Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
versiegte das rote Rinnsal.
    Sie spürte, wie alles in ihr verharrte und starr wurde. Sie war leer, ausgeblutet durch einen unvorhergesehenen Schnitt.
    »Nein«, hauchte Zvatochna und sackte mit dem Oberkörper nach hinten.
    Kontinent Ulldart, Nordwesten Borasgotans, Frühsommer im Jahr | Ulldrael des Gerechten (461 n.S.)

    Schiff voraus«, brüllte der Ausguck zu Torben und Sotinos aufs
    Ruderdeck. »Tarpolische Flagge, eine umgebaute Kogge. Sie läuft
    unter der Flagge Tarpols!«
    Torben war sofort hellwach. Er sehnte sich nach einem Jagderfolg oder zumindest nach Neuigkeiten oder Nachrichten über den Verbleib von Zvatochna. Die letzten fruchtlosen Wochen auf See hatten ihm eine gewisse Gleichgültigkeit beschert, die kurz davorstand, in Apathie überzugehen. Wie vor der Abreise mit dem Commodore. Der Ruf kam rechtzeitig.
    Sotinos atmete laut auf. »Ich dachte schon, ich würde auf See nur noch alten Fischern begegnen«, sagte er und sandte einen Mann mit den Signalwimpeln an den Bug. Er und Torben folgten ihm. Der Freibeuter hatte seine ehrwürdige Lederrüstung, eine leichte Leinenhose und seinen Waffengurt angelegt. Er stellte die Verkörperung eines rogogardischen Piratenkapitäns dar, wie man sie aus Geschichten und Legenden kannte. Nicht zuletzt war Torben selbst Teil so mancher Geschichte geworden. Sotinos bevorzugte einen palestanischen Gehrock, ohne viel Schnörkel, dazu kurze Hosen und Beinstrümpfe.
    »Denkt Ihr, dass Bardric an Bord ist?« Torben nahm das Fernrohr und betrachtete das andere Schiff.
    »Keine Spuren eines Kampfes.« Seine Laune sank. »Sie sind umgekehrt, weil sie niemanden gefunden haben.«
    »Wartet es ab und verfallt nicht wieder in Eure alte Schwarzseherei, Kapitän«, bat ihn der Palestaner teils im Scherz, teils mahnend. Der Rogogarder verhielt sich unstet wie ein kleines Kind.
    Er wies den Signalisten an zu fragen, mit wem sie es zu tun hatten, und hob das Fernrohr ans Auge.
    »Aha, es ist das Schiff, das sich Bardric genommen hat. Sie sagen, dass sie ihn abgesetzt haben, etwa dreiundzwanzig Meilen weiter nördlich von unserer Position. Wir sollen nach einem gestrandeten Schiff Ausschau halten und in die Bucht eine halbe Meile nördlich davon segeln. Aber wir sollen auf den Sand achten. Sie haben lange benötigt, um die Kogge flottzubekommen.« Sotinos schob sein Rohr zusammen, zog den Dreispitz grüßend zum anderen Schiff und kehrte mit Torben zum Ruder zurück.
    »Perfekt! Seht Ihr? Wir haben eine Spur.«
    »Eine Spur zu Bardric, nicht unbedingt zu Zvatochna«, verbesserte der Freibeuter und übernahm das Steuerrad, um den neuen Kurs anzulegen.
    »Er wird einen Grund gehabt haben, dort an Land zu gehen, Kapitän. Ich bitte um etwas mehr Zuversicht, wenn es recht ist«, entgegnete Sotinos in seiner heiter-vorwurfsvollen Art, sodass man ihm nicht böse sein konnte. »Ihr werdet mir wieder zu griesgrämig.«
    »Ich kann nichts dafür. Verzeiht mir meine Launen«, sagte Torben und sog die salzige Seeluft tief in sich ein. »Ihr wisst, woher sie kommen.« Allmählich wurde es wärmer, der Sommer meldete sich auch auf dem Meer zurück und erleichterte das Arbeiten inmitten der Elemente. Doch Torbens Augen machten backbord kleinere dunkle Wolken aus. »Ein Sturm zieht auf, Commodore.«
    Sotinos nickte und hielt das schmale Gesicht in den auffrischenden Wind. »Ich habe es auch bemerkt. Wir werden es bis zur Bucht schaffen und dort in Sicherheit vor Anker gehen.« Er rechnete stumm.
    »Der Vorsprung von Bardric beträgt zwei Wochen. Wenn er an Land zu Fuß weitergezogen ist, kann er nicht weit gekommen sein. Nehmen wir elf bis dreizehn Warst am Tag
    »Lassen wir die Annahmen, Commodore«, schlug Torben vor.
    sonst wird die Verfolgung gleich wieder aussichtslos, und ihr stürze in das nächste Jammertal, was Ihr wiederum nicht wollt.« Er machte sich wegen des Unwetters Sorgen. Die Fiorell war ein gutes Schiff, aber bislang waren sie mit ihr noch nicht in raue See geraten.
    Die Wolken rückten schneller zu ihnen auf, als sie gedacht hatten. Bald hob und senkte sich der Rumpf unter den aufgepeitschten Wellen, und trotz aller Kniffe beider erfahrener Befehlshaber war es ihnen nicht möglich, die Bucht anzulaufen. Sie passierten die Küste und sahen die Reste des tzulandrischen Wracks, das von den Wogen zerschmettert wurde und gänzlich im schäumenden Wasser versank. Das kleine Sturmsegel blähte sich bis kurz vorm Bersten und trieb die Fiorell unfassbar schnell nach Norden. Sie trieben

Weitere Kostenlose Bücher