Familie Zombie
Der Friedhof war zudem eine Gegend, die Chicago nicht gefiel. Nun, er hatte keine Angst vor Friedhöfen wie viele andere Menschen, ihm ging es mehr um die Umgebung. Er lag recht einsam und außerhalb eines Ortes. Die Einheimischen ließen sich hier nicht begraben, sie besaßen ihren eigenen Friedhof. Der hier war für Fremde angelegt worden. Für Touristen, die verunglückten, oder die Opfer von Verkehrsunfällen, die ebenfalls fremd waren und nicht in ihre Heimatstädte überführt wurden. Also alles Menschen, die eigentlich nicht so recht in die südliche Region der Grampian Mountains gehörten.
Da reihte sich ein Berg an den anderen, und in den oberen Regionen leuchtete der helle Schnee. Er war auch bis in die Tallagen hineingefallen, dort jedoch schnell weggetaut, und so gab es auf dem Friedhof und in dessen Umgebung auch nur noch grauweiße Reste.
Im Laufe der langen Jahre hatten sich zahlreiche Gräber auf dem Gelände angesammelt. Nur waren sie beim ersten Hinschauen kaum zu erkennen, weil es niemand gab, der sich in einer gärtnerischen Arbeit um den Friedhof gekümmert hätte. So konnte das Gelände zuwuchern, und es existierte nur ein Platz, der etwas freier lag. Dort wurden die neuen Gräber geschaufelt, wenn es mal wieder zu Beerdigungen kam.
Devil und Chicago mussten kaum damit rechnen, dass ihnen jemand auf diesem alten Totenacker begegnete und sie heimlich aus einem Versteck hervor beobachtete.
Alles lief auch bei ihnen glatt ab. Mit dem Auto waren sie so weit gefahren wie eben möglich. Am Ende der Straße hatten sie den Wagen abgestellt und sich zu Fuß auf den Weg gemacht.
Der Wind wehte nicht aus Westen oder Norden. Er kam aus südlicher Richtung, was nicht eben oft vorkam. Aber mit den Kapriolen des Wetters mussten sich die Menschen abfinden, und das nicht nur in Schottland, sondern im gesamten Europa.
Chicago stampfte hinter Devil her. Er war kleiner, aber breiter in den Schultern. Auf seine Glatze war er zwar stolz, doch sie verschwand bei ihm immer unter einer Wollmütze.
Den Job machte er zum ersten Mal. Man hatte ihn zwar eingeweiht, allerdings nur in der Theorie. In der Praxis musste er sich noch bewähren. Aber Devil war sich sicher, die Dinge in die Reihe bringen zu können. Die alten Gebeine ließen sich blendend verkaufen. Devil kannte genügend Leute, die sich dafür interessierten und auch einen anständigen Betrag auf den Tisch blätterten.
Da ihm die Arbeit allein zu mühsam geworden war, hatte er sich einen vertrauenswürdigen Partner gesucht und ihn in Chicago gefunden. Den Friedhof kannte er gut. Er hatte ihn schon mehr als einmal besucht und auch alte Knochen gefunden. Je älter sie waren, desto mehr Geld konnte er für sie verlangen. Außerdem war er dafür bekannt, dass er die Leute nicht übers Ohr haute.
Der alte Friedhof lag an einem Hang. Wäre er nicht so zugewachsen gewesen, hätte man von ihm aus einen wunderbaren Blick in das Tal und in den Ort gehabt. Da sich hier niemand um ihn kümmerte, waren das Unkraut, das Unterholz und die Bäume förmlich in die Höhe geschnellt.
Es gab auch keinen normalen Weg mehr. Beide Männer mussten sich durch das winterliche Gelände schlagen. Devil machte es nichts aus. Er ging mit raumgreifenden Schritten voran und räumte alle Hindernisse mit heftigen Armbewegungen zur Seite.
Er wich auch den ersten alten Steinen aus, die man früher noch gesetzt hatte. Der hinter ihm gehende Chicago sah die Steine zu spät. Als er stolperte, fiel er zwar nicht hin, aber er fluchte, weil er sich das Knie gestoßen hatte.
»Was ist?«
Chicago rieb sich das Knie. »Schon gut.«
»Du musst aufpassen.«
»Ich weiß, aber Friedhöfe sind nicht mein Fall.«
»Bei mir musst du dich an alles gewöhnen. So leicht ist die Kohle auch nicht zu verdienen. In zwei Stunden ist alles vorbei. Dann haben wir genügend Knochen gefunden.«
Chicago lief keuchend hinter Devil her. Er holte ihn auch ein. »Wie viele Gräber willst du denn öffnen?«
Devil blieb stehen und strich sein Haar zurück. Seine Schnürstiefel waren im hohen Gras nicht mehr zu sehen. »Am liebsten jede Menge, aber das wäre nicht gut.«
»Das meine ich auch.«
Devil schlug seinem Partner gegen den Rücken. »Nicht so, wie du vielleicht meinst. Ich habe andere Gründe. Alte Knochen kann ich jede Menge verkaufen, aber das wäre nicht gut. Ich will nicht, dass der Preis gesenkt wird. Man muss ihn künstlich hochhalten, verstehst du?«
»Klar. Irgendwie schon.«
»Super. Dann komm
Weitere Kostenlose Bücher