Faust: Der Tragödie zweiter Teil
zugute,
Doch, irr' ich nicht, hier ist dir schlecht zumute.
MEPHISTOPHELES:
Du bist recht appetitlich oben anzuschauen,
Doch unten hin die Bestie macht mir Grauen.
SPINX:
Du Falscher kommst zu deiner bittern Buße,
Denn unsre Tatzen sind gesund;
Dir mit verschrumpftem Pferdefuße
Behagt es nicht in unserem Bund.
MEPHISTOPHELES:
Wer sind die Vögel, in den ästen
Des Pappelstromes hingewiegt?
SPINX:
Gewahrt euch nur! Die Allerbesten
Hat solch ein Singsang schon besiegt.
SIRENEN:
Ach was wollt ihr euch verwöhnen
In dem Häßlich-Wunderbaren!
Horcht, wir kommen hier zu Scharen
Und in wohlgestimmten Tönen;
So geziemet es Sirenen.
SPINXE:
Nötigt sie, herabzusteigen!
Sie verbergen in den Zweigen
Ihre garstigen Habichtskrallen,
Euch verderblich anzufallen,
Wenn ihr euer Ohr verleiht.
SIRENEN:
Weg das Hassen! weg das Neiden!
Sammeln wir die klarsten Freuden,
Unterm Himmel ausgestreut!
Auf dem Wasser, auf der Erde
Sei's die heiterste Gebärde,
Die man dem Willkommnen beut.
MEPHISTOPHELES:
Das sind die saubern Neuigkeiten,
Wo aus der Kehle, von den Saiten
Ein Ton sich um den andern flicht.
Das Trallern ist bei mir verloren:
Es krabbelt wohl mir um die Ohren,
Allein zum Herzen dringt es nicht.
SPINXE:
Sprich nicht vom Herzen! das ist eitel;
Ein lederner verschrumpfter Beutel,
Das paßt dir eher zu Gesicht.
FAUST:
Wie wunderbar! das Anschaun tut mir Gnüge,
Im Widerwärtigen große, tüchtige Züge.
Ich ahne schon ein günstiges Geschick;
Wohin versetzt mich dieser ernste Blick?
Vor solchen hat einst ödipus gestanden;
Vor solchen krümmte sich Ulyß in hänfnen Banden;
Von solchen ward der höchste Schatz gespart,
Von diesen treu und ohne Fehl bewahrt.
Vom frischen Geiste fühl' ich mich durchdrungen;
Gestalten groß, groß die Erinnerungen.
MEPHISTOPHELES:
Sonst hättest du dergleichen weggeflucht,
Doch jetzo scheint es dir zu frommen;
Denn wo man die Geliebte sucht,
Sind Ungeheuer selbst willkommen.
FAUST:
Ihr Frauenbilder müßt mir Rede stehn:
Hat eins der Euren Helena gesehn?
SPHINXE:
Wir reichen nicht hinauf zu ihren Tagen,
Die letztesten hat Herkules erschlagen.
Von Chiron könntest du's erfragen;
Der sprengt herum in dieser Geisternacht;
Wenn er dir steht, so hast du's weit gebracht.
SIRENEN:
Sollte dir's doch auch nicht fehlen!…
Wie Ulyß bei uns verweilte,
Schmähend nicht vorübereilte,
Wußt' er vieles zu erzählen;
Würden alles dir vertrauen,
Wolltest du zu unsern Gauen
Dich ans grüne Meer verfügen.
SPHINX:
Laß dich, Elder, nicht betrügen.
Statt daß Ulyß sich binden ließ,
Laß unsern guten Rat dich binden;
Kannst du den hohen Chiron finden,
Erfährst du, was ich dir verhieß.
MEPHISTOPHELES:
Was krächzt vorbei mit Flügelschlag?
So schnell, daß man's nicht sehen mag,
Und immer eins dem andern nach,
Den Jäger würden sie ermüden.
SPHINX:
Dem Sturm des Winterwinds vergleichbar,
Alcides' Pfeilen kaum erreichbar;
Es sind die raschen Stymphaliden,
Und wohlgemeint ihr Krächzegruß,
Mit Geierschnabel und Gänsefuß.
Sie möchten gern in unsern Kreisen
Als Stammverwandte sich erweisen.
MEPHISTOPHELES:
Noch andres Zeug zischt zwischen drein.
SPHINX:
Vor diesen sei Euch ja nicht bange!
Es sind die Köpfe der lernäischen Schlange,
Vom Rumpf getrennt, und glauben was zu sein.
Doch sagt, was soll nur aus Euch werden?
Was für unruhige Gebärden?
Wo wollt Ihr hin? Begebt Euch fort!…
Ich sehe, jener Chorus dort
Macht Euch zum Wendehals. Bezwingt Euch nicht,
Geht hin! begrüßt manch reizendes Gesicht!
Die Lamien sind's, lustfeine Dirnen,
Mit Lächelmund und frechen Stirnen,
Wie sie dem Satyrvolk behagen;
Ein Bocksfuß darf dort alles wagen.
MEPHISTOPHELES:
Ihr bleibt doch hier? daß ich euch wiederfinde.
SPHINXE:
Ja! Mische dich zum luftigen Gesinde.
Wir, von ägypten her, sind längst gewohnt,
Daß unsereins in tausend Jahre thront.
Und respektiert nur unsre Lage,
So regeln wir die Mond- und Sonnentage.
Sitzen vor den Pyramiden,
Zu der Völker Hochgericht;
überschwemmung, Krieg und Frieden—
Und
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