Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
begeistert vor. » Sie müssen einfach alle kommen. Es wird herrlich werden! Endlich ist mal wieder etwas los auf Owitambe!«
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Raffaels bevorstehende Ankunft brachte Leben auf die Farm. Alle stürzten sich voller Eifer in die Vorbereitungen zu dem Willkommensfest, bei dem sich nach langer Zeit wieder einmal alle Familienmitglieder treffen würden. Fritz und sein Vorarbeiter Matteus beschlossen, ein Schwein zu schlachten, das die Frauen zerlegen und daraus Blut- und Leberwürste, Schinken und Bratfleisch machen sollten. Fritz’ Mutter Imelda und ihr zweiter Ehemann Rajiv bestanden darauf, aus ihrem Kolonialwarenladen ein Fass Bier beizusteuern. Teresa musste Brot und Kuchen backen, und Sarah brachte frisches Gemüse und Salat aus ihrem Garten. Jellas Halbbruder Raffael war vor beinahe vier Jahren allein nach London aufgebrochen, um dort ein Jurastudium zu beginnen. Die Aufnahme in die Eliteuniversität » Inner Temple« war für ihn als Mischling eine besondere Ehre gewesen. Mit seinem nun erworbenen Examen als Barrister hatte er eine Zulassung an allen englischen Obergerichten erworben und somit auch eine Anwaltszulassung in Südafrika und seiner unter südafrikanischem Mandat stehenden Heimat Südwestafrika. Das war auch der Grund gewesen, weshalb er nicht in Berlin, der Heimat seines Vaters Johannes, studiert hatte. Ein deutsches Examen wäre hier in Afrika niemals anerkannt worden.
Fritz hatte inzwischen das Funkgerät wieder repariert und herausgefunden, dass das Dampfschiff aus Europa schon am übernächsten Tag in der Walfischbay ankommen würde. Raffael hatte sich kurz darauf ebenfalls per Telegramm gemeldet und ihnen mitgeteilt, dass er noch einen kurzen Zwischenstopp in Windhuk einlegen werde, bevor er nach Hause käme. Kurz entschlossen hatte Fritz Sonja und ihrem Sohn angeboten, sie im Bakkie nach Windhuk zu bringen, um Raffael am Bahnhof zu überraschen. Gleichzeitig wollten sie Ricky abholen und mit auf die Farm bringen. Jella war das nur recht. Auf diese Weise gewann sie etwas Zeit, um sich um das Einräumen der mitgebrachten Medikamente zu kümmern und den neuen Äthernarkoseapparat näher in Augenschein zu nehmen. Auf diese neue Errungenschaft freute sie sich ganz besonders. Immer wieder war es erforderlich, kleinere und manchmal auch schwierigere Operationen in ihrem kleinen Lazarett durchzuführen. Oft reichte die Zeit nicht, um die Patienten in ein richtiges Krankenhaus zu bringen. Sie hatte immer ein ungutes Gefühl dabei gehabt, nicht weil sie sich vor den Eingriffen selbst fürchtete, sondern weil sie vor den Folgen der Narkose äußersten Respekt hatte. Ohne eine richtige Dosierungsmöglichkeit des Äthers lief sie Gefahr, dass der Patient zu wenig oder zu stark betäubt wurde. Hinzu kam, dass manchen Patienten während der Narkose die Zunge nach hinten klappte und sie keine Luft mehr bekamen. Vor noch gar nicht langer Zeit wäre ihr um ein Haar ein Patient auf dem Operationstisch erstickt, wenn es ihr nicht mit dem Ende eines Löffels gelungen wäre, die Zunge beiseitezuschieben, um die Atemwege wieder freizubekommen. Fritz hatte ihr danach dringend geraten, sich einen der neumodischen Äthernarkotisierapparate sowie einige andere Hilfsgeräte für die Anästhesie zu beschaffen. Der bewährte Ombredanne-Inhalator war sowohl handlich als auch äußerst leicht einzusetzen. Er bestand aus einer etwa zwanzig Zentimeter großen Metallkugel, die mit Gaze gefüllt war. Daran war auf der einen Seite ein Luftbehälter aus einer Schweinsblase befestigt, während sich auf der anderen Seite der Kugel eine Gesichtsmaske mit einer Gummidichtung befand. Die Kugel selbst wurde mit Äther befüllt. Eine Kontrollröhre mit einem Zeiger gab genau an, wie viel von dem Narkosemittel der Patient über die Gesichtsmaske inhalierte. Um das Zurückfallen der Zunge zu verhindern, hatte Jella sich eine praktische Zungenzange bestellt. Eine andere Zange, die » Rose’sche Mundsperre«, sollte verhindern, dass der Patient seine Zähne während des Wegdämmerns zu fest zusammenpresste. Die geschlossenen Enden der Zange liefen in einem Keil aus, den man zwischen die Zahnreihen schieben konnte. Durch das Zusammendrücken des Handgriffs wurden die Keile auseinandergespreizt und öffneten so den Mund. Das war bei längeren Operationen wichtig, wenn es nötig war, den Kranken zu intubieren. Dafür hatte Jella sich mehrere Tuben kommen lassen sowie ein u-förmiges Laryngoskop, um die Luftschläuche behutsam in die
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