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Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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hinweggerafft.
  Glaubst du wohl mich im Gedränge?
  Deinem Arm vertraust du viel!
  Halte fest, und ich versenge
  Dich, den Toren, mir zum Spiel.
  Folge mir in leichte Lüfte,
  Folge mir in starre Grüfte,
  Hasche das verschwundne Ziel!
      EUPHORION:
  Felsengedränge hier
  Zwischen dem Waldgebüsch,
  Was soll die Enge mir,
  Bin ich doch jung und frisch.
  Winde, sie sausen ja,
  Wellen, sie brausen da;
  Hör' ich doch beides fern,
  Nah wär' ich gern.
      HELENA, FAUST UND CHOR:
  Wolltest du den Gemsen gleichen?
  Vor dem Falle muß uns graun.
      EUPHORION:
  Immer höher muß ich steigen,
  Immer weiter muß ich schaun.
  Weiß ich nun, wo ich bin!
  Mitten der Insel drin,
  Mitten in Pelops' Land,
  Erde—wie seeverwandt.
      CHOR:
  Magst nicht in Berg und Wald
  Friedlich verweilen?
  Suchen wir alsobald
  Reben in Zeilen,
  Reben am Hügelrand,
  Feigen und Apfelgold.
  Ach in dem holden Land
  Bleibe du hold!
      EUPHORION:
  Träumt ihr den Friedenstag?
  Träume, wer träumen mag.
  Krieg! ist das Losungswort.
  Sieg! und so klingt es fort.
      CHOR:
  Wer im Frieden
  Wünschet sich Krieg zurück,
  Der ist geschieden
  Vom Hoffnungsglück.
      EUPHORION:
  Welche dies Land gebar
  Aus Gefahr in Gefahr,
  Frei, unbegrenzten Muts,
  Verschwendrisch eignen Bluts,
  Den nicht zu dämpfenden
  Heiligen Sinn—
  Alle den Kämpfenden
  Bring' es Gewinn!
      CHOR:
  Seht hinauf, wie hoch gestiegen!
  Und er scheint uns doch nicht klein:
  Wie im Harnisch, wie zum Siegen,
  Wie von Erz und Stahl der Schein.
      EUPHORION:
  Keine Wälle, keine Mauern,
  Jeder nur sich selbst bewußt;
  Feste Burg, um auszudauern,
  Ist des Mannes ehrne Brust.
  Wollt ihr unerobert wohnen,
  Leicht bewaffnet rasch ins Feld;
  Frauen werden Amazonen
  Und ein jedes Kind ein Held.
      CHOR:
  Heilige Poesie,
  Himmelan steige sie!
  Glänze, der schönste Stern,
  Fern und so weiter fern!
  Und sie erreicht uns doch
  Immer, man hört sie noch,
  Vernimmt sie gern.
      EUPHORION:
  Nein, nicht ein Kind bin ich erschienen,
  In Waffen kommt der Jüngling an;
  Gesellt zu Starken, Freien, Kühnen,
  Hat er im Geiste schon getan.
  Nun fort!
  Nun dort
  Eröffnet sich zum Ruhm die Bahn.
      HELENA UND FAUST:
  Kaum ins Leben eingerufen,
  Heitrem Tag gegeben kaum,
  Sehnest du von Schwindelstufen
  Dich zu schmerzenvollem Raum.
  Sind denn wir
  Gar nichts dir?
  Ist der holde Bund ein Traum?
      EUPHORION:
  Und hört ihr donnern auf dem Meere?
  Dort widerdonnern Tal um Tal,
  In Staub und Wellen, Heer dem Heere,
  In Drang um Drang, zu Schmerz und Qual.
  Und der Tod
  Ist Gebot,
  Das versteht sich nun einmal.
      HELENA, FAUST UND CHOR:
  Welch Entsetzen! welches Grauen!
  Ist der Tod denn dir Gebot?
      EUPHORION:
  Sollt' ich aus der Ferne schauen?
  Nein! ich teile Sorg' und Not.
      DIE VORIGEN:
  Übermut und Gefahr,
  Tödliches Los!
      EUPHORION:
  Doch!—und ein Flügelpaar
  Faltet sich los!
  Dorthin! Ich muß! ich muß!
  Gönnt mir den Flug!
      CHOR:
  Ikarus! Ikarus!
  Jammer genug.
      HELENA UND FAUST:
  Der Freude folgt sogleich
  Grimmige Pein.
      EUPHORIONS STIMME:
  Laß mich im düstern Reich,
  Mutter, mich nicht allein!
      CHOR:
  Nicht allein!—wo du auch weilest,
  Denn wir glauben dich zu kennen;
  Ach! wenn du dem Tag enteilest,
  Wird kein Herz von dir sich trennen.
  Wüßten wir doch kaum zu klagen,
  Neidend singen wir dein Los:
  Dir in klar- und trüben Tagen
  Lied und Mut war schön und groß.
  Ach! zum Erdenglück geboren,
  Hoher Ahnen, großer Kraft,
  Leider früh dir selbst verloren,
  Jugendblüte weggerafft!
  Scharfer Blick, die Welt zu schauen,
  Mitsinn jedem Herzensdrang,
  Liebesglut der besten Frauen
  Und ein eigenster Gesang.
  Doch du ranntest unaufhaltsam
  Frei ins willenlose Netz,
  So entzweitest du gewaltsam
  dich mit Sitte, mit Gesetz;
  Doch zuletzt das höchste Sinnen
  Gab dem reinen Mut Gewicht,
  Wolltest Herrliches gewinnen,
  Aber es gelang dir nicht.
  Wem gelingt es?—Trübe Frage,
  Der das Schicksal sich vermummt,
  Wenn am unglückseligsten Tage
  Blutend alles Volk verstummt.
  Doch erfrischet neue Lieder,
  Steht nicht länger tief gebeugt:
  Denn der

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