Faulspiel (German Edition)
typischen schwarzen Bohnen, Kochbananen, Reis, Rindfleisch und jeder Menge Chili. Seine neue Chefin hatte mit ihm gemeinsam eine Speisekarte zusammengestellt, die überwiegend aus einheimischen Gerichten sowie verschiedenen Variationen von Fisch und Meeresfrüchten bestand.
Seit der Eröffnung des kleinen Lokals war nun schon eine Woche vergangen und sowohl Einheimische als auch Touristen aller Nationalitäten fanden sich inzwischen Abend fürAbend in
Val’s Kitchen
ein. Mano gab sich auch alle erdenkliche Mühe. Er mochte Valerie, weil sie ihn gut bezahlte und ihn korrekt und fair behandelte. Die Küche war sein Reich, und Valerie ließ ihm darin völlig freie Hand. Sie kümmerte sich um den Betrieb im Lokal und auf der Terrasse. Dabei verwöhnte sie die Gäste mit den exotischsten Cocktails, herrlichen Weinen und dem typisch venezolanischen Bier der Marke Polar.
Ihre Gäste schätzten Valeries Offenheit, und man merkte ihr die Freude an, mit der sie ihre tägliche Arbeit verrichtete. Von Tag zu Tag lebte sie mehr auf, und ihre Vergangenheit geriet immer mehr in den Hintergrund. Mittlerweile hatte sie Igor und die Jahre, die sie mit ihm verbracht hatte, völlig verdrängt und konzentrierte sich ausschließlich auf ihre neue Aufgabe. Nachdem die letzten Gäste gegangen waren, räumte sie gemeinsam mit Mano das Lokal auf und rechnete die Tageskasse ab.
Sie hatte mit dem schmächtigen Koch vereinbart, dass er täglich auf Provisionsbasis bezahlt würde. Ihrer Meinung nach war dies die gerechteste Lösung, und Mano war auch sofort damit einverstanden.
Madras, sein Cousin, hatte Wort gehalten. Er wickelte den Kauf für Valerie einwandfrei ab, besorgte sämtliche Genehmigungen und behielt auch Recht mit dem, was er ihr über Mano erzählt hatte.
Der war wirklich ein ausgesprochen guter Koch. Außerdem kümmerte er sich auch weiterhin fürsorglich um Valerie und versuchte, ihr bei allen täglichen Problemen zu helfen.
Val setzte sich in den Geländewagen, den Madras ihr besorgt hatte. Er war zwar ein altes Schätzchen, das mindestens schon vierzig Jahre auf dem Buckel hatte, aber er tat seinen Dienst ohne Murren und Knurren und brachte Val überall hin, wohin sie musste. Valerie war froh, dass Madras sich sofürsorglich um sie kümmerte; seine tiefsinnige Heiterkeit brachte sie immer zum Schmunzeln, und sie entwickelte eine wahre freundschaftliche Beziehung zu ihm. Was ihr am meisten imponierte, war die Tatsache, dass er der erste Mann in ihrem Leben war, der in ihr nicht ein Sex-Objekt sah und der ihr nicht ständig in ihren Ausschnitt glotzte, während sie mit ihm sprach.
Sie hatte einfach das Gefühl, dass er die menschliche Seite an ihr mochte und nicht getrieben war von der Geilheit wie die meisten Männer, mit denen sie in den letzten Jahren zu tun hatte.
Begleitet von einem sonoren Brummen des Jeeps steuerte sie das alte Vehikel behutsam über die schmale Auffahrt zu ihrem Bungalow.
Der Portier hatte sie wie immer mit einem freundlichen „Buenas noches, Senorita Valerie!“ begrüßt. Nachdem sie geduscht und sich den Küchengeruch und den Schweiß des Tages von der Haut gespült hatte, machte sie es sich in ihrem Schaukelstuhl auf der Terrasse bequem.
Sie schaute auf ihre Armbanduhr, eine Rolex Submariner, das einzige Relikt, das sie noch entfernt an ihre Zeit mit Igor erinnerte. Sie hatte sich diese Uhr vor einigen Jahren selbst zu Weihnachten geschenkt. Igor war völlig empört, als sie den Chronometer das erste Mal getragen hatte. Er war der Meinung, dass diese Uhr ausschließlich von Männern getragen werden sollte und viel zu groß für ihr Handgelenk war.
Aber Valerie ließ sich von seiner Kritik nicht beeinflussen. Diese Uhr war eines der wenigen Dinge, mit dem sie sich gegen ihn durchsetzten konnte.
Vom Meer wehte eine lauwarme Brise herauf; sie liebte diese Atmosphäre und die Ruhe und Zufriedenheit, die sie damit verband.
Es war drei Uhr morgens, in Deutschland musste es jetzt sechs Stunden später sein. Spontan entschloss sie sich, Marcel Runge anzurufen. Sie musste unbedingt erfahren, wie es ihm ging und ob es Neuigkeiten über Igor gab. Sie nahm ihr Handy und nachdem sie ihre Rufkennung auf anonym geschaltet hatte, wählte sie Runges Nummer. Noch wollte sie nicht, dass er erfuhr, wo sie sich gerade aufhielt und wohin sie geflüchtet war.
Runge meldete sich mit einem unfreundlichen „ Ja, bitte!“ Das machte er immer, wenn ihn jemand ohne Rufkennung anrief.
„Hallo! Wer ist
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