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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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triffst?“
    „Genau das habe ich vor – wenn er kommt. Die Situation in der Klinik wird ihm offenbar unheimlich, deshalb können wir nur hoffen, daß Kobler und die anderen nichts von seinen Bedenken merken. Ich möchte, daß du hier im Hotel bleibst, wenn ich nach Thun fahre. Sollte jemand anrufen und behaupten, ich hätte einen Unfall gehabt, ignorierst du das einfach. Laß dich durch nichts und niemand aus dem Hotel locken! Hast du verstanden?“
    „Du hast dich verändert. Du bist plötzlich so dominierend …“
    „Das waren keine Bitten, das waren Anweisungen“, erklärte Newman nachdrücklich. „Ich kann schließlich nicht ständig auf dich aufpassen!“
    „Das hättest du etwas netter ausdrücken können. Ich…“
    Nancy sprach nicht weiter, denn ein Ober trat an ihren Tisch. Er übergab Newman, der fragend zu ihm aufblickte, einen verschlossenen Briefumschlag.
    „Wer hat Ihnen das gegeben?“
    „Ein ziemlich schäbig gekleidetes Individuum. Er hat Sie genau beschrieben und mich gebeten, Ihnen diesen Umschlag zu übergeben.“
    „Danke.“
    Newman riß den Briefumschlag auf und zog einen Zettel mit einer kurzen Notiz heraus:
Können Sie mich heute um 20 Uhr aufsuchen? Die Situation ist kritisch.
    Beck
    Newman warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    Es war 18.20 Uhr.
    Er schob den Zettel wieder in den Umschlag, faltete ihn zusammen und steckte ihn in seine Brieftasche. Nancy bewegte sich unruhig.
    „Was gibt’s?“ fragte sie schließlich.
    „Die Sache wird allmählich spannend. Ich muss noch einmal fort. Ich weiß nicht, wann ich zurückkomme. Am besten gehst du allein zum Abendessen, ohne auf mich zu warten.“
    „Ist das alles?“
    „Ja, das war alles. Und denk daran: Bleib unter allen Umständen im Hotel…“
    Um diese Zeit wirkte Bern wie ausgestorben. Die Berufstätigen waren schon längst zu Hause, und die Vergnügungssüchtigen würden erst später in die Stadt kommen. Newman überquerte den Casinoplatz und ging auf der rechten Seite der Münstergasse unter den Arkaden weiter. Er hatte das Gefühl, sich in einem Tunnelgewölbe zu bewegen, dessen rechte Seitenwand durch die beleuchteten Schaufenster längst geschlossener Läden gebildet wurde.
    Newman fragte sich, weshalb er so unfreundlich zu Nancy gewesen war. War seine Einstellung ihr gegenüber dadurch beeinflusst worden, daß er vorhin so freundschaftlich mit Blanche gesprochen hatte und die beiden Frauen miteinander verglich? Keine erfreuliche Schlussfolgerung. Aber Becks Aufforderung hatte ihn in seinem Entschluss bestärkt.
    Newman hörte im Unterbewusstsein Schritte hinter sich, die sich seinem Tempo anzugleichen versuchten. Er überquerte die menschenleere Gasse und betrat die gegenüberliegenden Arkaden, ohne sich umzusehen.
    Newmans Entschluss stand jetzt endgültig fest. Bevor er Beck aufsuchte, würde er Blanche einen kurzen Besuch abstatten, um ihr zu sagen, daß er in dieser Sache in Zukunft auf ihre Dienste verzichten müsse. Beck hatte die Situation als
kritisch
bezeichnet, und Beck war kein Mann, der dieses Wort leichtfertig gebrauchte. Newman wollte Blanche nicht in Gefahr bringen. Die Schritte erklangen synchron zu seinen eigenen. Sie waren ihm über die Fahrbahn gefolgt, sie folgten ihm jetzt den Bogengang hinunter. Newman drehte sich nicht um. Das war ein alter Trick. Der Verfolger bemühte sich, das Geräusch seiner eigenen Schritte zu übertönen, indem er in einen Gleichschritt mit dem Verfolgten verfiel.
    Etwa auf halber Strecke zwischen Casinoplatz und Münster kam Newman an dem engen Finstergäßchen vorbei, das seinem Namen durch die nur schwache Beleuchtung einer einzigen Laterne alle Ehre machte. Der Engländer marschierte daran vorbei. Er war auf einen Überfall gefaßt und hielt vorsichtshalber die rechte Hand steif, um sich notfalls mit einem Karateschlag zu wehren.
    „Newman! Hierher! Schnell!“
    Ein heiserer, halblauter Zuruf. Er machte auf dem Absatz kehrt. Am Eingang des Finstergäßchens rangelten zwei Männer miteinander. Der eine war groß und stämmig und trug eine Schirmmütze. Der andere war einen Kopf kleiner.
    Newman ging rasch zurück, während die beiden in dem Gässchen verschwanden. Dann bewegte er sich langsamer und warf einen vorsichtigen Blick um die Ecke.
    Lee Foley hatte seinen linken Arm um den Hals des kleineren Mannes geschlungen. Der Amerikaner trug einen Glencheckmantel und eine karierte Mütze. Der Spazierstock in seiner rechten Hand vervollständigte den Eindruck, daß er

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