Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
an.
» Verschwinde von hier!«, befahl sie kalt. Sie saß immer noch auf dem Boden, doch nun war es ihre Haltung, die dem Sangoma Ehrfurcht gebot. » Wenn ich dich noch einmal hier sehe, wird dich dasselbe Schicksal ereilen wie deinen Trickster, den Affen.«
Die Gestalt des Sangoma schrumpfte noch mehr in sich zusammen. Mit einem Mal war er nicht mehr als ein ängstlicher, nicht einmal besonders kräftiger Mann. Trotzdem hatte Jella für ihn nichts als Verachtung übrig. Sie wusste nicht, woher sie das Wissen hatte, dennoch war sie sich sicher, dass dieser Mensch nie wieder anderen würde Schaden zufügen können. Seine Kraft war gebrochen. Mit schleppenden Schritten machte er sich davon. Dann fiel ihr noch etwas ein. Damit auch die Einheimischen ihr glaubten, musste er noch etwas für sie tun. » Das war noch nicht alles! Bevor du gehst, wirst du alle bösen Totems von unserer Farm entfernen. Jeder hier auf der Farm muss es sehen. Gleichzeitig wirst du uns allen ein langes Leben und Gesundheit wünschen. Hast du mich verstanden?«
Der Sangoma zuckte zusammen. Sein Gesicht wurde von Hass und Demütigung verzerrt. Doch ein wütendes Zischeln der Python genügte, um ihn eingeschüchtert zum Einlenken zu bewegen. Jella nickte zufrieden. Sie machte sich auf den Weg zum Haus, ohne sich noch einmal umzusehen. Mittlerweile hatte sich die Sonne eine Handbreit über den Horizont erhoben. Auf der Farm begann bereits das tägliche Leben. Sie zeigte auf das Totem, das direkt vor Saburis Hütte stand. » Du kannst gleich mit dem Zerstören des bösen Zaubers beginnen«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. » Ich werde mich selbst davon überzeugen, dass du nichts vergisst.«
Melinda
Debe lief nach seiner Flucht die ganze Nacht hindurch. Sein Körper war von der monatelangen Haft so geschwächt, dass er immer wieder Pausen einlegen musste. Dennoch kämpfte er sich tapfer weiter. Der Gedanke an Freiheit trug ihn voran. Bei Sonnenaufgang suchte er sich einen Unterschlupf. Er verkroch sich in einem Erdbau unter einem Felsen, der den Spuren nach zu urteilen ansonsten von einem Honigdachs bewohnt wurde. Sofort fiel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Als er wieder erwachte, neigte sich die Sonne bereits gen Westen. Der junge Buschmann rappelte sich auf und lauschte in die Landschaft. Alles schien friedlich zu sein. Wie es schien, hatten seine Verfolger seine Spur noch nicht aufgenommen. Er sah sich um. Um ihn herum war immer noch karge Wüste, doch vor ihm wurde die Landschaft hügeliger und ging schließlich in ein hohes Gebirge über. Alles hier war Debe fremd. Keiner seiner Leute war jemals so weit nördlich gewandert. Seine größte Sorge war, dass er kein Wasser finden könnte. Doch diese Angst war unbegründet. Nachdem er einige Stunden später die Wüste verlassen hatte, stellte sich die hügelige Landschaft aus rötlichem Gestein als überaus fruchtbar heraus. Es gab Flüsse, die ständig Wasser führten, und grünes Gras mit reichlich Feldfrüchten. Trotz des Überflusses litt Debe immer noch unter den Folgen seines Alkoholmissbrauchs. Zwar hatte er schon seit Monaten wegen seiner Gefangenschaft nichts mehr getrunken, doch seine Gedanken kreisten weiterhin um die Droge, die ihm sein Leben erträglicher machte. Wieder lief er einen Großteil der Nacht hindurch. Er orientierte sich an den Sternen, die ihn immer weiter in Richtung Nordwesten führten. Am nächsten Morgen hatte er das Hügelland fast durchquert. Er befand sich nun am Rande eines schroffen Gebirges, das sich wie eine unüberwindbare Wand vor ihm auftürmte. Hin und wieder stieß er auf Spuren von Menschen. Den Fährten nach zu urteilen waren es keine Weißen, sondern Himba mit ihren Rinderherden. Debe ging ihnen aus dem Weg. Sie mochten ihn als Viehdieb betrachten und ihm Böses wollen. Die Einsamkeit war außerdem sein Verbündeter. Hier in der freien Natur gelang es ihm viel besser, seinen Geist gegen die quälenden Llangwasi abzuschirmen, und er fühlte, wie er wieder ruhiger wurde. Bei seiner Flucht hatte er alles zurücklassen müssen. Er besaß nur die zerrissene Hose und den alten durchlöcherten Wollpullover auf seinem hageren Leib. Auf seinem Weg hielt er nach einem scharfkantigen Stein Ausschau, den er als Messer benutzen konnte. Auch am dritten Tag seiner Flucht wagte er es nicht, eine längere Pause einzulegen. Die Gefahr, dass seine Verfolger ihn einholen könnten, war ihm zu groß. Die Weißen besaßen Pferde und waren daher wesentlich schneller
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