Farmer, Philip José - Flusswelt 05
sie finden. Wenn sie jedoch leben, sind die Chancen, sie ausfindig zu machen, geringer. Der Compu-ter kann eine Gralstein-Suche durchführen. Aber wenn meine Familie nicht gerade zufällig in Reichweite der betreffenden Gralsteine ist, werden wir sie nicht finden. Vielleicht nicht einmal dann.«
Wenn du niemanden finden kannst, dachte Frigate, brauchst du nicht die schwere Entscheidung zu treffen, ob du sie wiederbeleben sollst oder nicht.
»Wie ist es mit Lewis Carroll, Mister Dodgson?« fragte er.
»Nein.«
Sie setzte zu keinen weiteren Ausführungen an und wäre beleidigt gewesen, wenn er sie darum gebeten hätte.
Frigate verließ den >Schwof< und kehrte in sein Quartier zurück. Er ging aber nicht zu Bett, sondern ließ sich einige weitere Szenen aus Standishs Vergangenheit vorspielen. Diese beschäftigten ihn so sehr, daß er nicht einschlafen konnte, nachdem er sie ausgeschaltet hatte. Standish gehörte der Unterschicht an und war sowohl auf der Erde wie auch auf der Flußwelt ein schleimiger, brutaler, schmutziger, häßlicher und dummer Mensch gewesen. Aber erst zwei Tage später sah Frigate so abscheuliche Szenen, daß er für eine Weile aufhörte, Standish zu beobachten.
Standish war - wie meistens - arbeitslos und lebte bei seiner Schwester und deren Tochter in einer kleinen Stadt im Mittelwesten. Die Schwester war zwanzig und hätte ganz attraktiv sein können, wäre sie sauber gewesen und hätte rudimentäre Spuren von Intelligenz aufgewiesen. Ihre Tochter war ein blondes blauäugiges Mädchen von drei Jahren, das hätte ganz reizend sein können, wäre es nicht vom unentwegten Hamburgerfressen und dem Trinken enormer Mengen Cola dick geworden. An diesem besonderen Tag sah Frigate durch Standishs Augen das Wohnzimmer der schäbigen kleinen Wohnung. Standishs Schwester, Maizie, trank auf einem zusammengebrochenen Sofa Bier. Das Kind spielte mit einer zerlumpten Puppe, wurde aber halb von einem Stuhl in der Ecke verdeckt. Dann und wann konnte Frigate die Bierdose sehen, die Standish hielt. Dem Gespräch nach zu urteilen, hatten die beiden Erwachsenen seit dem Frühstück Bier getrunken.
»Wo ist Linda?« fragte Standish und schaute sich trüben Blickes um.
»Da.« Maizie deutete mit der Hand auf den Stuhl.
»Ja. Komm her, Linda!« sagte Standish laut.
Zögernd trat das kleine Mädchen mit der Puppe unter dem Arm hinter dem Stuhl vor. Standish öffnete den Reißverschluß seiner Hose und zog seinen erigierten Penis hervor.
»Haste so was schon mal gesehen, Linda?« fragte Standish.
Linda schreckte zurück. Standish brüllte sie an, sie solle gefälligst stehen bleiben. Maizie erhob sich schwankend vom Sofa. »Verdammich, wat haste vor?«
»Ich werd Linda ficken.«
Frigate wurde übel, aber er sah zu, während es ihm den Magen umkehrte, wie Maizie mit ihrem Bruder stritt, aber schließlich sagte: »Zum Teufel, was soll’s, irgendwann wirdse ja doch einer ficken. Kann genauso gut jetzt passieren.«
»Ja, du kennst dich ja aus. Dich hamse doch mit sieben schon gebürstet, oder?«
Maizie antwortete nicht. »Komm her, Linda!« sagte Standish.
»Komm her, verdammt noch mal!« schrie er sie an, als sie den Kopf schüttelte. »Willste ‘ne Abreibung, wie du se gestern Abend von Onkel Bill gekriegt hast? Komm her!«
Frigate konnte es nicht länger ertragen. Er schaltete die Szene aus. Zitternd befahl er dem Computer, drei Tage vorwärts zu springen. Und er sah durch Standishs Augen eine Gefängniszelle. Standish befand sich mit zwei anderen Männern darin und prahlte damit, daß er die Kleine seiner Schwester gevögelt hatte.
»Die kleine Fotze hat’s doch ham wolln. Da hab ich ihr gegeben, was sie wollte. Was’n schlimm dran?«
»O Gott!« murmelte Frigate. »Das arme kleine Mädchen.«
Der Computer verfügte über Standishs Aufzeichnung. Frigate brauchte ihm nur befehlen, sie zu vernichten. Standish würde für immer tot sein, nur sein Wathan würde weiterhin existieren, doch ziellos und blindlings durch das Universum treibend.
Zitternd biß er sich auf die Lippe. Hitze durchströmte ihn. Er stand auf und schritt wütend auf und ab. »Verdammt, verdammt, verdammt!« murmelte er. »Zur Hölle und zurück mit ihm! Nein, nicht zurück!«
Schließlich trat er zur Konsole. »Wenn ich dir dieses Codewort gebe«, rief er, »vernichtest du Standish!«
So einfach war es jedoch nicht. Er mußte anhand des Computercodes die Aufzeichnung des Mannes identifizieren, dreimal bestätigen, daß er sie
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