Falsche Schritte, dunkle Pfade (German Edition)
Sie froh, dass heute nicht die Revision da war! Seien Sie froh, dass ich derjenige war, der es gemerkt hat! Wenn die Kollegin Königstein nicht gewesen wäre – nicht auszudenken!“
„Tut mir leid, Chef.“ Kurt senkte den Kopf.
„Wir sind eine ordentliche Behörde, Waldmann. Da muss alles korrekt laufen. Alles! In Zukunft geben Sie Ihre Tagesberichte korrekt ab, haben Sie das verstanden? Jede Tagesaktivität muss darin vermerkt sein und zwar auf die Sekunde genau! Klar?“
„Ja, Chef.“ Kurt wagte nicht, seinen Chef anzusehen.
„Gut, Waldmann. Dann können Sie jetzt gehen. Den Tagesbericht von heute geben Sie bis 17.00 Uhr ab. Noch Fragen?“
„Nein, Chef.“
Kurt erhob sich ohne aufzusehen von seinem Stuhl und trottete zur Tür.
„Ach, Chef?“, fragte er an der Tür und drehte sich doch noch einmal um.
„Was?“, fauchte Kleinert.
„Wir hatten doch letztens über diese Position in der Abteilung B gesprochen, die ich übernehmen könnte ...“
„Das ist jetzt wirklich der falsche Moment, Waldmann! Im Übrigen ... ich bin mir nicht mehr so sicher, ob Sie der richtige Mann für diese Beförderung sind.“
Kurt sah bunte Punkte vor seinen Augen flimmern, seine Kehle wurde trocken.
„Nicht der richtige Mann, Chef?“, krächzte er. „Aber Sie sagten doch ...“
„Um genau zu sein, glaube ich, dass der richtige Mann in diesem Fall eine Frau ist. Sie können sich denken, wen ich meine. Jetzt können Sie wirklich gehen.“
Ohne ein weiteres Wort drehte Kurt sich um und wankte hinaus.
Mit zitternden Knien kam er in seinem eigenen Büro an. Erst verpfiff ihn die Kollegin Königstein bei seinem Chef und jetzt sollte sie auch noch den Posten bekommen, der ihm zugedacht war! So konnte es nicht weitergehen.
Um sich abzulenken, schrieb Kurt an seinem Tagesbericht für heute weiter. Er musste beweisen, dass er genauso korrekt vorgehen konnte wie sie , wenn er wollte. 13.00 Uhr bis 13.30 Uhr, Besprechung mit Herrn Kleinert.
Von 13.30 Uhr bis 14.00 Uhr bearbeitete er den Vorgang Zeppelin, Hans-Ludwig. Danach rief ihn die Natur. Während er am Urinal stand, stellte er sich vor, der abgetrennte Kopf von Regina Königstein würde dort liegen, wohin er gerade sein Geschäft verrichtete. In diesem Moment war ihm klar, was er zu tun hatte. Regina Königstein musste sterben! Er wusste nur noch nicht, wie er das anstellen sollte.
Zurück in seinem Büro, aktualisierte er seinen Tagesbericht. 14.00 Uhr bis 14.05 Uhr, Toilettenpause. Nur keinen Fehler machen. Korrekterweise vermerkte er exakt 25 Minuten später: 14.05 Uhr bis 14.30 Uhr, Bearbeitung des Vorgangs Zerstein, Manfred.
Plötzlich kam ihm eine Idee. Nachdem die Kollegin der auserkorene Liebling des Chefs war, ging sie mittlerweile immer schon um 15.30 Uhr nach Hause, während Kurt bis 17.00 Uhr im Büro sitzen musste. Kurt wusste, wo sie ihr Auto parkte. Ganz in der Nähe von seinem eigenen. Und ausgerechnet heute hatte Kurt zwischen 15.30 Uhr und 16.00 Uhr nichts zu tun, weil er den Vorgang Ziller, Gert an seinen Kollegen Bertel abgegeben hatte. Erst um 16.00 Uhr musste er mit der Bearbeitung des Vorgangs Zimmermann, Bruno beginnen. Diese halbe Stunde war seine Chance! Jetzt musste er sich nur noch überlegen, wie er sie töten konnte. Am liebsten wollte er dieses Miststück ja mit bloßen Händen erwürgen ... aber warum eigentlich nicht? Gerade gestern hatte er sich neue Gartenhandschuhe gekauft und wenn er sich nicht täuschte, waren sie noch im Kofferraum seines Wagens.
Von 14.30 Uhr bis 15.00 Uhr bearbeitete er den Vorgang Zestinski, Walter und von 15.00 Uhr bis 15.30 Uhr den Vorgang Zielmann, Hannelore.
Um Punkt 15.30 Uhr machte er sich auf den Weg zum Parkplatz. Natürlich unauffällig, er wollte nicht von Regina Königstein gesehen werden. Sollte er nämlich doch nicht den Mut finden, sie zu töten, würde sie morgen früh brühwarm dem Chef erzählen, dass er schon um 15.30 Uhr das Büro verlassen hatte.
Als er am Parkplatz ankam, stieg sie gerade in ihr Auto ein. Kurt versteckte sich einen Moment lang hinter seinem eigenen und wartete, bis die Kollegin ihren Wagen startete. Kaum war sie losgefahren, stieg er selbst ein und folgte ihr.
Schon nach etwa fünf Minuten parkte sie am Straßenrand vor einem großen Wohnblock. Kurt fand, dass sie für den Status, den sie im Büro hatte, ziemlich schäbig wohnte.
Er parkte selbst und folgte ihr danach in gebührendem Abstand. Seine Kollegin schloss die Haustür auf und betrat das
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