Fame Junkies
Schnauben kommentierte.
»Doch wirklich, Mom. Sie hatte gar keine andere Wahl«, beteuerte ich. »Sonst wäre es mit ihrer Karriere nämlich vorbei gewesen. Deswegen wollen sie ja auch, dass ich diese Homestory über sie mache. Damit alle sehen, dass es ihr wirklich wieder gut geht.«
»Ach? Und darf ich fragen, warum sie von allen Fotografen der Welt ausgerechnet dich ausgesucht hat?«, fragte Mom.
Ich erzählte ihr von Heather Taylors Idee, dass Willow automatisch jünger wirken würde, wenn eine jugendliche Fotografin sie porträtierte. Mom sah überrascht aus. Dad presste nachdenklich die Lippen zusammen und nickte dann, als würde ihm das Konzept einleuchten. Trotzdem war Mom nicht bereit nachzugeben. Sie griff über den Tisch nach meiner Hand. »Hör zu, Jamie. Es gibt einfach ein paar Dinge, die du in deinem Alter noch nicht wirklich beurteilen kannst. Seit es Hollywood gibt, sorgen PR-Agenten dafür, dass Filmstars in der Öffentlichkeit gesund, glücklich und drogenfrei erscheinen. Wenn du wirklich glaubst, dass Willow Twine wieder ganz in Ordnung ist, nur weil ihr Manager will , dass du der Welt zeigst, dass sie wieder in Ordnung ist, dann ist es sogar noch schlimmer als ich dachte. Diese Leute spannen dich für ihre Zwecke ein.«
Jetzt war ich diejenige, die schnaubte. »Toll, Mom. Hältst du mich wirklich für so naiv?«
»Das habe ich doch überhaupt nicht gesagt. Aber Willow Twine ist nun mal Schauspielerin. Und wenn es darum geht, ihre Karriere zu retten, wird sie sich sicher große Mühe geben, die Rolle ihres Lebens zu spielen.«
»Aber es ist kaum vorstellbar, dass sie es tatsächlich schaffen würde, diese Rolle eine Woche durchzuhalten«, gab Dad zu bedenken.
»Und was ist, wenn Jamie nach ein paar Tagen herausfindet, dass Willow Twine alle paar Stunden im Bad verschwindet, um sich ein Näschen Koks zu genehmigen?«, fragte Mom ihn aufgebracht. »Was soll sie dann machen?«
»Dann ruft sie ein Taxi, lässt sich zum Flughafen fahren und fliegt mit der nächsten Maschine nach Hause«, sagte Dad.
»Außerdem ist Avy doch in L.A.«, warf ich ein. »Im Notfall kann ich auch jederzeit zu ihm.«
»Dein Freund, der von zu Hause abgehauen ist?« Mom lachte höhnisch. »Na dann bin ich ja beruhigt.«
»Du bist total ungerecht!«, rief ich. »Seine Eltern bezahlen ihm inzwischen sogar die Schule, auf die er dort geht.« Über die wachsende Entfremdung, die ich zwischen Avy und mir spürte, sagte ich wohlweislich nichts. Aber ich wollte auch selbst nicht daran glauben. Ich wollte, dass alles so sein würde wie immer, wenn wir uns wiedersahen.
Dad räusperte sich. »Ist dir bewusst, dass Jamie jetzt schon seit drei Jahren fast täglich fotografiert, Carol? Und dass sie in dieser Zeit Dinge erreicht hat, die viele Fotografen in ihrem ganzen Leben nicht erreichen? Ja, vielleicht ist es nur eine Phase, aus der sie herauswächs t …«
»Dad!«, protestierte ich beleidigt.
Er hob die Hand. »Lass mich doch erst mal ausreden, Süße. Vielleicht ist es nur eine Phase, vielleicht aber auch der Beginn von etwas ganz Großem. Das kann keiner von uns wissen. Aber ich weiß, dass es nach allem, was sie bisher erreicht hat, unfair wäre, ihr nicht zu erlauben, diesen Auftrag anzunehmen. Komm schon, Carol. Irgendwann werden sie alle mal flügge. Natürlich machst du dir Sorgen, weil sie zum ersten Mal in ihrem Leben ganz allein weit weg von zu Hause sein wird, aber unser Mädchen ist eine abgebrühte New Yorkerin, und wer sich in dieser Stadt Tag für Tag allein zurechtfindet, der schafft es in L.A. erst recht.« Er wandte sich mir zu und sah mich streng an. »Aber nur, wenn du dich jeden Tag bei uns meldest, verstanden?«
»Versprochen.« Ich spürte, wie mein Herz hoffnungsvoll schneller schlug. Vielleicht reichte das ja als Argument, um Mom zu überzeugen.
Im Wohnzimmer stieß Alex einen gedämpften Klagelaut aus, als würde er etwas wollen. Meine Eltern sahen sich einen Moment lang an, dann stand Dad auf. »Ich seh mal nach, was er will.«
Mom wartete, bis er den Raum verlassen hatte, und wandte sich dann wieder mir zu. Überrascht sah ich, dass ihre Augen feucht schimmerten. Sie griff nach meiner Hand. »Versprichst du mir etwas?«
Ich sah sie unsicher an. »Was soll ich dir denn versprechen?«
»Versprich mir, dass du nicht auch nach L.A. fährst und nicht mehr zurückkommst.«
Der Gedanke wäre mir nie gekommen. »Klar, Mom. Das würde ich doch nie machen.«
Eine Träne rollte ihre Wange
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