Faust: Der Tragödie erster Teil
Gewerb, mein Weib so zu verlassen!
Ach, die Erinnrung tötet mich
Vergäb sie mir nur noch in diesem Leben!"
MARTHE (weinend):
Der gute Mann! ich hab ihm längst vergeben.
MEPHISTOPHELES:
"Allein, weiß Gott! sie war mehr schuld als ich."
MARTHE:
Das lügt er! Was! am Rand des Grabs zu lügen!
MEPHISTOPHELES:
Er fabelte gewiß in letzten Zügen,
Wenn ich nur halb ein Kenner bin.
"Ich hatte", sprach er, "nicht zum Zeitvertreib zu gaffen
Erst Kinder, und dann Brot für sie zu schaffen,
Und Brot im allerweitsten Sinn,
Und konnte nicht einmal mein Teil in Frieden essen."
MARTHE:
Hat er so aller Treu, so aller Lieb vergessen,
Der Plackerei bei Tag und Nacht!
MEPHISTOPHELES:
Nicht doch, er hat Euch herzlich dran gedacht.
Er sprach: "Als ich nun weg von Malta ging
Da betet ich für Frau und Kinder brünstig;
Uns war denn auch der Himmel günstig,
Daß unser Schiff ein türkisch Fahrzeug fing,
Das einen Schatz des großen Sultans führte.
Da ward der Tapferkeit ihr Lohn,
Und ich empfing denn auch, wie sich's gebührte,
Mein wohlgemeßnes Teil davon."
MARTHE:
Ei wie? Ei wo? Hat er's vielleicht vergraben?
MEPHISTOPHELES:
Wer weiß, wo nun es die vier Winde haben.
Ein schönes Fräulein nahm sich seiner an,
Als er in Napel fremd umherspazierte;
Sie hat an ihm viel Liebs und Treus getan,
Daß er's bis an sein selig Ende spürte.
MARTHE:
Der Schelm! der Dieb an seinen Kindern!
Auch alles Elend, alle Not
Konnt nicht sein schändlich Leben hindern!
MEPHISTOPHELES:
Ja seht! dafür ist er nun tot.
Wär ich nun jetzt an Eurem Platze,
Betraurt ich ihn ein züchtig Jahr,
Visierte dann unterweil nach einem neuen Schatze.
MARTHE:
Ach Gott! wie doch mein erster war,
Find ich nicht leicht auf dieser Welt den andern!
Es konnte kaum ein herziger Närrchen sein.
Er liebte nur das allzuviele Wandern
Und fremde Weiber und fremden Wein
Und das verfluchte Würfelspiel.
MEPHISTOPHELES:
Nun, nun, so konnt es gehn und stehen,
Wenn er Euch ungefähr so viel
Von seiner Seite nachgesehen.
Ich schwör Euch zu, mit dem Beding
Wechselt ich selbst mit Euch den Ring!
MARTHE:
O es beliebt dem Herrn zu scherzen!
MEPHISTOPHELES (für sich):
Nun mach ich mich beizeiten fort!
Die hielte wohl den Teufel selbst beim Wort.
(Zu Gretchen.)
Wie steht es denn mit Ihrem Herzen?
MARGARETE:
Was meint der Herr damit?
MEPHISTOPHELES (für sich):
Du guts, unschuldigs Kind! (Laut.) Lebt wohl, ihr Fraun!
MARGARETE:
Lebt wohl!
MARTHE:
O sagt mir doch geschwind! Ich möchte gern ein Zeugnis haben,
Wo, wie und wann mein Schatz gestorben und begraben.
Ich bin von je der Ordnung Freund gewesen,
Möcht, ihn auch tot im Wochenblättchen lesen.
MEPHISTOPHELES:
Ja, gute Frau, durch zweier Zeugen Mund
Wird allerwegs die Wahrheit kund;
Habe noch gar einen feinen Gesellen,
Den will ich Euch vor den Richter stellen.
Ich bring ihn her.
MARTHE:
O tut das ja!
MEPHISTOPHELES:
Und hier die Jungfrau ist auch da?
Ein braver Knab! ist viel gereist,
Fräuleins alle Höflichkeit erweist.
MARGARETE:
Müßte vor dem Herren schamrot werden.
MEPHISTOPHELES:
Vor keinem Könige der Erden.
MARTHE:
Da hinterm Haus in meinem Garten
Wollen wir der Herren heut abend warten.
Straße (II)
Faust. Mephistopheles.
FAUST:
Wie ist's? Will's fördern? Will's bald gehn?
MEPHISTOPHELES:
Ah bravo! Find ich Euch in Feuer?
In kurzer Zeit ist Gretchen Euer.
Heut abend sollt Ihr sie bei Nachbar' Marthen sehn:
Das ist ein Weib wie auserlesen
Zum Kuppler- und Zigeunerwesen!
FAUST:
So recht!
MEPHISTOPHELES:
Doch wird auch was von uns begehrt.
FAUST:
Ein Dienst ist wohl des andern wert.
MEPHISTOPHELES:
Wir legen nur ein gültig Zeugnis nieder,
Daß ihres Ehherrn ausgereckte Glieder
In Padua an heil'ger Stätte ruhn.
FAUST:
Sehr klug! Wir werden erst die Reise machen müssen!
MEPHISTOPHELES:
Sancta Simplicitas! darum ist's nicht zu tun;
Bezeugt nur, ohne viel zu wissen.
FAUST:
Wenn Er nichts Bessers hat, so ist der Plan zerrissen.
MEPHISTOPHELES:
O heil'ger Mann! Da wärt Ihr's nun!
Ist es das erstemal in eurem
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