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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Du trägst ja nicht mal ’nen Ring!“ Sie kicherte, während ihre flinken, gelenkigen Finger damit beschäftigt waren, seine Jacke auf zuknöpfen, die Krawatte zu lösen und ihm ein Kleidungsstück nach dem anderen abzustreifen.
    Newman hätte sich nicht vorstellen können, daß Frauenhände so rasch und geschickt arbeiten konnten. Er ergab sich, resigniert seufzend, ins Unvermeidliche…“
    Julius Nagy kochte vor Wut und Empörung. Er schlurfte durchs menschenleere Finstergäßchen zurück, weil niemand damit rechnete, daß man auf demselben Weg zurück kam.
    Jetzt war er zum zweitenmal überfallen und misshandelt worden! Zuerst von diesem Kerl im Zug – und jetzt hier.
    Nagys gekränkter Stolz schmerzte mehr als die blauen Flecken an seiner Kehle. Nur der Engländer, dieser Robert Newman, hatte ihn wie einen Menschen behandelt. Aber dafür würde er sich an den anderen rächen! Nagy erreichte die Einmündung und blickte vorsichtig nach links und rechts die Münstergasse entlang. Nirgends war ein Mensch zu sehen. Er klappte fröstelnd den Kragen seines abgetragenen Mantels hoch und ging nach links in Richtung Münster.
    „Keinen Laut, sonst kriegst du ’ne Kugel in den Rücken!“
    Dieser auf Deutsch ausgesprochenen Drohung folgte ein handgreiflicher Beweis: harter Stahl, der Nagy in den Rücken gepreßt wurde. Eine Pistolenmündung. Nagy erstarrte vor Angst, er war wie gelähmt.
    „Weitergehen!“ befahl die Stimme. „Aber sieh dich nicht um.
    Das wäre der letzte Fehler deines Lebens. Los, weiter! Über die Gasse und in Richtung Münsterplatz!“
    Auf der Gasse war noch immer niemand. Um diese Zeit schien ganz Bern daheim beim Abendessen zu sitzen. Nagy überquerte gehorsam die Münstergasse, spürte weiter die Pistole in seinem Rücken und hoffte inständig, daß ein Streifenwagen vorbeikommen würde.
    „Jetzt um den Münsterplatz herum – auf dem Pflaster bleiben …“
    Der Unbekannte mit der Pistole wußte genau, was er tat.
    Das wurde Nagy mit wachsendem Entsetzen klar. Auf diese Weise blieben sie überwiegend im Schatten. Jenseits des Platzes ragte die riesige Fassade des Münsters mit dem eingerüsteten Turm auf.
    Nagy erriet allmählich, daß ihr Ziel die Plattform sein würde, der große parkartige Platz neben dem Münster und hoch über der Aare. Er wurde durchs Tor gestoßen und in Richtung Begrenzungsmauer geschoben. Die kahlen Bäume ragten skelettartig in den Nachthimmel auf, das einzige Geräusch war das Knirschen des Kieses unter ihren Füßen.
    Nagy, dem trotz der Kälte Angstschweiß übers Gesicht lief, bemühte sich vergeblich herauszufinden, was der andere vor hatte. Sein Verstand versagte ihm jedoch den Dienst.
    „Ich brauche Informationen“, knurrte die Stimme. „Hier können wir ungestört miteinander reden …“
    Das war’s also! Der über die frei liegende Plattform streichende eisige Wind traf sein schweißnasses Gesicht. Im Winter, und erst recht um diese Zeit, kam kein Mensch hierher. Das hatte der Unbekannte sich gut ausgedacht! Der dritte Überfall an einem einzigen Tag! Nagy wollte wütend werden, aber seine Angst war stärker. Er hatte das Gefühl, seine Füße seien plötzlich bleischwer. Sie erreichten die Balustrade an einer weit von dem aus der Badgasse herauf führenden Aufzug entfernten Stelle. Nagy wurde gegen die kalte Mauer gedrückt.
    „Du packst jetzt aus, verstanden? Ich verlange, daß du alle Fragen, die ich dir stelle, prompt beantwortest. Und wehe dir, wenn du lügst!“
    Nagy starrte über den hüfthohen Wall und die Stadt hinweg auf die in dieser eisigen Nacht kaum flimmernden Lichter der Häuser auf dem Bantiger Hubel jenseits der Aare. Die Pistole wurde nicht mehr gegen sein Rückgrat gepresst.
    Plötzlich spürte Nagy, daß zwei Hände seine Fußknöchel wie Stahlklammern umschlossen. Er wurde hochgerissen und nach vorn über die Mauer geschleudert. Nagy stieß einen lauten Schrei aus und warf die Hände nach vorn, als könne er dadurch seinen Sturz abmildern. Die 30 Meter tiefer vorbeiführende Badgasse schien ihm rasend schnell entgegen zukommen. Nach einem dumpfen Aufprall verstummte der Schrei. Auf der Plattform knirschte der Kies unter sich entfernenden Schritten.

15
    Newman erreichte auf Umwegen die „Taubenhalde“, das Präsidium der Schweizer Bundespolizei.
    Er entwickelte allmählich eine fast neurotische Angst vor Schatten – und nicht nur vor den Schatten unter den Arkaden.
    Newman hatte Nagys Schritte gehört, aber Lee Foleys

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