Faulspiel (German Edition)
in einer Mannschaft freigesetzt werden, wenn sie vor den eigenen Fans spielte.
Max hatte sich eigentlich nichts vorzuwerfen.
Er hatte bislang alle drei Tore seiner Elf bei der Europameisterschaft erzielt und sehr gut gespielt. Aber Fußball ist nun mal ein Mannschaftssport, und da geht die Leistung des einzelnen manchmal unter.
Vor dem ersten Spiel gegen Polen hatte er ein langes Gespräch mit Steffen geführt und danach den Eindruck, dass sein Mitspieler wieder auf den richtigen Weg zurück finden würde.
Nachdem Max ihm zu verstehen gegeben hatte, dass er mit dem Trainer über ihn reden würde, hatte Steffen ihm sein Ehrenwort versprochen, dass er sich zumindest während der Europameisterschaft zu einhundert Prozent in den Dienst der Mannschaft stellen würde.
Vor jedem Spiel hatte Max versucht, sich voll auf das Geschehen zu konzentrieren und den Gedanken daran, dass eventuell irgendetwas getürkt oder abgesprochen sei, zu verdrängen.
Bisher hatte er auch nicht den Eindruck, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen könnte, außer dass das Spiel der Mannschaft irgendwie gehemmt wirkte. Man hatte das Gefühl, dass sich einige Spieler über die Zeit quälten und nicht ihre volle Leistung abrufen konnten.
Marcel Runge kam zu ihrer Verabredung dieses Mal nicht alleine, er war in Begleitung eines anderen Mannes, den Max vorher noch nie gesehen hatte.
Dieser Kerl wirkte etwas Respekt einflößend auf ihn. Er hatte eine gedrungene und kräftige Figur mit breiten Schultern.
Max schätzte sein Alter auf etwa 50 bis 60 Jahre. Seine riesigen Hände erinnerten ihn ein wenig an Bratpfannen. In seinem Gesicht spiegelten sich alle Facetten eines ereignisreichen Lebens wider.
Max hatte das Gefühl, dass jede kleine Falte und Narbe, von denen der Mann etliche im Gesicht trug, eine eigene Geschichte erzählen könnte.
Seine Haut war vom Wetter gegerbt, und auf seinem Kopf trug er eine schwarze Baskenmütze. Aber, was ihn etwas besänftigte, waren die Augen des Mannes, die tiefbraun waren, und eine eigenartige Ruhe und Intelligenz ausstrahlten.
„Guten Tag, kleiner Kaiser“, begrüßte ihn Runge überschwänglich „ darf ich dir meinen alten Freund Jean Pierre vorstellen?“
Jean Pierre streckte Max seine Hand entgegen, und als er sie ergriff, hatte der junge Mann das Gefühl, man würde sie in einen Schraubstock spannen.
„Jean Pierre ist einer meiner ältesten Freunde und er begleitet mich für ein paar Tage bei meiner Arbeit. Wir haben eure ersten beiden Spiele im Stadion verfolgt. Da hast du ja bisher für ziemlich viel Furore gesorgt.“
Max antwortete wie immer bescheiden: „Ich habe nur das getan, was Sie mir empfohlen haben, ich habe Fußball gespielt, sonst nichts.“
„Na, das ist dir ja recht gut gelungen. Immerhin hast du bisher alle drei Tore geschossen. Ich denke, dass jedes dieser Tore deinen aktuellen Marktwert um mindestens dreißig Prozent erhöht hat. Eigentlich müssten dir langsam die ersten Angebote europäischer Spitzenvereine vorliegen.“
„Mein Management hat mich deshalb schon angerufen; es gab einige Anfragen, vor allem nachdem Sie in Ihrem letzten Artikel geschrieben hatten, dass ich eine Ausstiegsklausel in meinem aktuellen Vertrag habe.“
„Ich hoffe, du bist mir nicht böse deswegen, ich wollte damit nur das Interesse anderer Clubs wecken und dir gegebenenfalls einen Wechsel erleichtern.“
„Das ist Ihnen ohne Zweifel gelungen. Aber ich werde mich damit erst nach der Euro befassen. Mal schauen, wie weit wir kommen. Unser Ziel ist immer noch das Finale!“
Runge nickte wissend.
„Das sollte es auch sein. Die Niederlage gegen Kroatien sehe ich gar nicht so dramatisch. Ein Schelm wäre, wer dahinter eine Absicht vermutet!“
„Ich glaube, da kann ich Ihnen nicht ganz folgen, wie meinen Sie das denn?“ Max sah Runge etwas erstaunt und fragend an.
„Wenn ihr die Österreicher im letzten Spiel weghaut, dann geht ihr bis zum Finale zumindest den Holländern und den Spaniern aus dem Weg. Diese beiden Mannschaften haben immerhin bisher den schönsten und attraktivsten Fußball gespielt.“
„Na ja, wenn wir die Österreicher schlagen, dann werden wir womöglich in der nächsten Runde auf Portugal treffen. Und die spielen auch nicht gerade schlecht, oder?“
Runge runzelte die Stirn, er wollte auch niemandem etwas unterstellen, aber die Möglichkeit, dass die Geschichte abgesprochen war, bestand immerhin. Und nach allem, was er so in den letzten Jahrzehnten
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