Faulspiel (German Edition)
recherchiert hatte, war das auch nicht unbedingt abwegig.
„Du weißt doch, dass ich alle Spiele, vor allen Dingen bei großen Turnieren mit Argusaugen beobachte, und ganz so abwegig wäre das auch nicht.“
„Nun wollen wir doch mal die Kirche im Dorf lassen. Wir haben gegen Kroatien verdient verloren. Fußball ist nun mal ein Laufspiel, und wenn man sich nicht genug bewegt und kämpft, dann kann man Spiele auch verlieren!“
Max war der Meinung, dass Runge hier etwas übertrieb und viel zu misstrauisch war.
„Gehen wir einmal davon aus, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.“
Runge sagte dies eigentlich nur, um das Thema zu wechseln. Denn so richtig überzeugt war er von dem, was Max sagte, nicht!
„Ich möchte in der nächsten Woche eine Kolumne über dich schreiben, in der ich gerne einen kompletten Lebenslauf mit allen deinen sportlichen Stationen, einigen Hintergründen über deine Kindheit, deine Familie und deinen schulischen Werdegang veröffentlichen möchte. Ich will dich fragen, ob du etwas dagegen hast.
Dem Leser soll damit aufgezeigt werden, dass man es mit Ehrlichkeit und einem einwandfreien Charakter in diesem Sport sehr weit bringen kann. Vorausgesetzt, man hat das nötige Talent. Ich würde dir den Artikel selbstverständlich zum Lesen geben, bevor er veröffentlicht wird.“
„Was sollte ich dagegen haben? Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn Sie vorher auch noch mit meinen Eltern darüber reden. Ich möchte sie bei dieser Entscheidung nicht übergehen!“
Runge nahm einen Block aus seinem Aktenkoffer und machte sich eifrig Notizen, während er Max verschiedene Fragen über seine Kindheit und seinen Werdegang stellte.
Sein Freund Jean Pierre stand etwas abseits und verfolgte scheinbar teilnahmslos das Geschehen in der Hotel-Lobby. Am anderen Ende der Bar saß ein Typ, der irgendwie nicht in diese Umgebung passte.
Jean Pierre fiel auf, dass dieser Kerl wie zufällig den jungen Fußballer und den Journalisten beobachtete. Aber aus seiner Sicht verhielt er sich so unauffällig, dass es schon auffällig war.
Der Mann trug einen braunen Anzug, wirkte sehr gepflegt und weltmännisch. Er sah aus wie ein erfolgreicher Geschäftsmann. Doch irgendetwas störte Jean Pierre an ihm gewaltig. Es waren seine Augen. Sie waren kalt und ausdruckslos. So, als wären sie abgestumpft durch Dinge, die sie schon gesehen hatten, und zu keinem emotionalen Ausdruck mehr fähig.
Er kannte diese Art von Augen zu gut. Schon oft hatte er sie in seiner Zeit als Ausbilder bei der Legion gesehen. Es waren die Augen eines Scharfschützen, eines professionellen Killers, die Augen eines Meuchelmörders, der ohne Gefühlsregung und Skrupel aus der Entfernung Menschen tötete.
Diese Männer versagten im direkten Zweikampf meistens immer, aber aus der Entfernung waren sie so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk und daher bei der ankämpfenden Truppe auch sehr gefürchtet. Sie töteten immer aus dem Hinterhalt – ohne irgendeine Gefühlsregung.
Dieser Kerl hatte auch Jean Pierre im Visier und wusste ziemlich sicher, welche Funktion Runges alter Freund hatte. Der ehemalige Söldner ließ ihn nicht aus den Augen. Er war sich gewiss, dass der Killer hier in dem Hotel nichts unternehmen würde. Der Mörder würde einen Moment abpassen, in dem er aus großer Distanz seine Aufgabe erfüllen konnte und der ihm gleichzeitig die Möglichkeit eröffnete, unbemerkt zu verschwinden.
Runge hatte sich jede Menge Notizen gemacht und wünschte Max noch alles Gute und viel Erfolg für das nächste Spiel gegen Österreich. Er stand auf und rief Jean Pierre zu sich. Auch dieser verabschiedete sich von dem jungen Spieler, wobei er ständig den Mann an der Bar im Auge behielt und seinen Freund, ohne dass dieser es bemerkte, mit seinem Körper deckte. Unverhohlen suchte er den direkten Blickkontakt zu dem Mann am anderen Ende des Raumes undgab ihm damit zu verstehen, dass er ihn entdeckt und entlarvt hatte. Der Kerl wich seinem Blick nicht aus, sondern erwiderte ihn aus seinen kalten Augen, so, als wolle er sagen: „Ich werde meinen Auftrag erledigen, egal, ob du ihn beschützt oder nicht!“
Beide verließen das Hotel und machten sich auf den Weg nach Cluny. Bis zum Spiel gegen die Österreicher hatten sie noch drei Tage Zeit, und Jean Pierre wollte zusammen mit Runge noch einmal nach dem Rechten sehen. Als sie die Passage zum Genfer See entlangfuhren, beobachtete Jean Pierre ständig den Verkehr hinter ihnen. Aber ihm fiel
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