Fangjagd
einen Schritt auf den Amerikaner zu. „Er hat mich beschattet, deshalb ist das meine Entscheidung! Sie sollen ihn loslassen, hab’ ich gesagt!“
Foley verzog angewidert das Gesicht, ließ Nagy aber los, der seine Kehle betastete, krampfhaft schluckte und dann seine Krawatte zurecht rückte. Der Ungar hatte es wider Erwarten nicht besonders eilig, um die nächste Ecke zu verschwinden, sondern starrte Newman weiterhin an, als versuche er, ihm eine stumme Botschaft zu übermitteln. Als Foley ihm einen Stoß gab, schlurfte er durchs Finstergäßchen davon, er drehte sich jedoch nochmals um, und sein Blick suchte erneut den des Engländers.
„Wir beide müssen uns unterhalten“, stellte Foley fest.
„Ich will wissen, wen er photographiert hat – und was auf diesem Zettel steht…“
„Nicht jetzt!“ wehrte Newman ab. „Ich habe einen Termin.
Vielen Dank, daß Sie mich von meinem Schatten befreit haben, aber Ihre Methoden sind ziemlich grob. Manchmal kommt man mit gutem Zureden weiter…“
„Ich überrede die Leute mit einer Pistole, Newman. Ich rufe Sie im Bellevue an. Danach treffen wir uns innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Das sind Sie mir schuldig.“
„Einverstanden!“
Newman ging rasch die Münstergasse entlang und folgte dann der Junkerngasse, die ebenfalls von Lauben, nicht aber von Geschäften gesäumt war. Als er die zur Aare hinab führende gepflasterte Straße überquerte, sah er sich um. Foley war nirgends zu sehen, aber das überraschte Newman keineswegs. Der Amerikaner war zu gerissen, um zu versuchen, ihn zu beschatten. Newman erreichte eine Haustür mit drei Klingelknöpfen, einer vor kurzem installierten Gegensprechanlage und einem Namensschild neben jedem der drei Knöpfe. Erdrückte auf den Klingelknopf, neben dem
B. Singer
stand.
Blanche hatte seinen Rat befolgt oder, echt weiblich, gehofft – erwartet? –, daß Newman kommen würde. Ihre Stimme klang deutlich aus dem Lautsprecher, nachdem er seinen Namen genannt hatte.
„Ich hab’ mir schon gedacht, daß du’s bist, Bob.“
Newman stieß die massive Holztür auf, als der elektrische Türöffner summte. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, während er die ausgetretenen Steinstufen hinaufstieg. Auf dem Treppenabsatz im ersten Stock fiel ihm eine weitere Neuerung auf: In die Wohnungstür war ein Spion eingelassen. Dann öffnete sich die Tür, und Blanche erschien – nur mit einem weißen Bademantel bekleidet – auf der Schwelle.
Als sie zur Seite trat, um Newman einzulassen, gab ihr nur von einem losen Gürtel zusammengehaltener Bademantel ein reizvolles Dekolleté frei. Newman, der es nicht anstarren wollte, senkte den Blick – der auf ein bis übers Knie sichtbares nacktes Bein fiel. Blanche schloss die Wohnungstür, ließ das Sicherheitsschloss einschnappen und legte eine massive Sperrkette vor.
„Blanche, ich habe noch einen Film mitgebracht, den ich entwickelt und von dem ich Abzüge haben möchte.“ Er gab ihr die Filmpatrone. „Nur drei Aufnahmen – und die dritte interessiert mich am meisten. Der Mann, von dem ich sie habe, hat behauptet, es seien nur zwei…“
„Weil ihr nicht allein gewesen seid? Gut, du bekommst die Bilder morgen mit meinen. Nein, was willst du hier draußen?
Zieh doch wenigstens den Mantel aus! Komm, wir können uns dort drinnen unterhalten…“
Dort drinnen
war ein behaglich eingerichtetes Schlafzimmer mit einem großen französischen Bett. Newman blieb davor stehen und drehte sich nach Blanche um. Sie lehnte an der geschlossenen Tür, spielte mit einer tizianroten Haarsträhne und beobachtete ihn ausdruckslos.
„Hör zu, Blanche“, begann Newman, „ich bin eigentlich nur vorbeigekommen, um dir zu sagen, daß du die Sache mit der Klinik Bern vergessen sollst. Seitdem ich weiß, was für rauhe Burschen da mitspielen, ist sie mir zu gefährlich für dich. Du könntest verletzt werden – und das will ich nicht riskieren…“
„Du verletzt mich, wenn du’s nicht riskierst!“
Blanche war mit zwei, drei raschen Schritten bei Newman und schubste ihn leicht gegen die Bettkante, so daß er stolperte und plötzlich rücklings auf die weiße Tagesdecke fiel. Blanche löste den Gürtel, ließ ihren Bademantel von den Schultern gleiten, und Newman sah, daß er richtig vermutet hatte. Sie war darunter nackt gewesen. Blanche fiel über ihn her, bevor er sich aufrichten konnte.
„Ich bin verlobt!“ protestierte er, während ihre Hände über seinen Körper glitten.
„Unsinn!
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