, dass ihre Namensgeber im ungünstigsten Moment aufkreuzten, sie als Betrüger entlarvten und ihre Pläne ruinierten.
Diala war gleichfalls entsetzt gewesen, als sie Jaxyn in Lebec vorfand. Dann hatten sie die Crasii zur Geheimhaltung gedungen, und nach einigen hitzigen, wenn auch mit Vorsicht geführten Meinungsaustauschen – spät nachts oder in den seltenen Augenblicken, wo es ihnen gelang, allein aufeinanderzutreffen – war der Eindruck geblieben, dass sie tatsächlich Verbündete sein könnten.
Die letzten Einzelheiten des Plans schmiedeten sie an dem Tag, als Arkady ihnen unverhofft gestattete, eine Bootsfahrt auf dem See zu unternehmen.
Nach diesem Ausflug sollte sie besser noch Jungfrau sein, hatte Arkady ihn an diesem Tag gewarnt.
Jaxyn hatte sich einen spontanen Lachreiz verbeißen müssen. Jungfrau? Gezeiten! Dies war die Lakaienmacherin! Sie hatte mehr Männer verfuhrt, als Arkady hätte zählen können. Sie konnte noch für siebzehn durchgehen – Diala war erst neunzehn, als sie mit ihrer Schwester Arryl in die ewige Flamme schritt –, aber sie war schon fast seit neuntausend Jahren am Leben und hatte einen beträchtlichen Teil dieser Zeit damit zugebracht, mit allem zu schlafen, was irgendwie ihr Interesse weckte.
Diala hatte keine moralischen Skrupel. Nicht eine Spur. Das war für Jaxyn eine sichere Tatsache. Er war einer der ersten Männer gewesen, die sie in die Flammen komplimentiert hatte.
Der arme Mathu hatte nie den Hauch einer Chance gehabt.
Ihre Übereinkunft war simpel. Einer von ihnen würde einen Weg finden, den glaebischen Thron zu besetzen, und ihn mit dem anderen teilen. Jaxyn für seinen Teil wollte alle Konkurrenten beseitigen, die zwischen dem Thron und Stellan Desean standen, aber dann traf Mathu in Lebec ein. Alles, was Diala noch tun musste, war lächeln und mit diesen langen dunklen Wimpern klimpern, da war der Junge nicht mehr zu retten.
Jaxyn bewunderte
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