Farben der Herzen
Zeitung ein Artikel darüber”, erzählte Susan. “Niemand scheint zu wissen, was mit ihm geschehen ist. Wann hast du das letzte Mal mit Colette gesprochen?”
“Gestern.” Alix erinnerte sich an ihre lange Unterhaltung. “Sie ist im Augenblick bei Christians Großtante. Er ist wie ein Sohn für sie, und sie verkraftet die schlechten Neuigkeiten nicht besonders gut.”
“Das tut mir so leid”, sagte Susan. “Wir schließen sie in unsere Gebete ein.”
Alix murmelte ein Dankeschön. Ein paar zusätzliche Gebete konnten sicher nicht schaden – auch sie hatte es schon versucht.
Es herrschte Schweigen, als Susan sich plötzlich leicht vorbeugte. Ihre Körperhaltung spiegelte ihre innere Anspannung wider.
“Äh, Alix …” Sie räusperte sich. “Ich habe gehört, dass Margaret Langley dich um einen Gefallen gebeten hat.” Susan schien sich Mühe zu geben, möglichst beiläufig zu klingen.
Alix verbarg ihren düsteren Blick hinter dem Glas und nahm einen Schluck von ihrer Limonade, während sie sich eine Antwort überlegte. Sie hatte Jordan von Margarets Bitte erzählt und war davon ausgegangen, dass er – auch wenn sie es nicht extra gesagt hatte – die Sache für sich behalten würde. Damit, dass er zu seinen Eltern rennen und ihnen die Geschichte brühwarm weitertratschen würde, hatte sie nicht gerechnet.
“Offenbar wollte sie, dass du ihr … hilfst?”, fuhr Susan fort.
Alix stellte das Glas auf den Tisch und umklammerte es mit der Hand. “Jordan hat dir davon erzählt, nicht wahr?”
“Ich hoffe, du bist nicht wütend, aber er hat es seinem Vater gegenüber erwähnt, und Larry hat es mir erzählt.” Alix’ Reaktion schien Susan zu überraschen. “Ich hätte nie davon angefangen, wenn ich gewusst hätte … also, ehrlich gesagt, hätte ich auch dann davon angefangen. Macht es dir etwas aus, wenn wir offen reden?”
Alix schob ihr Glas zur Seite und schüttelte den Kopf. “Nein, überhaupt nicht. Schieß los.”
“Ich habe dich wirklich lieb gewonnen, Alix. Und ich will, dass du das weißt. Ich erinnere mich noch daran, als du ein Kind warst und die Sonntagsschule besucht hast. Du warst immer ein süßes kleines Mädchen – so begierig zu gefallen und zu lernen. Als mein Mann mit der Schülerseelsorge begann, waren wir beide wirklich glücklich, dass du und dein Bruder daran teilnahmt.”
Es fiel Alix schwer, nicht laut loszulachen. “Meine Eltern hätten uns ü
berallhin
geschickt – solange wir am Sonntagmorgen nur für ein paar Stunden weg waren.” Sie blickte Susan direkt in die Augen. “Damit sie ihren Rausch ausschlafen konnten, verstehst du?”
Susan ging nicht darauf ein. “Ich erinnere mich daran, wie sehr du dich angestrengt hast, um zu den anderen Mädchen zu passen”, fuhr sie fort.
Alix erinnerte sich auch daran. Sie hatte keine anderen Kleider besessen als die, die sie auch in der Schule trug. An Ostern oder Weihnachten bekam sie auch keine schicke Bekleidung – sie war schon froh, wenn sie mal ein Kleid oder ein T-Shirt hatte, das nicht aus einem Secondhandladen stammte.
“Ich fiel wirklich auf, oder?”, sagte sie. Sie wusste noch, wie sehr sie sich gewünscht hatte, die Bibel zu gewinnen, die man als Preis für die meisten auswendig gelernten Bibelstellen bekommen konnte. Sie hatte sich vorgenommen, hundert Stellen aus dem Gedächtnis aufsagen zu können. Und obwohl sie gewann, verlor sie die Bibel später irgendwann. Die Bibel und alles, wofür dieses Buch stand.
“Nun, du warst nicht gerade typisch für die Kinder, die die Sonntagsschule besuchten”, gab Susan zu.
“Ich falle noch immer auf, stimmt’s?”, fragte Alix, um allmählich zum eigentlichen Punkt des Gesprächs zu kommen. “Das willst du mir doch sagen, habe ich recht?” Alix wollte diese Unterhaltung so direkt und ehrlich wie nur möglich führen. “Kurz gesagt, du bist der Meinung, dass ich Jordan keine gute Ehefrau sein werde.”
“Nein, nein, überhaupt nicht”, beeilte Susan sich zu erklären. “Es ist nur die Kirche, in die du nicht passt.” Sie seufzte. “Das klingt so unfreundlich, und so will ich eigentlich nicht klingen, Alix, wirklich nicht. Ich denke nur an Jordans Zukunft, wenn er in ein paar Jahren einmal Pastor einer eigenen Gemeinde wird.”
“Mit anderen Worten: Du hast Angst, dass ich seiner Karriere im Weg stehen könnte.”
“Man muss ein ganz besonderer Typ Frau sein, um Pfarrersgattin zu werden.”
Alix nahm sich einen Moment, um darüber nachzudenken.
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