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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Cleland
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einem Abwesenden alles vergiftet! Ich hatte immer noch nicht meinen Charlie vergessen können.
    Ich hatte ihn ja völlig aufgegeben, da ich seit unserer Trennung nie mehr etwas von ihm gehört hatte, was, wie ich später erfuhr, nicht aus Nachlässigkeit seinerseits geschah. Er hatte mir verschiedentlich geschrieben, aber alle Briefe verfehlten mich. Aufgegeben, ja, aber vergessen hatte ich ihn nie können, denn alle meine Treulosigkeiten hatten keinen Eindruck in meinem Herzen hinterlassen, das keiner andern Liebe zugänglich war.
    Seit ich Besitzerin unverhofften Vermögens war, fühlte ich mehr wie je, wie teuer er mir gewesen war, an der Unzulänglichkeit dieses meines Glücks und der Sehnsucht, so lange er es nicht mit mir teilte. Ich begann nun von neuem meine Bemühungen, Nachrichten über ihn zu bekommen und erfuhr endlich, dass sein Vater vor einiger Zeit gestorben war und dass Charlie seinen Bestimmungsort in der Südsee erreicht hatte. Hier fand er seines Onkels Vermögen durch den Verlust zweier großer Schiffe bedeutend zusammengeschmolzen, und war darauf mit einem kleinen Reste wieder abgereist; und nun sollte er in wenigen Monaten wieder in England sein, nach einer Abwesenheit von zwei Jahren und sieben Monaten.
    Sie können sich kaum eine Vorstellung davon machen, wie mich diese Hoffnung ergriff. Um mir die Zeit des Wartens zu kürzen, unternahm ich eine Reise — im Wagen und wie es sich für mich ziemte — nach Lancashire, wo ich meinen Geburtsort aufsuchen wollte, nach dem ich immer noch Heimweh hatte. Ich brauchte mich ja nicht zu fürchten dahin zu gehen, da ich so wohl ausgerüstet war; auch hatte Esther Davids merkwürdige Gerüchte über mich ausgesprengt, nach denen ich nach den Plantagen geflohen wäre, — eine andere Erklärung konnte sie für mein damaliges plötzliches Verschwinden nicht geben. Auch wollte ich mich nach meinen Verwandten umsehen und deren geheimnisvolle Wohltäterin werden; es waren nur wenige mehr am Leben. Dass auch Frau Cole’s Aufenthaltsort auf diesem Wege lag, war ein Grund mehr, mir das Vergnügen dieser Reise zu leisten.
    Außer meinen Bedienten hatte ich niemand sonst mitgenommen, als eine ehrbare, anständige Frau, die als meine Gesellschafterin gelten sollte. Kaum waren wir bei einem Wirtshause, etwa zwanzig Meilen von London, angekommen und wollten da essen und übernachten, als ein heftiger Sturm und Regen losging, so dass wir froh waren, unter Dach zu sein.
    Dies dauerte etwa eine halbe Stunde, als mir einfiel, dass ich dem Kutscher noch einige Anweisungen zu geben hatte; ich ging selbst nach ihm, da ich nicht wollte, dass er in mein sehr sauberes Zimmer, in dem schon gedeckt war, hereinkäme, und fand ihn in der Küche, wo ich gleichzeitig zwei Reiter bemerkte, die der Sturm ebenfalls Hereingetrieben hatte und die ganz durchnässt waren. Der eine der beiden fragte gerade, ob sie wohl trockene Kleider bekommen könnten, während die ihrigen trockneten. Wer kann sagen, was ich beim Tone dieser Stimme fühlte, die immer in meinem Herzen war! Und als ich mich umsah, fand ich meine Entdeckung bestätigt, trotz der langen Trennung, und trotz der Kleidung, einem großen Reitermantel mit aufgerichteter Kapuze, die das Gesicht fast verdeckte. Ich vergaß alle Besonnenheit und jede Vorsicht, stürzte mich in seine Arme und rief: »Mein Leben, mein Herz, mein Charlie!« und verlor das Bewusstsein.
    Nachdem ich wieder zu mir gekommen war, fand ich mich in meinem Zimmer, in den Armen meines Geliebten, von einer Menge Leute umgeben, die der Vorfall herbeigelockt hatte. Auf ein Zeichen der verständigen Wirtin entfernten sich alle, und wir blieben mit unserer Freude allein, die mich fast mein Leben kostete.
Das erste, was ich sah, war Charlie auf seinen Knien vor mir; er hielt mich fest bei der Hand und strahlte. Kaum war ich wieder bei Besinnung, als er, ungeduldig meine Stimme zu hören, sich versichern wollte, ob ich es auch wirklich wäre. Aber in der Freude konnte er nur stammelnde Worte herausbringen, Worte, denen meine Ohren gierig lauschten.
    »Teuerste Fanny… . nach so lang… . ist es denn möglich… . bist du es wirklich … .« Er erstickte mich fast unter seinen Küssen, die mir jede Antwort unmöglich machten. Ich fürchtete bei all dem Gedränge von Gedanken und was für seligen! das Glück wäre zu groß, um wahr zu sein! Ich zitterte vor Angst, es könnte nur ein Traum sein und dass ich aufwachen würde, mit der Enttäuschung, es sei nicht

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