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Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Dafür würde sie alles tun. Alles! Etwas Unvorstellbares gab es für sie nicht mehr. Zvatochna wankte zu einem herrenlosen Pferd und zog sich in den Sattel, dann ritt sie aus der Stadt, die für sie nur eine von vielen
    war.
    Es ging ihr um Seelen, so rasch und so viele wie möglich, um gegen Ulldart in den Krieg zu ziehen. Ihr Plan war einfach: Es würde keine entscheidenden Schlachten gegen irgendwelche Heere geben. Sie würde von Norden nach Süden marschieren und ihre Seelen alles vernichten lassen, was sich ihr nicht unterwarf. Gleich einer langen, geraden Linie bewegte sie sich gen Süden. Einer so breiten Front konnte niemand die Stirn bieten. Zumal: Womit?
    Doch um eine solche lange Linie zu bilden, benötigte sie Seelen, Seelen und nochmals Seelen. Solange sie eine Kette bildeten,
    spielte es keine Rolle, wie viele Glieder diese Kette besaß. Zvatochnas Befehle erreichten auch das letzte Ende innerhalb weniger Herzschläge. Wichtig war nur, dass der Kontakt zu ihr aufrecht gehalten wurde. Und dass sie Lodrik tötete. Er konnte ihr
    Vorhaben untergraben, und sie wusste, dass er sie verfolgte.
    Sie nahm nicht an, dass die falsche Spur, die sie mit Hilfe der letzten Tzulandrier gelegt hatte, auf längere Sicht Wirkung zeigte. Es würde bald herauskommen, dass sie sich nicht in Rundopäl aufhielt, sondern im Norden Borasgotans. Die entvölkerten Städte waren unübersehbar, und deswegen legte sie eine mörderische Geschwindigkeit an den Tag.
    Zvatochna sandte die Seelen aus, um die nächsten Siedlungen und Städte ausfindig zu machen. Sie trieb das Pferd an und preschte die matschige Straße entlang.
    Der Winter und der kurze Frühling waren gegangen, der Boden taute unter den Sonnenstrahlen auf und schmolz das Eis. Dabei entstand ein stinkender Morast, die Straßen wurden zusehends schwerer zu passieren; oftmals betrug die Schlammschicht eine Tiefe von einem Schritt, was den Pferden rasch die Kraft raubte.
    Zvatochna kannte kein Mitleid. Wenn das Pferd verreckte, würde sie es als untote Kreatur weiterschinden, bis es nicht mehr genügend Knochen besaß, um laufen zu können. Der Matsch spritzte gegen den Bauch des Tieres, gegen ihre Beine und gegen ihren Oberkörper; ständig musste sie sich die Augen wischen, um etwas sehen zu können.
    Da trat das Pferd fehl und stürzte.
    Zvatochna wurde abgeworfen und fiel in den Morast; die nasse, klebrige Erde hielt sie fest. Wiehernd erhob sich das Tier und lief weiter, seine Reiterin Heß es hinter sich. Es schien froh, der Frau entkommen zu können.
    Die Nekromantin versuchte, sich in die Höhe zu stemmen, die dürren Arme rührten im weichen Schlamm und fanden keinen Widerstand.
    Die Anstrengung zog die Kraft aus dem Körper, die unentwegten Seelenfütterungen auf ihrem Weg hatten sie unglaublich viel
    Blut und damit Energie gekostet. Bislang hatte sie sich keine Erholung gegönnt. Wie es aussah, rächte sich das.
    Feurige Kreise drehten sich vor ihren Augen, ihre Muskeln erlahmten. »Das kann nicht sein«, schrie sie wütend. Sie würde nicht enden wie eine Fliege in einem zähen Brei. Sie dachte dran, ihre Seelen zu sich zu rufen - doch dann würde sie ihnen wieder Blut als Entlohnung geben müssen. Es war zu wertvoll, um es wegen einer solchen Lappalie zu vergeuden.
    Zvatochna drückte sich mit den Beinen ab und kam langsam vorwärts. Als sie erneut die Hände ausstreckte und nach einem Halt tastete, um sich vorwärtszuziehen, spürte sie einen dumpfen Schmerz, der sich quer über ihren rechten Unterarm zog. Sie dachte sich nichts dabei und vervielfachte ihre Anstrengungen.
    Je weiter sie vorwärts gelangte, desto schwächer wurde sie. Der Rand der Straße verschwamm vor ihren Augen und schob sich unendlich weit an den Horizont zurück. Vielleicht waren die Seelen zur ihrer Rettung doch notwendig.
    »Was ...« Zvatochna reckte den Arm zitternd nach den dickhalmigen Grasbüscheln, die ihr Halt versprachen. Da sah sie, dass ihr rechter Unterarm vollständig aufgeschlitzt war und auseinanderklaffte, Morast stak in der Wunde und hatte sich rot gefärbt. Etwas hatte sich in der Brühe befunden, das ihr den Schnitt zugefügt hatte, eine Scherbe vielleicht, ein verlorenes Messer oder ein Hufnagel.
    »Nein!«, kreischte sie und wand sich, um dem Schlamm zu entkommen, während sie immer kraftloser wurde. Sie musste sich rasch versorgen, sonst...
    Zvatochna bekam das Gras zu fassen und zog sich aus dem Sumpf; noch mehr Blut wurde durch die Bewegung herausgepresst - dann

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