Faulspiel (German Edition)
noch Marcel Runge gesessen hatte.
„Aus den Abhör- und Überwachungsprotokollen von diesem Bako alias Igor ist Ihnen bekannt, dass wir womöglich einen Informanten in unseren Reihen haben.“
Lahme verzog keine Mine. Er wirkte gelassen und entspannt. Aber das war für Hans Wolf nichts Neues, er wusste zu gut, dass notorische Lügner meist ausgesprochen gute Schauspieler waren und sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen ließen. Immerhin waren sie es gewohnt, die Unwahrheit zu sagen; dies war fast schon ein Teil ihres Lebens geworden.
„Es sieht fast so aus, als hätten wir einen Verräter in unserer Mitte, obwohl ich mir schlecht vorstellen kann, dass das wirklich so ist. Die meisten meiner Kollegen kenne ich recht gut und auch schon lange. Eigentlich kann ich mir von keinem vorstellen, dass er ins andere Lager gewandert ist. Aber man weiß ja nie so recht. Man kann den Leuten halt nur vor den Kopf schauen.“
Lahme wirkte nach außen absolut gelassen, als er das sagte, und sein Vorgesetzter suchte vergeblich nach irgendeinem Anzeichen in seiner Mimik oder Gestik, das ihn verraten könnte.
„Da haben Sie natürlich Recht. Ist Ihnen vielleicht bei einem Ihrer Kollegen in den letzten Jahren etwas Außergewöhnliches aufgefallen? Hatte jemand gravierende private oder dienstliche Probleme? Gab es vielleicht finanzielle Schwierigkeiten oder Ähnliches?“
„Wenn ich ehrlich sein soll, dann fällt mir da im Moment nichts ein, ich habe aber auch kaum privaten Kontakt zu meinen Kollegen. Ich habe immer versucht, Dienst und Privatleben voneinander zu trennen. Ich wollte nie soweit gehen, dass ich mit den dienstlichen Problemen mein privates Leben beeinträchtige. Die meisten Kollegen nehmen ihren beruflichen Kram mit nach Hause und belasten damit ihreFamilie. Mein Vater hatte das sein ganzes Leben so gemacht, und ich habe mir vorgenommen, es niemals soweit kommen zu lassen. Ich habe gesehen, wie unser Familienleben darunter gelitten hat.“
„Manchmal ist es nicht so einfach, dienstliche und private Belange voneinander zu trennen. Mir gelingt das auch nicht immer. Aber die Ehe mit meiner Frau dauert jetzt schon über dreißig Jahre, und ich denke, daran hat sie sich mittlerweile gewöhnt.“
Der Kommissar versuchte, bei Lahme Vertrauen zu erwecken, indem er ihn an seinem Privatleben etwas teilhaben ließ. Eine Verhörstrategie, die er in der Vergangenheit schon sehr oft mit Erfolg angewendet hatte.
„Ich bin froh, dass ich nicht verheiratet bin, so bin ich außer mir auch niemandem Rechenschaft schuldig und kann eigentlich tun und lassen, was ich will. Außerdem könnte ich mir ein ganzes Leben mit nur einer einzigen Frau nicht wirklich vorstellen. Ich glaube, irgendwann würde mich das langweilen.“
Lahme wirkte jetzt etwas überheblich auf Wolf.
„Haben Sie denn auch keine feste Beziehung? Manchmal ist es doch gut, wenn man jemanden hat, der zu Hause wartet und mit dem man seine kleinen Problemchen des Alltags besprechen kann.“
Wolf versuchte, das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken und hoffte, dass Lahme darauf eingehen würde.
„Natürlich wäre das eine angenehme Situation, aber ich denke, man sollte im Leben manchmal Prioritäten setzen, und mein Lebensziel liegt nun mal nicht darin, eine Ehe zu führen. Ich habe bei meinen Eltern gesehen, wohin das führt. Erst haben sie sich jahrelang gestritten, weil mein Vater eher mit seiner Dienststelle verheiratet war als mit meiner Mutter. Irgendwann hatten sie sich dann gar nichts mehr zu sagen undschwiegen sich nur noch an. Ich habe mir damals vorgenommen, dass mein Leben etwas anders verlaufen sollte. Vielleicht habe ich die richtige Frau auch noch nicht gefunden.“
Lahme merkte nicht, worauf es sein Vorgesetzter abgesehen hatte, als er das Gespräch in diese Richtung lenkte. Einerseits fand Wolf es ungewöhnlich, dass ein Mann in Lahmes Alter keine feste Beziehung mit dem anderen Geschlecht eingehen wollte und andererseits wollte er herausfinden, was mit diesem Vorzeigepolizisten wirklich los war. Er hatte Lahmes Vertrauen geweckt und darin, dass er ihm tieferen Einblick in seine Motive gab, erkannte er, dass dieser auf die Strategie hereinfiel.
„Jetzt wollen wir mal unsere privaten Dinge etwas beiseite lassen; ich habe Sie ja nicht zu mir gerufen, um mich über ihr Privatleben zu unterhalten.“
Verschmitzt grinste der alte Wolf!
„Ich halte Sie für einen der Fähigsten in unserer Abteilung und möchte Ihnen daher eine
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