Fantasie in Rot: Erotischer Roman (German Edition)
Einzelheiten, die sich ihm eingeprägt hatten, und auch nur darum, weil es an jenem Tag leichter gewesen war, sich auf irgendetwas zu konzentrieren als auf sich selbst.
»Erinnerst du dich an Johns Frau, Donna, meine Süße?«, hatte Henry sie gefragt. »Vom Picknick mit den Angestellten? Sie hat dir auf der Schaukel Schwung gegeben und Mommy bei den Essensvorbereitungen geholfen.«
Die kleine Lauren hatte nur ausdruckslos genickt.
»Sie ist jetzt im Himmel.« Henry klang stark und überzeugt und tröstend, alles auf einmal, und für den Bruchteil einer Sekunde hatte Nick gewünscht, Henry wäre sein Vater gewesen.
Das kleine Mädchen wirkte etwas konfus – verständlicherweise, dachte er, denn er war auch ziemlich verwirrt, was diesen Punkt betraf. Sie blickte zu ihrem Daddy in seinem dunklen Sportmantel, auf die Haarspitzen, die sich über den Kragen seines weißen Hemds kräuselten. »Aber sie ist doch hier«, sagte sie mit ihrer lebhaften Stimme.
»Ihr Geist ist im Himmel«, hatte Henry erklärt.
Dann hatte Nick ihnen nicht mehr zugehört; seine Tante Erma war gekommen und hatte ihn ganz fest an sich gedrückt und seine Wangen an ihre riesigen Brüste gepresst, was ihm ungeheuer peinlich gewesen war. Und dann fing sie auch noch an, über tragische Verluste zu plappern und dass sein Dad stark sein müsse und ihn vielleicht eine Weile brauche, als Mann im Haus, aber auch da hörte er eigentlich nicht mehr zu. Er hatte mehr als genug von dem Mist gehört und wollte nicht mehr daran denken, nicht mehr an das Bewältigen der Situation denken, nachdem er schon seine Mutter verloren hatte, oder daran, wie sich das Leben nun ändern würde – wer für ihn und seine Geschwister kochen oder ihnen bei den Hausaufgaben helfen würde. Er wollte sich nicht fragen, wie lange ihr Dad sie noch alle ignorieren würde, so wie er es in den letzten Tagen nach dem Unfall getan hatte.
Ein leises, flatterndes Geräusch von irgendwoher über ihm: Er zuckte zusammen und merkte, dass er stumm auf Lauren Ashs in Kürze beige gestrichene Eingangstür starrte – falls er je zum Arbeiten käme. Und dennoch: Während sein Blick nach oben schweifte und er sah, dass die Jalousien im Fenster im ersten Stock sich bewegten, durchlief ihn eine klammheimliche Genugtuung. Entweder hatte sie zu ihm hinuntergeblickt, oder sie hatte sich vergewissern wollen, dass er nicht zu ihr hineinschauen konnte.
Verdammt, sie war wirklich erwachsen geworden. Was ihm natürlich klar gewesen war, aber es gab einen Unterschied zwischen erwachsen werden und sich persönlich entwickeln. Lauren Ash hatte es richtig gemacht. Er war hergekommen in der Erwartung, einer unnahbaren Primadonna zu begegnen, was im Grunde auch zutraf, aber er hatte sich nicht vorgestellt, dass sie so enorm attraktiv war. Sicher, er hatte sich schon gedacht, dass sie gut aussähe – reiche Mädchen kriegten so etwas hin -, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn emotional so berühren würde.
Beim Öffnen der Tür hatte Verärgerung in ihren samtblauen Augen aufgeblitzt, und er war hingerissen gewesen. Lange, ungebändigte blonde Locken hatten ihre weichen Gesichtszüge gerahmt, unbestreitbar hübsch sogar in ihrer Wut. Der eng anliegende Victoria’s-Secret-Kimono modellierte ihre Brüste und ließ die Brustwarzen erkennen, sogar durch das hindurch, was immer sie unter dem Kimono trug – anscheinend irgendwas Grünes -, und betonte ihr Dekolleté.
Den Blick noch immer auf das Fenster gerichtet, stellte er sich vor, dass sie den Kimono fallen ließ, das dunkelgrüne Hemdchen darunter abstreifte. Instinktiv war ihm klar, dass sie seidig, kurvig und hellhäutig wäre – der Traum jedes Pubertierenden.
Aber nun hatte er lange genug herumgestanden und zu ihrem Fenster hochgeblickt wie ein liebeskranker Schuljunge. Er sollte sich lieber an die Arbeit machen, die vor ihm lag. Außerdem würden sich ihm bestimmt noch weitere Gelegenheiten bieten, die Prinzessin von Ash Builders zu Gesicht zu bekommen.
Sie war wunderschön – aber er mochte sie nicht. Vielleicht hatte er ja irgendwie die geheime Hoffnung gehegt, eine überraschend nette Frau vorzufinden und darüber seinen Groll, der in seinem Hinterkopf nistete, augenblicklich vergessen zu können. Aber das war nicht passiert. Aber jetzt, da er einen winzigen Blick in ihre Welt geworfen hatte, konnte er trotz seiner Verbitterung zumindest nicht bestreiten, dass er sie begehrte.
Ihre Welt? Oder sie? Er war sich da nicht
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