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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariano Hamilton
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den Kopf. Wenn er zärtlich wurde, wirkte er noch hässlicher. Er runzelte die Stirn und blinzelte ununterbrochen.
    »Carla hat mich am Abend ihres Verschwindens angerufen, sie war völlig außer sich. Sie hat gesagt, sie befände sich mit Marcelo in einer Telefonzelle, sie sei von zu Hause abgehauen, weil sie ihren Vater mit einem anderen Mann im Bett erwischt habe.«
    »Was?«, rief ich.
    »Ja, doch, im Bett, sie hatten Sex. Carlas Vater hat es mit einem Typen getrieben. Ist das so schwer zu verstehen?«
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Ich stellte mir die Situation vor und fand sie ausgesprochen amüsant.
    »Und was hat Carla gesagt? Was hatte sie vor?«, fragte ich fassungslos.
    »Sie war wie von Sinnen. Redete wirres Zeug. Sie sagte, der Typ bei ihrem Vater sei ein Freund der Familie.«
    »Was noch, José Luis?«, drängte ich. »Denk gut nach, jedes Wort, das Carla zu dir gesagt hat, kann von Bedeutung sein.«
    »Sie hat mir erzählt, Forrester habe sie verprügelt und sie habe schwören müssen, niemandem davon zu erzählen. Zum Glück hat Marcelo draußen auf Carla gewartet, und als sie sich befreien konnte, ist sie mit ihm abgehauen.«
    Ich staunte nicht schlecht. Es wollte mir einfach nicht in den Kopf. Während ich mich an den Gedanken zu gewöhnen versuchte, dass Carlas Vater schwul war, stellte ich die nächste Frage.
    »Hat Carla nicht gesagt, wo sie hinwollte?«
    »Sie hat gesagt, sie würde mit Marcelo verschwinden, aber am Ende ist sie allein gegangen. Marcelo weiß auch nicht, wo sie ist. Gestern hat er mir ein Telegramm aus La Falda geschickt und gefragt, wo sie ist.«
    José Luis schob die Hand in die Hosentasche, holte ein zerknülltes Telegramm heraus und zeigte es mir: »Hier alles klar Stopp Weißt du was von Carla? Stopp Gib mir Bescheid Stopp.«
    Ich bat ihn um das Telegramm, sah es mir an und steckte es in die Tasche meines Jacketts.
    »Kann es sein, dass Marcelo lügt, um sie zu decken?«, fragte ich.
    Im Vorbeigehen zuckte er mit den Achseln und schüttelte den Kopf.
    »Glaub ich nicht. Aber möglich ist alles.«
    Das war eine mehr als kluge Antwort.

14
    Als ich gegen vier Uhr morgens ins Büro kam, fand ich einen Zettel auf dem Schreibtisch: »Kommissar Antelo hat zweimal angerufen. Du sollst dich bei ihm melden. Morgen komme ich um neun. Ich habe dich sehr vermisst, María.«
    Ich zog mich aus und legte mich aufs Bett. Ich hatte einen Mordshunger, aber nicht einmal mehr die Kraft zu kauen, ich war fertig. Ich schlief, bis ich hörte, dass jemand das Wartezimmer betrat. Ein Blick auf die Uhr sagte mir: halb zehn. Seit ich mich hingelegt hatte, waren fünf Stunden vergangen, aber mir waren sie vorgekommen wie Minuten. María, dachte ich und schlief wieder ein.
    Um elf wachte ich erneut auf. Ich hatte das Gefühl, drei Elefanten trampelten in meinem Kopf herum. Erst allmählich wurde mir klar, dass es das Geklapper von Marías Schreibmaschine war. Jedes Mal, wenn sie ans Ende der Zeile kam, bohrte sich der Klingelton der Walze in meinen Schädel. Mein Magen war schon halb verschrumpelt vor Hunger. Ich stand auf, ging ins Bad, schüttete mir eine Ladung Wasser ins Gesicht und zog eine Hose und ein frisches Hemd an.
    Mit verstrubbeltem Haar betrat ich das Büro. Auf dem Schreibtisch lag das Zauberpäckchen mit den morgendlichen Sandwichs. Eine Flasche Cola und eine Flasche Fernet standen auch dabei. Im Wartezimmer nebenan saß María hochkonzentriert an ihrer Schreibmaschine.
    Ich sprach sie an, sie hob den Kopf, hörte auf zu tippen und lächelte mich an.
    »Guten Morgen, Chef«, sagte sie und entblößte ihre makellosen weißen Zähne.
    »Wie geht’s?«, fragte ich, ohne eine Antwort zu erwarten.
    »Ich habe dir dein Frühstück auf den Schreibtisch gestellt.«
    »Komm, wir müssen was besprechen.«
    Sie betrat mein Büro und erfüllte es mit dem Duft von Eau de Cologne 555.
    »Gestern hast du mich an Kommissar Antelo verraten«, fuhr ich sie an. »Ich habe dir schon tausendmal gesagt, du sollst der Polizei nicht sagen, wo ich bin.«
    Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht.
    »Ich wollte doch nur helfen …«, sagte sie kleinlaut.
    »Ist diesmal nicht so tragisch, aber vielleicht beim nächsten Mal. Mit solchen Sachen musst du vorsichtig sein.«
    Sie nickte schweigend. In dem Moment kam mir eine Wahnsinnsidee. Ich konnte nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein, aber María konnte sich bei den jungen Leuten in Mercedes durchaus nützlich machen. Ich dachte nicht

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