Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Cleland
Vom Netzwerk:
gewachsen, das Gesicht gelb wie ein Kadaver, vorstehende Kalbsaugen, die stierten als ob ihn jemand drosselte; die Lippen hielten ein paar große grünliche Zähne beständig auseinandergedrängt, und er roch aus dem Munde. Dabei tat er als ob er eine Schönheit wäre und keine Frau ihn ansehen könnte, ohne sich sofort in ihn zu verlieben. Er bezahlte armen unglücklichen Geschöpfen Unsummen dafür, dass sie ihm die in ihn Verliebten vorspielten, und die weder Kunst noch Geduld dazu hatten, behandelte er brutal. Er suchte rasch immer wieder ein anderes Weib, nicht aus übergroßem Bedürfen, sondern aus Impotenz, und geriet in eine sinnlose Wut, wenn ihn vor dem Genuss die Kräfte verließen. Zu diesem Scheusal hat mich meine gütige Wohltäterin, die eine Kupplerin mit langjähriger Praxis war, verurteilt. Seinetwegen ließ sie mich hinunterkommen, vor ihm hinstehen, und drehte mich nach allen Seiten, deckte mein Tuch auf, pries Form und Farbe meines Busens. Dann ließ sie mich auf- und abgehen, und fand sogar an meinem bäurischen Gang Gelegenheit, das Inventar meiner Reize zu vergrößern. Kurz, sie vergaß nichts. Er nickte nur so, herablassend beifällig, während er mich wie ein Bock anstarrte; denn ich musste ihn manchmal, ich weiß nicht warum, ansehen, um sofort wieder wegzuschauen, wenn ich seinem Blick begegnete, was er wohl für jungfräuliche Schamhaftigkeit oder Ziererei auslegte, ein Idiot und Scheusal wie er war.
    Dann entließ man mich. Phöbe begleitete mich auf mein Zimmer und blieb bei mir, damit ich nicht allein sei und Zeit finden könnte, über das nachzudenken, was da vorging. Aber meine Dummheit war so groß, oder meine Unschuld so ungeheuer, dass mir über die Madame Brown noch immer nicht die Augen aufgingen und ich in dem sogenannten Vetter tatsächlich nichts weiter sah als einen auffallend hässlichen Menschen, der mich weiter nichts anging, als dass er als ein Verwandter meiner Wohltäterin auch etwas von der Ehrfurcht bekommen müsse, die ich ihr bezeige.
    Phöbe bemühte sich, mich für das Scheusal einzunehmen, indem sie fragte, ob es mir lieb wäre, wenn ein so schöner Herr mein Mann werden wollte. Schön nannte sie ihn wohl, weil er sehr reich angezogen war. Ich sagte darauf, dass ich noch nicht ans Heiraten dächte, aber wenn, dann würde ich mir einen Mann aus meinem Stand wählen, so sehr hatte mich der Ekel vor dem hässlichen Kerl gegen den »schönen Herrn« abgeneigt gemacht und mich denken lassen, alle vornehmen Leute wären genau wie der. Phöbe aber ließ sich nicht so leicht abbringen und redete und redete, mir Zweck und Sinn dieses gastfreien Hauses beizubringen. So lange sie von Männern im allgemeinen sprach, durfte sie wohl glauben. dass ich mich endlich ergeben würde, und dass da das Beste von mir zu erwarten sei. Aber sie war zu erfahren, als dass sie nicht hätte entdecken sollen, dass meine entschiedene Abscheu vor dem Vetter ihnen ein Hindernis in den Weg legen würde, das nicht so leicht weggeschafft werden könnte, als sie es für ihren Handel wünschten. Mich für die Männer zu gewinnen, das war nicht schwer, die Schwierigkeit begann erst mit dem Mann.
    Unten hatte indes Mutter Brown mit dem alten Bock den Vertrag gemacht. Er sollte, wie ich nachträglich erfuhr, fünfzig Pfund im voraus und für den Versuch zahlen, und hundert nachher, wenn der Versuch geglückt sei. Ich wurde ihm dabei ganz nach Belieben und Großmut überlassen. Er wollte, nach dem das festgestellt war, gleich zu mir, beschied sich aber auf die Vorstellungen meiner Kupplerin, dass ich erst noch abgerichtet werden müsste, auf den Abend. Länger wollte er auf keinen Fall warten. Ungeduld ist immer das Zeichen schlechter Lüste, und es blieb bei dem Abend.
    Beim Mittagessen taten die Brown und Phöbe nichts sonst als in höchsten das Lob dieses wunderbaren Vetters zu singen, und wie glücklich die Frau wäre, die er mit seiner Neigung beglücke, und wie er vom ersten Moment an gleich in mich verliebt gewesen wäre; und was ich für ein Glück mache, auf Lebenszeit, und in einer Kutsche könnte ich fahren — aber der Ekel hatte sich in mir schon so eingegraben, dass ich ihnen, da ich die Kunst meine Gefühle zu maskieren nicht verstand, gerade heraus sagte, sie dürften dem Herrn nicht die geringste Hoffnung machen. Dabei ging der Wein recht lebhaft herum, natürlich um mich für den bevorstehenden Angriff widerstandsloser zu machen.
    Wir saßen so sehr lang zu Tisch und gegen Sechs,

Weitere Kostenlose Bücher