Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03
und mußte in der mittelalterlichen Ära, aus der er stammte, als Riese angesehen worden sein. Er hatte langes, schwarzes Haar, große graue Augen, dicke Augenbrauen und eine leicht gekrümmte Nase. Er war ein gutaussehender Mann mit ebenmäßigen Gesichtszügen, breiten Schultern, schmalen Hüften und muskulösen und langen Beinen.
In diesem Moment sprach er gerade mit Samuelo, und sowohl sein Tonfall als auch sein Grinsen offenbarten seinen Sarkasmus. Piscator hatte gesagt, daß de Greystock Priester haßte, obwohl er während seines Erdendaseins ziemlich gläubig gewesen sei. Dem Anschein nach hatte er dem Klerus niemals vergeben, daß er behauptet hatte, alles über das Leben nach dem Tode zu wissen.
Auf Esperanto sagte de Greystock: »Aber Sie müssen doch eine Vorstellung davon haben, was dieser La Viro auf Erden dargestellt hat? Welcher Rasse gehörte er an? Welcher Nation? Wann starb er, wann wurde er geboren? Welchem Kulturkreis entstammte er? Einem prähistorischen, frühzeitlichen, mittelalterlichen? Oder dem, was die Leute die Moderne nannten? War er auf der Erde ein religiöser Mensch, ein Agnostiker, ein Atheist? Welchem Beruf ging er nach? Wie sah seine Bildung aus? War er verheiratet? Hatte er Kinder? War er homosexuell?
War er während seiner Lebzeiten unbekannt? War er vielleicht Christus! Und ist er den Menschen vielleicht deswegen anonym gegenübergetreten, weil er wußte, daß niemand ihm seine Lügen ein zweitesmal abkauft?«
Samuelo machte ein finsteres Gesicht und erwiderte: »Ich weiß fast nichts von diesem Christus; das, was ich weiß, ist wenig und stammt aus dritter Hand. Alles was ich über La Viro weiß, habe ich durch das Wort erfahren. Man sagt, er sei sehr groß, gehöre der weißen Rasse an, sei jedoch tief gebräunt. Einige sagten, er könne vielleicht ein Perser sein. Aber all dies ist unwichtig. Es geht hier nicht um seine Herkunft oder seine physische Erscheinung. Was zählt, ist seine Botschaft.«
»Die ich bereits von vielen Predigern Ihrer Kirche viel zu oft gehört habe!« grollte de Greystock. »Und an die ich auch nicht mehr glaube als an jene verdammten Lügen, die die Pfaffen mir zu meiner Zeit einhämmerten!«
»Das ist Ihr Privileg, aber nicht Ihr Recht«, sagte Samuelo.
Greystock sah ihn verwirrt an. Jill hatte ebenfalls keine Ahnung, was Samuelo damit sagen wollte.
»Alles was ihr Pfaffen könnt, ist Kauderwelsch reden!« sagte de Greystock finster und entfernte sich von der Gruppe.
Piscator, der ihm nachsah, lächelte. »Ein gefährlicher Mann. Aber interessant. Sie sollten ihn hören, wenn er von seiner Reise mit diesem Arkturier erzählt.«
Jill zog die Augenbrauen hoch.
»Ja, er kannte ein Wesen, das von der Sonne Arkturus stammte und die Erde besuchte. Es kam mit einer Reihe anderer im Jahre 2002 in einem Raumschiff und sah sich gezwungen, beinahe die ganze menschliche Rasse auszulöschen. Allerdings verlor es dabei selbst sein Leben. Eine schreckliche Geschichte, aber wahr. Firebrass kann sie Ihnen bestätigen. Er war selbst auf der Erde, als das passierte.«
16
Neugierig darauf, mit de Greystock darüber zu sprechen, bahnte sich Jill einen Weg durch die Menge und ging auf ihn zu. Doch ehe sie den Engländer erreichte, hielt Firebrass sie an.
»Ein Kurier hat mir gerade die Nachricht gebracht, daß man einen Funkkontakt mit der Mark Twain hergestellt hat. Haben Sie keine Lust, mitzukommen und beim Palaver dabei zu sein? Vielleicht können Sie sogar selbst mit dem großen Sam Clemens sprechen.«
»Ich wüßte nicht, was ich lieber täte!« sagte Jill erfreut. »Vielen Dank für die Einladung.«
Sie folgte Firebrass zu seinem Jeep, den er in der Nähe der äußeren Treppe abgestellt hatte. Er war aus Stahl und Aluminium und mit pneumatischen Nylonreifen ausgestattet. Der Sechs-Zylinder-Motor wurde mit Methylalkohol angetrieben.
Insgesamt waren sie fünf Passagiere: Firebrass, Gulbirra, de Bergerac, Schwartz und Hardy. Der Jeep nahm sanft Fahrt auf, folgte den engen Tälern, die zwischen den Hügeln lagen. Seine Scheinwerfer beleuchteten das von Maschinen kurzgeschnittene Gras, da und dort eine Hütte und mehrere rasch wachsende Bambuswäldchen, von denen einige eine Höhe von dreißig Metern und mehr erreichten. Als das Hügelland hinter ihnen lag, strebten sie über die Ebene dem Flußgebiet entgegen.
Jill konnte die Lichter der Aluminium- und Stahlwerke, der Destille, der Metallverarbeitungsbetriebe, Waffenschmieden, des Zementwerks und
Weitere Kostenlose Bücher