Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
sich, den Gedanken abzuschütteln. Jetzt hieß es Ruhe bewahren. Bevor sich die Herero noch weiter in ihre Unheilstheorien hineinsteigerten, musste sie versuchen, sie auf andere Gedanken zu bringen.
» Die meisten eurer Leute sind wieder gesund«, verkündete sie. » Ihr seht also, es erwartet euch kein Unglück. Wenn ihr wollt, könnt ihr sie noch heute mit nach Hause nehmen.«
Wie erwartet, ließen sich die Dorfbewohner schnell ablenken. Sie drängten an ihr vorbei, um ihren Angehörigen die gute Nachricht zu überbringen.
*
Saburi erwachte aus einem schweren Traum. Schweiß stand auf ihrer dunklen Stirn, und sie fühlte das Böse in ihrer Nähe. Zitternd vor Angst richtete sie sich auf. Es war dunkel. Lediglich das fahle Mondlicht, das durch den schmalen Eingang ihrer Hütte fiel, erhellte den Raum ein wenig. Der dreijährige Nuru schlief friedlich neben ihr. Dann hörte sie draußen etwas rascheln. Sie lauschte in die Dunkelheit. Da war es wieder, das Geräusch. Es hörte sich nach einem wilden Tier an. Wie die anderen Bewohner von Owitambe hatte auch sie von dem seltsamen Affen gehört. Ob er zurück auf die Farm gekommen war? Es lag nun schon beinahe drei Jahre zurück, dass der Sangoma sie verflucht hatte, aber die Furcht vor seinem bösen Zauber war nie ganz verschwunden. Plötzlich spürte sie einen eisigen Windhauch, der durch die Öffnung in ihre Hütte kroch. Saburis Augen weiteten sich vor Schreck, als sich der Eingang vor ihrer Hütte verdunkelte und sie ein hässliches Lachen hörte.
*
Wie jeden Morgen saß der alte Johannes am Küchentisch und trank seinen Kaffee. Er versteckte sich hinter der Zeitung, die ihnen jede Woche zugestellt wurde, und machte sich so seine Gedanken. Immer öfter wanderten sie zurück in die Vergangenheit und hakten sich dort fest, besonders seit sein Enkel Benjamin verschwunden war. Er gab sich selbst einen Teil der Schuld daran, dass der Junge nie gefunden worden war. Wäre er nur ein paar Jahre jünger gewesen, hätte er seine Suche in der Wildnis weiter ausdehnen können. Es wäre ihm dann sicherlich gelungen, die Spuren des Jungen wiederzufinden. Früher, ja, da war er noch zu etwas nütze gewesen …
Sarah kam mit Gustav und Margarete in die Küche. Sie stürmten sofort auf den Großvater zu und erzählten ihm aufgeregt von dem Stachelschwein, das sie aus Großmutter Sarahs Garten vertrieben hatten. Gustav zeigte ihm stolz den langen Stachel, den das Tier auf seiner Flucht abgeworfen hatte.
» Das ist mein Schwert«, verkündete der Zweijährige stolz. Johannes bewunderte die Trophäe des Jungen gebührend und strich ihm liebevoll über seinen krausen, braunen Schopf. Von all seinen Enkeln sah Gustav Sarah am ähnlichsten. Bei ihm trat sein Himbablut am deutlichsten zutage. Während Margarete und Benjamin durchaus als reinblütige Weiße durchgehen mochten, war Gustavs Erbe nicht zu verleugnen. Seine Haut war dunkler als die seines Vaters, zwar nicht so dunkel wie Sarahs, aber doch eindeutig negroid. Johannes nahm sich vor, auf ihn besonders zu achten.
» Schau, Oma hat mir eine Puppe gemacht«, meinte nun auch Margarete und versuchte sogleich auf seinen Schoß zu klettern. Johannes half ihr und setzte sie auf sein Knie. Natürlich wollte nun auch Gustav auf seinen Schoß und forderte sofort ein » Hoppe-hoppe-Reiter«-Spiel. Johannes grummelte ein wenig, aber dann ließ er die Zwillinge immer abwechselnd auf seinen Knien hopsen. Sie quietschten vergnügt und juchzten vor Freude, als er sie schließlich nach hinten überfallen ließ.
Sarah lachte ebenfalls aus vollem Herzen. Bei all dem Leid, das nach Benjamins Verschwinden über sie alle gekommen war, war sie dankbar, dass sie die Zwillinge so oft bei sich hatte. Gemeinsam mit Isabella kümmerten sich die beiden Großmütter mit Hingabe um die Kleinen. Johannes fiel plötzlich ihr Strahlen auf. So schön war ihm seine Frau schon lange nicht mehr erschienen. Plötzlich stellte er ein schon lange verloren geglaubtes Gefühl bei sich fest. Behutsam setzte er seine Enkel wieder ab und erhob sich. Seine Schritte waren mittlerweile etwas ungelenk, als er sich Sarah näherte und sie bei der Hand nahm. Erstaunt über die unerwartete Annäherung sah sie ihn an.
» Ist etwas?«, fragte sie erstaunt.
Johannes grunzte. » Eigentlich nicht!« Plötzlich kamen ihm seine sentimentalen Gefühle ziemlich lächerlich vor, und er genierte sich. Eigentlich wollte er Sarah sagen, wie schön sie war und dass er sie liebte, aber
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