Familientherapie ohne Familie
Kontakt, um überhaupt in Verbindung zu treten.
Praktisch alle Kollegen, mit denen ich zu tun hatte, waren in der Gefahr, sich zu sehr in die Sichtweise des Patienten einzudenken und sich damit nach einiger Zeit genauso hilflos zu fühlen wie dieser. Hier muss die richtige Gesprächstechnik helfen, dies zu vermeiden.
Zu Beginn eines Erstgespräches ist es sicherlich wichtig zu begreifen, wie der Patient seine Beschwerden sieht. Es ist günstig, dem Patienten einige Zeit zu geben, um Dinge vorzubringen, die er auf dem Herzen hat. So kann der Therapeut an der inneren Sichtweise des Patienten »andocken«.
Dann aber muss der Therapeut bereits beginnen, nach einer neuen Realität zu suchen, indem er Fragen stellt, die das Problem neu beleuchten. Dies mag technisch klingen, ist aber notwendig, da von der Perspektive des Patienten ein geradezu hypnotischer Sog ausgeht. Schließlich hatten die meisten Patienten auch genügend Zeit, sich die Dinge überzeugend zurechtzulegen. Im Zweifelsfall empfehlen wir, eher früher als später mit eigenen Fragen zu beginnen.
Eine Hilfe können Notizen sein, die sich der Therapeut während des Gespräches macht. Dabei ist es hilfreich, selektiv zu notieren. Man braucht nur die Elemente aufzuschreiben, die für die Konstruktion einer neuen Wirklichkeit vermutlich zu gebrauchen sind. Dazu werden erste Ideen für Anerkennungen oder Umdeutungen entwickelt. Gleichzeitig kann das Schreiben auch eine Möglichkeit sein, einmal bewusst »wegzuhören«, um Abstand zu gewinnen und neue Fragen zu finden.
Eine weitere Möglichkeit, Abstand zu gewinnen, sind Pausen im Gespräch. Sie sind nicht nur einmal am Ende denkbar, sondern auch in allen Situationen, in denen der Therapeut sich festgefahren fühlt.
Ist ein Team hinter der Einwegscheibe oder ein Video notwendig?
Ein Team hinter einer Einwegscheibe bzw. am Monitor ist kein Selbstzweck, sondern eine weitere Möglichkeit, Abstand vom Problem zu gewinnen. Dementsprechend ist ein Team umso notwendiger, je weniger ein Therapeut Abstand vom Patienten, der Familie oder dem Problem hat.
Viele Therapeuten benutzen das Instrument »Team« nicht in der täglichen Routinepraxis. Das ist auch nicht unbedingt nötig. Es gibt viele Formen, wie Abstand und Anregung von außen in die Sitzung mit hineinkommen können. Manche Kollegen, die in Institutionen arbeiten, treffen sich zum Beispiel in der Gesprächspause mit einem anderen Kollegen, ohne dass dieser die Therapie selbst beobachtet hätte. Durch einen kurzen Meinungsaustausch können neue Ideen auftauchen, die sonst verborgen geblieben wären.
Wie soll man mit langen Schweigepausen im Gespräch umgehen?
Schweigepausen kommen in jeder Therapie vor. Sie können viele positive Effekte haben. In dieser vorgestellten Art der Kurztherapie können solche Pausen auch problematische Aspekte haben. Wenn etwa gegen Ende der Sitzung eine Pause auftritt, so muss man nicht notwendigerweise ausharren, bis die vorgesehene Zeit abgelaufen ist. Der Therapeut kann dann fragen, ob im Gespräch alles Wichtige besprochen wurde. Und er kann das Gespräch unterbrechen, um die Intervention vorzubereiten.
Pausen haben eine eigene Dynamik in der Therapie. Durch Pausen werden Patienten wieder in ihre eigene Realität zurückversetzt. Sie denken in dieser Zeit in den Dimensionen der Landkarte, mit der sie nicht weitergekommen sind. In diesem Denkmuster werden sie sich selbst eher abwerten oder
nach einigem Nachdenken noch weitere Schwierigkeiten und Probleme entdecken. Selten bis nie kommt es daher vor, dass ein Patient langes Schweigen mit interessanten Lösungsmöglichkeiten unterbricht.
Daher ist es manchmal sinnvoll, Pausen zu unterbrechen. Als Konsequenz werden die Therapiestunden auch selten exakt 50 Minuten oder eine andere vorgegebene Zeit umfassen. Besonders wenn Patienten in einer Therapie rasche Fortschritte machen, dauern die Therapiesitzungen meist kürzer. Das meiste ist dann bereits besprochen. Spricht man andere Ziele oder Probleme an, lediglich weil noch Zeit vorhanden ist, führt dies in der Regel zu längeren Therapien. Viele Patienten sind in der Lage, beliebig viele neue Probleme zu präsentieren und so den Therapeuten immer endlos zu beschäftigen.
Sind Pausen und Interventionen notwendig?
Durch gutes Fragen lassen sich viele neue Gedanken in eine Therapie einbringen. Eine Intervention ist nur noch einmal die Verdichtung der durch Fragen entwickelten Lösungsmöglichkeiten.
Der größte Vorteil der
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