Fanny Hill
Wirklichkeit. Ich hing mich fest an ihn, zog ihn zu mir, als wenn ich den Traum hindern wollte, weg zu gehen. »Wo ist du gewesen? … . Wie konntest du … . wie konntest du verlassen? … . Sag, dass du noch der meine bist… . dass du mich noch liebst… . und… . und… . ich verzeih dir… . verzeih mir… .« und meine Lippen sanken auf die seinigen.
So stürmten Reden und Antworten aneinander vorbei, ordnungslos, und nur unsere Liebkosungen trafen sich. Sonst ging alles durcheinander, unsere Herzen tauschten wir durch die durch die Augen und bestätigten uns unsere erneute Liebe, die keine Zeit, keine Trennung vermindert hatte. Unsere Hände schlossen sich und sprachen, dass es bis ins Herz drang. In all dieser Zeit hatte ich gar nicht darauf geachtet, dass mein Teuerster ganz durchnässt war und in Gefahr sich zu erkälten.
Die Wirtin unterbrach uns zu rechter Zeit damit, dass sie ein anständiges leinenes Hemd und Kleider hereinbrachte, die ich ihn, durch die Gegenwart einer dritten Person ruhiger, anzuziehen nötigte, da mir für seine Gesundheit bange war.
Nachdem die Wirtin wieder draußen war, begann er sich umzukleiden und tat dies mit der Dezenz, die sich für das Wiedersehen schickte; aber ich konnte mich nicht enthalten, schnelle Blicke auf ihn zu werfen und bemerkte an seiner Haut mit großer Freude — keiner lasziven — das unverbrauchte Leben.
Die geliehenen Kleider passten ihm gar nicht, auch entsprach er darin nicht ganz dem Bild meiner Leidenschaft, aber als er sie anhatte, fand der Zauber der Liebe, dass sie ihm außerordentlich gut ständen. Ich merkte auch bei näherer Betrachtung, welche vorteilhafte Veränderung seine Person in meiner Abwesenheit durchgemacht hat.
Es waren immer noch die schönen Linien, dasselbe lebhafte Rot, dasselbe blühende Gesicht, aber die Rosen waren aufgebrochen; die Reise hatte ihn gebräunt, ein Bart gab ihm mehr Männlichkeit und Reife, ohne seinen Mienen etwas von ihrer Sanftmut und Weichheit zu nehmen. Seine Schultern waren breiter geworden, seine Figur stärker und voller, kurz, er schien mir größer geworden, vollendeter und erfahrener unter seinen zweiundzwanzig Jahren.
Ich vernahm nun, dass er in der Tat auf dem Wege nach London begriffen war, nachdem er an der irländischen Küste Schiffbruch gelitten und alles aus der Südsee Mitgebrachte verloren hatte. Nach vielen Unfällen und Widerwärtigkeiten war er endlich mit seinem Reisegefährten, dem Kapitän, bis hierher gekommen, wo ihn die Nachricht vom Tode seines Vaters getroffen hätte, so dass er jetzt genötigt wäre, seinen Weg in der Welt von neuem zu suchen — eine Lage, die ihm keinen anderen Kummer verursachte, als den, mich nicht so glücklich machen zu können, als er es sich wünschte. Ich hatte ihm über meine guten Verhältnisse noch kein Wort gesagt, weil ich ihn damit überraschen wollte. Meine Kleidung verriet ja nichts, da sie sehr einfach war, wie ich es immer gehalten hatte. Er drang zärtlich in mich, ich solle ihm über mein vergangenes und gegenwärtiges Leben berichten, von der Stunde an, da ich von ihm gerissen wurde, doch vorläufig brachte ich ihn noch kunstvoll von seinen Fragen und meinen Antworten ab, die ihn nicht befriedigten, aber ich hätte damit meine bestimmten Absichten, sagte ich ihm, und er müsse sich gedulden.
Ich konnte mein großes Glück immer noch nicht begreifen, dass Charlie in meine Arme zurückgekehrt war — aber er war unglücklich! Der Umstand, dass er jetzt auf seinen persönlichen Verdienst angewiesen war, übertraf die kühnsten Wünsche, die ich für ihn hatte, und deshalb schien ich bei seiner Erzählung von dem verlorenen Glück so sichtlich und übermäßig vergnügt, dass er es sich nicht anders erklären konnte, als aus meiner Freude ihn wieder zu sehen, da alles andere gleichgültig war.
Inzwischen hatte die Frau Charlies Reisegefährten besorgt, der nun eintrat; ich empfing ihn, wie es sich gegen Charlies Freunde schickte.
Wir drei aßen zusammen, selig, glücklich, wie Sie sich denken können. Die Erschütterung hatte mir jeden Appetit genommen, aber ich aß, um den andern ein gutes Beispiel zu geben, die nach dem starken Ritte Hunger haben mussten; mein Charlie aber sah mich immer nur an und sprach wie ein Geliebter zu mir.
Nachdem der Tisch abgeräumt, wies man Charlie und mich, wie Mann und Weib in ein hübsches Zimmer mit einem Bett, dem schönsten, das im Hause war.
Und, Schamhaftigkeit, vergib mir, wenn ich noch einmal
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