Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Natur unterworfen. Sie können keine Armeen aus der Luft heraufbeschwören, und – Glück für uns – sie sind auch viel mehr daran interessiert, sich gegenseitig zu bekämpfen, als ihre menschlichen Schachfiguren zu studieren. Wir bedeuten ihnen gar nichts, wir sind nur eine ihrer Waffen. Einer von vielen Gebrauchsgegenständen in ihren endlosen gegenseitigen Schlachten. Ich habe vor, diese Überheblichkeit gegen sie zu wenden.«
»Ihr glaubt ernsthaft daran, den Aufstieg der Gezeitenherrscher aufhalten zu können?« Warlock schüttelte den Kopf.
»Wahrscheinlich nicht«, Hawkes zuckte die Achseln. »Wahr ist jedoch auch, dass wir das vielleicht gar nicht müssen. Für unsere Zwecke genügt es schon, wenn wir die Kontrolle über Glaeba teurer verkaufen, als sie ihnen wert ist. Sorgen wir dafür, dass sie nach leichterer Beute Ausschau halten. Es ist meine Pflicht, Glaeba zu schützen. Was dem Rest der Welt geschieht, bedeutet mir nicht viel.«
Warlock bezweifelte keinen Augenblick, dass der Mann die Wahrheit sagte. Er roch nach ruhiger Selbstsicherheit, keine Spur von Angst oder Selbsttäuschung. Der Grad des Vertrauens allerdings, das er einem streunenden Canidenpaar gewährte, war verstörend, zumal er sie beide bis vor einer halben Stunde nicht gekannt hatte.
»Ich bin nur neugierig«, sagte Warlock. »Was wird aus uns, wenn wir es ablehnen, in deine Ark-Armee einzutreten? Mit dem, was du uns erzählt hast, könnte ich zum König gehen, dich wegen Hochverrats in den Kerker bringen und möglicherweise noch eine stolze Belohnung für meine Loyalität kassieren.«
Hawkes lächelte nachsichtig. »Warlock, ich habe dich als intelligentes Geschöpf kennengelernt. Du kannst doch nicht ernsthaft annehmen, es gäbe da eine größere Auswahl? Ihr habt nur zwei Alternativen.«
Boots’ Trotz erwachte augenblicklich. »Ach so? Vielleicht will ich ja lieber ins Gefängnis als zurück in den Palast von Lebec«, bemerkte sie patzig.
»Das sind nicht die Alternativen, von denen er spricht, Boots«, warnte Warlock in sanftem Ton, ohne den Blick von Declan Hawkes zu wenden.
Hawkes nickte langsam. »Du bist ein kluger Hund, nicht wahr?«
Boots' fragende Augen wanderten zwischen beiden hin und her und wurden plötzlich weit, als sie begriff, was Warlock meinte. »Sie würden uns umbringen? «
Der Mann zuckte die Achseln. »Einen verurteilten Mörder und eine entlaufene Sklavin, die einer Feliden die Kehle aufgerissen hat? Dafür bekomme ich glatt einen Orden.«
Das entsprach der Realität, Warlock wusste es. Das war das Tragische, wenn man als Tier betrachtet wurde. Die Menschen kümmerte ihr Tod nicht.
»Werdet Ihr für unsere Sicherheit garantieren, wenn wir zustimmen?«
Hawkes schüttelte den Kopf. »Ich kann nichts dergleichen garantieren. Und du weißt das.«
Warlock nickte. Diese Antwort war vertrauenerweckender als jedes Versprechen. Zumal wenn er wusste, dass Hawkes sie niemals halten könnte. »Was wollt Ihr, dass wir tun?«
Boots sah ihn ungläubig an. »Du willst in diesen wahnwitzigen Plan einsteigen?«
»Ich bin noch nicht bereit zu sterben.«
»Gute Antwort«, bemerkte Hawkes. Er wandte sich mit fragendem Blick an Boots. »Und was ist mit dir? Was soll es sein? Das Verborgene Tal oder die Möglichkeit, aus erster Hand zu erfahren, ob Crasii eine Seele haben?«
»Wenn ich mit Warlock gehe, habe ich dann eine Chance, eines Tages diesen Scheißkerl Jaxyn zu erwischen?«
»Das ist mehr als wahrscheinlich«, bestätigte Declan. »Vermutlich ist er auf dem Weg nach Herino, während wir hier reden, von daher stehen die Chancen gut, dass er der Erste ist, mit dem wir uns befassen müssen.«
Langsam, fast widerstrebend nickte Boots. »Ich schätze, ich bin dabei, ich habe nur eine Frage.«
»Ich werde sie beantworten, wenn ich kann.«
»In Eurem Verborgenen Tal … gibt es da gutes Essen?«
71
Der Tag ihrer Abreise zog klar und stürmisch herauf. Am Morgen erreichte Arkady die Neuigkeit, dass Stellan irgendwann am Vorabend, nachdem er ihre Gemächer verlassen hatte, den Rat seiner Gemahlin befolgt hatte. Er hatte Jaxyn gebeten, sie nach Herino zu begleiten, um als Botschafter von Lebec am Hof zu verweilen, solange sie sich in Torlenien aufhielten.
Arkady erfuhr beim Frühstück davon – durch Declan, der sie zu ihrer weisen Entscheidung beglückwünschte, sich zur Zusammenarbeit entschlossen zu haben. Er lobte zudem ihr außerordentliches Geschick darin, ihren Ehemann zu vernünftigen
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