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Farm der Tiere

Farm der Tiere

Titel: Farm der Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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eingehender Prüfung des Terrains erklärte Schneeball, dies sei genau der richtige Fleck für eine Windmühle, durch die sich ein Dynamo antreiben und die Farm mit Elektrizität versorgen lasse. Damit könnte man die Ställe beleuchten und im Winter heizen und ferner eine Kreissäge, eine Häckselmaschine, einen Mangoldschneider und eine elektrische Melkanlage betreiben. Die Tiere hatten von dergleichen noch nie gehört (denn die Farm war altmodisch und nur mit den allerprimitivsten Maschinen ausgerüstet), und sie lauschten voll Staunen, während Schneeball die Bilder phantastischer Maschinen heraufbeschwor, die ihnen die Arbeit abnehmen würden, dieweil sie selbst gemächlich auf den Wiesen grasten oder durch Lektüre und Gespräch ihren geistigen Horizont erweiterten.
     
    Binnen weniger Wochen waren Schneeballs Pläne für die Windmühle komplett ausgearbeitet. Die die Mechanik betreffenden Details entstammten zumeist drei Büchern, die Mr.Jones gehört hatten - Tausend taugliche Tips für Haus und Hof, Jedermann sein eigener Maurer und Elektrizität für Anfänger.
    Als Arbeitszimmer benutzte Schneeball einen Schuppen, der früher einmal eine Brutanlage beherbergt hatte und der einen glatten Holzboden besaß, auf dem man gut zeichnen konnte.
    Dort schloß er sich manchmal stundenlang ein. Die Bücher von einem Stein offengehalten und ein Stück Kreide zwischen die Knöchel seiner Schweinshaxe geklemmt, so lief er rasch hin und her, zeichnete Linie um Linie hin und gab leise, aufgeregte Quiekser von sich. Allmählich wuchsen sich die Pläne zu einer komplizierten Ansammlung von Kurbeln und Zahnrädern aus, die mehr als die Hälfte des Fußbodens bedeckte und die die anderen Tiere absolut unverständlich, aber sehr beeindruckend fanden. Sie kamen alle mindestens einmal am Tag, um Schneeballs Zeichnungen zu besichtigen. Sogar die Hühner und Enten kamen und gaben sich alle Mühe, nicht auf die Kreidestriche zu treten. Nur Napoleon hielt sich abseits. Er hatte sich von Anfang an gegen die Windmühle ausgesprochen. Eines Tages jedoch tauchte er unvermutet auf, um die Pläne zu inspizieren. Schweren Schritts drehte er eine Runde im Schuppen, besah sich genau jedes Detail der Pläne und beschnüffelte sie ein- oder zweimal, blieb dann ein Weilchen stehen und betrachtete sie aus den Augenwinkeln; dann hob er plötzlich das Bein, schlug sein Wasser über den Plänen ab und ging ohne ein Wort zu verlieren hinaus.
    Die ganze Farm war über das Thema Windmühle tief gespalten. Schneeball bestritt nicht, daß ihr Bau Schwierigkeiten bereiten würde. Steine mußten gebrochen und zu Mauern hochgezogen werden, dann galt es die Segel anzufertigen, und anschließend brauchte man Dynamos und Kabel. (Wie diese beschafft werden sollten, sagte Schneeball nicht.) Doch er blieb dabei, daß alles in einem Jahr zu schaffen sei. Und danach, erklärte er, werde man sich soviel Arbeit ersparen, daß die Tiere nur noch drei Tage in der Woche arbeiten müßten. Napoleon dagegen argumentierte, das dringendste Gebot der Stunde laute, die Futterproduktion zu steigern, und daß sie alle Hungers sterben würden, falls sie ihre Zeit mit der Windmühle verschwendeten. Die Tiere bildeten zwei Fraktionen unter den Wahlparolen: »Stimmt für Schneeball und die Drei-Tage-Woche« und »Stimmt für Napoleon und die volle Krippe«.
    Benjamin war das einzige Tier, das sich keiner Fraktion zugesellte. Er wollte weder glauben, daß das Futter mehr werden, noch daß die Windmühle Arbeit ersparen würde.
    Windmühle hin, Windmühle her, sagte er, das Leben würde immer so weitergehen wie bisher - nämlich schlecht.
    Neben den Disputen über die Windmühle gab es noch die Frage der Verteidigung der Farm. Man war sich völlig im klaren darüber, daß die Menschen, obwohl sie in der Schlacht am Kuhstall besiegt worden waren, einen neuerlichen und entschlosseneren Versuch zur Rückeroberung der Farm und Wiedereinsetzung von Mr. Jones unternehmen könnten. Dazu hatten sie um so mehr Grund, als sich die Kunde von ihrer Niederlage auf dem Land verbreitet hatte und die Tiere auf den Nachbarfarmen bockiger denn je machte. Wie üblich waren Schneeball und Napoleon uneins. Nach Napoleons Ansicht mußten sich die Tiere Schußwaffen besorgen und sich in deren Gebrauch üben. Nach Schneeballs Ansicht mußten sie zunehmend mehr Tauben aussenden und unter den Tieren der anderen Farmen die Rebellion schüren. Der eine argumentierte, wenn sie sich nicht verteidigen könnten,

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