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Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gebeugt, nun richtete er sich hastig auf. »Wie könnte ich Euch helfen, höchster Kaiser ...«
    Er hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da kam eine der Wachen auf ihn zu, packte ihn im Rücken und schob ihn ruppig vorwärts.
    »Wenn ich rufe, folgen die Menschen«, lächelte Nech und ging weiter. Guedo blieb hinter ihnen auf dem Boden zurück und stemmte sich auf die Ellbogen. Er hielt sich das gerötete Gesicht und prüfte, ob nichts gebrochen war,
    »Verzeiht mir, höchster Kaiser«, beeilte sich Pontainue zu sagen
    ich Euch dienen?«
    »Du scheinst begriffen zu haben, wer herrscht. Das gefällt mir.
    Das wiederum bedeutet für dich ein Leben in Reichtum, der nach Maßstäben auf Ulldart unermesslich ist«, erklärte Nech ihm beiläufig. »Sofern du mir einen Gefallen erweist.«
    Der Graf zögerte nicht. Wenn er schon keine Tochter hatte, um sie mit dem Kaiser zu vermählen, wollte er 6ich auf andere Weise bereichern.

    Kontinent Ulldart, Nordwesten Borasgotans, Frühsommer im Jahr 2 Ulldrael des Gerechten (461 n.S.)

    Doguslawa sah die zusammengesunkene Gestalt erschöpft neben dem kleinen Brunnen am Marktplatz kauern. Es war eine Bettlerin, die sich in Lumpen gehüllt hatte und wohl auf eine milde Gabe wartete. Boguslawa, eine Magd in den Diensten eines Brojaken, rührte es sehr, und sie empfand Mitleid; langsam ging sie auf die Bettlerin zu. Dabei holte sie die Börse aus der Tasche ihres abgetragenen weißgrauen Mantels.
    »Hier«, sagte Boguslawa freundlich und nahm einige Münzen heraus. Ihr Herr würde Verständnis zeigen.
    Als die Bettlerin den Kopf hob, fuhr die Magd zusammen, und die Münzen fielen auf das Pflaster. »Bei Ulldrael!«, krächzte sie entsetzt. »Du musst sofort in ein Totendorf!«
    Das Gesicht der Frau bestand überwiegend aus verrottendem Fleisch; die bleichen Knochen schauten an den Wangen hervor, Augenbrauen und Wimpern gab es gar keine mehr. Boguslawa dachte an die Sumpfleichen, wie man sie gelegentlich beim Torf stechen aus dem trockengelegten Moor zog. Dennoch schaffte es die Kranke zu lächeln. »Ich bin in einem
    Dorf voller Toten, törichtes Ding!« Sie schnellte in breitete die Arme aus. »Findet und tötet alle!«, kreischte sie mit
    sich überschlagender Stimme. »Bringt mir ihre Seelen, meine
    Liebsten, und labt euch danach am Blut der Sterblichen!«
    Die Menschen auf dem Marktplatz wandten sich um. Mütter zogen ihre Kinder zu sich und weg von der Umgebung der kranken Bettlerin. Es musste die Fäule sein, an der die Frau litt, und unverantwortlicher Weise hatte sie die Nähe der Gesunden gesucht. Jemand rief nach der Stadtwache.
    »Sie hat den Verstand verloren.« Boguslawa brachte einen Gemüsestand zwischen sich und die Bettlerin, die lachend auf den Stufen stand.
    Im nächsten Augenblick brauste und donnerte die Luft.
    Ein Sturm hob an, doch er pfiff und säuselte nicht, wie man es kannte. Boguslawa vernahm ein Kreischen wie von Tausenden Menschen, mal lauter, mal leiser - dann brach der Händler vor ihr zusammen. Er kippte nach vorn auf seine Auslage und blieb still liegen. Sie wagte es nicht, sich ihm zu nähern.
    Als Nächstes fielen Frauen und Kinder zu ihrer Linken in sich zusammen, als sei ihnen von einem unhörbaren Meister der Befehl zum Schlafen gegeben worden.
    Boguslawa wandte sich um und rannte in die Gasse, aus der sie gekommen war. Der schreiende Wind verfolgte sie und traf sie mit voller Wucht in den Rücken. Etwas Eisiges fuhr durch sie hindurch, sie wurde angehoben und empor gerissen. Plötzlich fand sie sich in der Gesellschaft von unzähligen leuchtenden Lichtern wieder, die meisten von ihnen schimmerten blau, andere dagegen waren grau oder eher weißlich.
    Boguslawa blickte nach unten. Sie sah die Gasse - und ihren eigenen Körper! Er lag mit dem Gesicht nach vorn auf dem Pflaster; unter ihrem Antlitz sickerte ein Blutstrom hervor. »Nein«, wollte sie sagen.
    Etwas packte sie und zog sie unbarmherzig zu sich. So sehr sie versuchte, zu ihrem Leib zu gelangen, sie konnte der Kraft nicht widerstehen. Ängstlich schrie sie und vermochte doch nichts zu ändern.
    Boguslawa wandte sich um und schaute, wohin sie gezerrt
    wurde.
    Die ganze Stadt leuchtete!
    Überall sirrten diese kleinen Lichter umher, durchdrangen
    Häuser und alles, was im Leben ansonsten fest und sicher war. Sobald sie durch einen Menschen jagten, erschien ein neues Licht,
    während der Mensch augenblicklich zusammenbrach und sich
    nicht mehr rührte.
    »Was geschieht hier?«,

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