Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
Beweis genug für seine Macht. Solange dieser Mann hier sein Unwesen trieb, war der kleine Nuru nicht sicher. Es war gut möglich, dass jemand von der Farm ihn sogar heimlich auslieferte. Sie musste sich dem Sangoma stellen.
» Nun gut. Wir treffen uns eine Stunde vor dem Morgengrauen unter dem großen Baum in dieser Richtung«, lenkte sie schließlich ein. Bis dahin waren noch einige Stunden Zeit. Auf dem Gesicht des Zauberers tanzte ein triumphierendes Lächeln, als er wieder mit der Dunkelheit verschmolz.
*
Jella blieb nicht viel Zeit bis zur Morgendämmerung. Sie hatte zwar den festen Willen, dem Scharlatan endlich das Handwerk zu legen, aber keine genaue Vorstellung, wie sie das bewerkstelligen konnte. Auf die Idee, Fritz zu wecken und ihn gar um Rat zu fragen, kam sie erst gar nicht. Es war eine Sache zwischen ihr und diesem Zauberer. Sie machte sich in der Küche eine starke Tasse Kaffee und setzte sich damit auf die beleuchtete Veranda. Irgendwo da draußen lauerte der Sangoma. Gut möglich, dass er sie sogar beobachtete.
Er soll sehen, dass ich mir überhaupt nichts aus ihm mache, dachte sie grimmig. Doch tief in ihrem Innern war sie bei Weitem nicht so zuversichtlich. Sie wusste nur zu gut, dass sie sich auf ein gefährliches Spiel eingelassen hatte. Um den Zauberer auf Dauer einzuschüchtern, musste sie ihn auf psychologischer Ebene kleinkriegen. Der Mann war eitel und herrschsüchtig – und er verfügte zweifelsohne über eine Menge Kenntnis in afrikanischer Magie. Jella stellte längst nicht mehr infrage, dass es in Afrika Dinge gab, die man mit dem Weltblick eines Europäers nicht erklären konnte. Sie hatte sich bereitwillig von Nokoma unterweisen lassen. Aber war sie nun wirklich bereit, sich mit einem Meister dieses Fachs zu messen?
Sie lehnte sich auf ihrem Lehnstuhl zurück und betrachtete den Himmel. Immer noch huschten Wolkenschwaden über ihn hinweg. Allerdings waren sie so licht geworden, dass sie den Mond und einige Sterne hervorblitzen sah.
Nakeshi! Jella fühlte ihre Nähe und öffnete bereitwillig ihren Geist. Was soll ich nur tun?, fragte sie verzagt. Sie wartete auf den Widerhall ihrer Gedanken und konnte ihn bald wahrnehmen. Denke an die Kraft, die in dir wohnt, riet ihr die Sternenschwester. Dein Num ist groß genug, um es mit dem Zauberer aufzunehmen. Ich werde bei dir sein! Nakeshis beruhigende Worte machten sie schläfrig. Jellas Augenlider wurden immer schwerer, bis sie schließlich einschlief.
Sie erwachte durch ein unangenehmes Zucken, als ihr Kopf plötzlich nach vorne sackte. Erschreckt fuhr sie auf und sah nach der Uhr. Es wurde Zeit, sich auf den Weg zu machen. Bevor sie zu der Lichtung unter dem großen Mankettibaum ging, holte sie noch einige Dinge aus ihrem Labor, die sich vielleicht als nützlich erweisen mochten: etwas Magnesium, ein Feuerzeug und einige Kräuter, die Nokoma immer in die Glut schmiss, um sich in Trance zu versetzen. Dann vergewisserte sie sich, dass Nuru bei Teresa und Samuel in sicherer Obhut war; erst dann ging sie zur Lichtung. Der Sangoma war noch nicht da. Sie nutzte die Zeit, um ein Feuer zu machen. Als es einigermaßen abgebrannt war, warf sie eine Handvoll Kräuter in die Glut. Ihr würziger Duft stieg ihr angenehm in die Nase und öffnete ihre Lungen. Die Nacht begann bereits dem Morgengrauen zu weichen. Immer noch war keine Spur von dem Zauberer zu sehen. Jella spielte nervös mit Nokomas Schlangenanhänger. Sie trug ihn als Erinnerung an den alten Medizinmann. Ob die riesige Python sich immer noch in der Nähe des Mankettibaums aufhielt? Sie war nach ihrem damaligen Erlebnis noch oft hierhergekommen, hatte die Schlange aber nie mehr angetroffen. Nur in den Träumen war sie ihr erschienen. Mittlerweile war sie sich nicht mehr sicher, ob ihr ihre Fantasie nicht damals einen Streich gespielt hatte.
» Wo ist der Junge?«
Der Sangoma war so unvermittelt aufgetaucht, dass Jella einen furchtbaren Schreck bekam. Bei seinem Erscheinen war sie merklich zusammengezuckt, was dem Zauberer ein zufriedenes Grinsen entlockte. Breitbeinig stand er ihr in seinem Leopardenfell gegenüber. Auf seinen Schultern saß der grässliche Affe und feixte. Sein Gesicht hatte der Sangoma neu mit weißer Farbe bemalt, was seine großen glühenden Augen noch furchterregender machte. Jella versuchte sich davon nicht einschüchtern zu lassen. Sie ärgerte sich zudem maßlos, dass er sie hatte überrumpeln können und sie ihm diese anfängliche Schwäche gezeigt
Weitere Kostenlose Bücher