Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Entschlüssen zu bewegen. Arkady nahm diese Komplimente zerstreut entgegen. Insgeheim beschäftigte sie Stellans Äußerung über Declans wahre Gefühle. Wenn er sich vor unerwiderter Liebe verzehrte, gab es davon beim Frühstück jedenfalls keinerlei Anzeichen.
Sie sah zu, wie Jaxyn zuversichtlich die Lauftreppe der Barke beschritt, mit den Seeleuten scherzte, die sein Gepäck verluden, zotige Witze riss und sich insgesamt benahm, als sei seine neue Stellung am Hof das Beste, was ihm je widerfahren war. Das brachte sie ins Grübeln, ob dieser Vorschlag wirklich so klug gewesen war. Jaxyns beflügeltes Gehabe beunruhigte Arkady. Wenn sie wirklich die Pläne durchkreuzt hatte, die der Unsterbliche mit den Crasii von Lebec hegte, wie konnte er sich so erfreut auffuhren?
Habe ich Glaeba vom Schrecken eines Gezeitenherrschers mit einer Crasii-Armee bewahrt – oder vielmehr den Fuchs in den Hühnerstall gelassen?
»Bist du sicher, dass das eine gute Idee war, Declan?«, fragte sie leise, als sie und ihr alter Freund vom Oberdeck aus beobachteten, wie Jaxyn an Bord kam. »Der Fürst der Askese scheint nicht gerade aufgewühlt vom Verdruss seines Rückzugs aus Lebec.«
»Möglich, dass er gut darin ist, seine Gefühle zu verbergen.«
»Sie sind gut in allem.«
»Wie bitte?«
»Cayal sagte so etwas – nach achttausend Jahren wird man gut in allem.«
»Schön, er muss es wissen.«
Arkady antwortete nicht, blieb aber an der Reling stehen und sah zu, wie die Amphiden das Auslaufen des Schiffes vorbereiteten. Es war mehr ein schwimmender Palast als ein Schiff. Zwei Decks hoch über dem Schandeck, drei darunter, die Laderäume nicht eingeschlossen. Die Kabinen waren in Rot und Gold gehalten und mit einem Luxus ausgestattet, der selbst den König neidisch machen konnte. Bis sie die Küste erreichten, würde dies ihr Heim sein. Auf ihrem Weg nach Süden würden sie in Herino Halt machen, um der Hochzeit von Kylia und Mathu beizuwohnen, und dann zur Küste segeln, wo des Königs eigenes Flaggschiff sie erwartete, um sie noch weiter südwärts bis nach Torlenien zu bringen.
Über den Bug des Schiffes spannte sich ein kompliziertes Takelwerk zu einem Gewirr aus Seilen und Flaschen, das den Hauptmast mit einem Zuggeschirr verband. Das dümpelte gegenwärtig im Wasser, würde aber bald mit einer Schule von fünfundzwanzig Amphiden – in fünf Reihen von je fünfbesetzt werden. Sie zogen dann das Schiff mit der Strömung, unterstützt vom Wind. Diesen Schiffstyp gab es nur in Glaeba, obwohl Arkady gehört hatte, dass die Idee, Segelschiffe von amphibischen Crasii ziehen zu lassen, auf die Senestrer zurückging.
Sie schaute zu, wie einige von ihnen beim Pier ins Wasser tauchten und auf ihrer Position im Geschirr ihren Platz einnahmen. Obwohl sie genau wie die Caniden und Feliden eine magische Mischung mit menschlichen Anteilen waren, wirkten sie doch mehr wie Salamander. Ihre langen Schwänze hingen zwischen merkwürdig kurz proportionierten Beinen, die in schwimmhäutigen Füßen und Händen endeten. Ihre doppellidrigen Augen lagen in dunklen, glänzenden Gesichtern, die sie eher als Parodien denn als Verwandte der Menschenrasse erscheinen ließen.
»Glaubst du, dass er jetzt frei ist?«, fragte Arkady plötzlich.
»Wer? Cayal? Ich nehme an, das hängt davon ab, wie tiefer verschüttet war und wie viel Hilfe Maralyce ihm zu gewähren bereit war.«
Arkady blickte Declan erstaunt an. Sie hatte über Maralyce kein Wort verloren.
Er lächelte. »Es war nicht schwer, auf sie zu kommen. Cayal ist in die Berge geflohen, und die einzige Zuflucht, die er dort finden konnte, ist bei Maralyce.«
»Weißt du, wo ihre Mine hegt?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe eine großräumige, vage Vorstellung, nicht mehr. Ich hoffte, dass du meine Ortskenntnis erweitern könntest. Um die Wahrheit zu sagen, sie aufzustöbern hat im Augenblick keine Priorität. Maralyce hat seit Tausenden von Jahren ihren Bau nicht verlassen. Ich nehme an, es müsste etwas ziemlich Spektakuläres geschehen, um sie aufzustören.«
Eine treffende Einschätzung, dachte Arkady. Maralyce war als Einsiedlerin sehr glücklich und würde sich kaum wegen irgendwelcher Banalitäten aus ihrer Mine wegrühren.
»Meinst du, Cayal wird zurückkommen?«
Declan lächelte beruhigend. »Wenn, dann können wir dich vor ihm beschützen.«
»Gut zu wissen«, murmelte sie und war ziemlich sicher, dass Declan sie des Verrats an der Menschheit bezichtigen würde, wenn er in
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